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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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der obersten Etage her die Waldlandschaft, die sich auch
in ihrem Schneeschmuck wundervoll ausnahm, gebührend
bewundert und dann den Abstieg glücklich bewerkstelligt
hatte, passierte man den Schloßhof mit der Glaskugel,
um über den Dorfplatz fort in die nach dem See hin¬
unterführende große Straße einzubiegen. Auf dem Dorf¬
platze war alles winterlich still, nur vor dem Kruge standen
drei Menschen: Engelke, der die Schneeschipper voraus¬
geschickt hatte, mit seinen Plaids über den Arm, neben
ihm Schulze Kluckhuhn und neben diesem Gendarm Uncke,
das Karabinergewehr über die Schulter gehängt.

"Da treffen wir ja die ganze hohe Obrigkeit," sagte
Dubslav. "Engelke kann ich auch mitrechnen, der regiert
mich, is also eigentlich die Feudalitätsspitze."

Während dieser Worte waren die Herrschaften an die
Gruppe herangetreten.

"Freut mich, daß ich Sie treffe, Kluckhuhn. Ich
denke Sie begleiten uns ... Frau Gräfin, darf ich Ihnen
hier unsern Dorfherrscher vorstellen? Schulze Kluckhuhn,
alter Vierundsechziger."

Und nun ordnete sich der Zug. Dubslav und Uncke
schlossen ab, Woldemar, Armgard und Tante Adelheid
hielten die Mitte; Melusine schritt voran, Rolf Krake
neben ihr.

"Ich bin froh," sagte Melusine, "Sie bei dieser
Partie mit dabei zu sehn. Der alte Herr von Stechlin
hat mir schon von Ihnen erzählt und daß Sie vierund¬
sechzig mit dabei gewesen. Und ich weiß auch Ihren
Namen; das heißt den zweiten. Und ich darf sagen,
ich freue mich immer, wenn ich so was Hübsches
höre."

"Ach, Rolf Krake," lachte Kluckhuhn. "Ja, Frau
Gräfin, wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht
sorgen. Das heißt, von ,Schaden' darf ich eigentlich nicht
reden, den hab' ich nicht so recht davon gehabt; ich bin

der oberſten Etage her die Waldlandſchaft, die ſich auch
in ihrem Schneeſchmuck wundervoll ausnahm, gebührend
bewundert und dann den Abſtieg glücklich bewerkſtelligt
hatte, paſſierte man den Schloßhof mit der Glaskugel,
um über den Dorfplatz fort in die nach dem See hin¬
unterführende große Straße einzubiegen. Auf dem Dorf¬
platze war alles winterlich ſtill, nur vor dem Kruge ſtanden
drei Menſchen: Engelke, der die Schneeſchipper voraus¬
geſchickt hatte, mit ſeinen Plaids über den Arm, neben
ihm Schulze Kluckhuhn und neben dieſem Gendarm Uncke,
das Karabinergewehr über die Schulter gehängt.

„Da treffen wir ja die ganze hohe Obrigkeit,“ ſagte
Dubslav. „Engelke kann ich auch mitrechnen, der regiert
mich, is alſo eigentlich die Feudalitätsſpitze.“

Während dieſer Worte waren die Herrſchaften an die
Gruppe herangetreten.

„Freut mich, daß ich Sie treffe, Kluckhuhn. Ich
denke Sie begleiten uns ... Frau Gräfin, darf ich Ihnen
hier unſern Dorfherrſcher vorſtellen? Schulze Kluckhuhn,
alter Vierundſechziger.“

Und nun ordnete ſich der Zug. Dubslav und Uncke
ſchloſſen ab, Woldemar, Armgard und Tante Adelheid
hielten die Mitte; Meluſine ſchritt voran, Rolf Krake
neben ihr.

„Ich bin froh,“ ſagte Meluſine, „Sie bei dieſer
Partie mit dabei zu ſehn. Der alte Herr von Stechlin
hat mir ſchon von Ihnen erzählt und daß Sie vierund¬
ſechzig mit dabei geweſen. Und ich weiß auch Ihren
Namen; das heißt den zweiten. Und ich darf ſagen,
ich freue mich immer, wenn ich ſo was Hübſches
höre.“

„Ach, Rolf Krake,“ lachte Kluckhuhn. „Ja, Frau
Gräfin, wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht
ſorgen. Das heißt, von ‚Schaden‘ darf ich eigentlich nicht
reden, den hab' ich nicht ſo recht davon gehabt; ich bin

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[344/0351] der oberſten Etage her die Waldlandſchaft, die ſich auch in ihrem Schneeſchmuck wundervoll ausnahm, gebührend bewundert und dann den Abſtieg glücklich bewerkſtelligt hatte, paſſierte man den Schloßhof mit der Glaskugel, um über den Dorfplatz fort in die nach dem See hin¬ unterführende große Straße einzubiegen. Auf dem Dorf¬ platze war alles winterlich ſtill, nur vor dem Kruge ſtanden drei Menſchen: Engelke, der die Schneeſchipper voraus¬ geſchickt hatte, mit ſeinen Plaids über den Arm, neben ihm Schulze Kluckhuhn und neben dieſem Gendarm Uncke, das Karabinergewehr über die Schulter gehängt. „Da treffen wir ja die ganze hohe Obrigkeit,“ ſagte Dubslav. „Engelke kann ich auch mitrechnen, der regiert mich, is alſo eigentlich die Feudalitätsſpitze.“ Während dieſer Worte waren die Herrſchaften an die Gruppe herangetreten. „Freut mich, daß ich Sie treffe, Kluckhuhn. Ich denke Sie begleiten uns ... Frau Gräfin, darf ich Ihnen hier unſern Dorfherrſcher vorſtellen? Schulze Kluckhuhn, alter Vierundſechziger.“ Und nun ordnete ſich der Zug. Dubslav und Uncke ſchloſſen ab, Woldemar, Armgard und Tante Adelheid hielten die Mitte; Meluſine ſchritt voran, Rolf Krake neben ihr. „Ich bin froh,“ ſagte Meluſine, „Sie bei dieſer Partie mit dabei zu ſehn. Der alte Herr von Stechlin hat mir ſchon von Ihnen erzählt und daß Sie vierund¬ ſechzig mit dabei geweſen. Und ich weiß auch Ihren Namen; das heißt den zweiten. Und ich darf ſagen, ich freue mich immer, wenn ich ſo was Hübſches höre.“ „Ach, Rolf Krake,“ lachte Kluckhuhn. „Ja, Frau Gräfin, wer den Schaden hat, darf für den Spott nicht ſorgen. Das heißt, von ‚Schaden‘ darf ich eigentlich nicht reden, den hab' ich nicht ſo recht davon gehabt; ich bin

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/351>, abgerufen am 22.11.2024.