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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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sine gepaßt hätte. Die Blicke seiner Schwester aber, die
zu fragen schienen "hast du gehört?" ließen ihn wieder
davon abstehn, und nachdem noch einiges über den großen
Oberflur und seine Bilder und Schränke gesprochen worden
war, wurde, genau wie vor einem Vierteljahr, wo Rex
und Czako zu Besuch da waren, ein Programm verab¬
redet, das dem damaligen sehr ähnlich sah: Aussichts¬
turm, See, Globsow; dann auf dem Rückwege die Kirche,
vielleicht auch Krippenstapel. Und zuletzt das "Museum."
Aber manches davon war unsicher und hing vom Wetter
ab. Nur den See wollte man unter allen Umständen
sehn. Engelke wurde beauftragt, mit Plaids und Decken
vorauszugehn und ein paar Leute zum Wegschaufeln des
Schnees mitzunehmen, lediglich für den Fall, daß die
Damen vielleicht Lust bezeigen sollten, die Sprudel- und
Trichterstelle genauer zu studieren. "Und wenn wir auf
unserm Hofe keine Leute haben, so geh' ins Schulzenamt
und bitte Rolf Krake, daß er aushilft."

Melusine, die dieser Befehlserteilung zugehört hatte,
war überrascht, in einem märkischen Dorfe dem Namen
"Rolf Krake" zu begegnen, und erfuhr denn auch alsbald
den Zusammenhang der Dinge. Sie war ganz enchan¬
tiert davon und sagte: "Das ist hübsch. Aller aufge¬
steifter Patriotismus ist mir ein Greuel, aber wenn er
diese Formen annimmt und sich in Humor und selbst in
Ironie kleidet, dann ist er das beste was man haben
kann. Ein Mann, der solchen Beinamen hat, der lebt,
der ist in sich eine Geschichte." Dubslav küßte ihr die
Hand, Adelheid aber wandte sich demonstrativ ab; sie
wollte nicht Zeuge dieser ewigen Huldigungen sein. "Wenn
man ein alter Major ist, ist man eben ein alter Major
und nicht ein junger Leutnant. Dubslav ist zwanzig,
aber zwanzig Jahr a. D."

Es war gegen zehn, als man aufbrach, um zunächst
auf den Aussichtsturm zu steigen, und nachdem man von

ſine gepaßt hätte. Die Blicke ſeiner Schweſter aber, die
zu fragen ſchienen „haſt du gehört?“ ließen ihn wieder
davon abſtehn, und nachdem noch einiges über den großen
Oberflur und ſeine Bilder und Schränke geſprochen worden
war, wurde, genau wie vor einem Vierteljahr, wo Rex
und Czako zu Beſuch da waren, ein Programm verab¬
redet, das dem damaligen ſehr ähnlich ſah: Ausſichts¬
turm, See, Globſow; dann auf dem Rückwege die Kirche,
vielleicht auch Krippenſtapel. Und zuletzt das „Muſeum.“
Aber manches davon war unſicher und hing vom Wetter
ab. Nur den See wollte man unter allen Umſtänden
ſehn. Engelke wurde beauftragt, mit Plaids und Decken
vorauszugehn und ein paar Leute zum Wegſchaufeln des
Schnees mitzunehmen, lediglich für den Fall, daß die
Damen vielleicht Luſt bezeigen ſollten, die Sprudel- und
Trichterſtelle genauer zu ſtudieren. „Und wenn wir auf
unſerm Hofe keine Leute haben, ſo geh' ins Schulzenamt
und bitte Rolf Krake, daß er aushilft.“

Meluſine, die dieſer Befehlserteilung zugehört hatte,
war überraſcht, in einem märkiſchen Dorfe dem Namen
„Rolf Krake“ zu begegnen, und erfuhr denn auch alsbald
den Zuſammenhang der Dinge. Sie war ganz enchan¬
tiert davon und ſagte: „Das iſt hübſch. Aller aufge¬
ſteifter Patriotismus iſt mir ein Greuel, aber wenn er
dieſe Formen annimmt und ſich in Humor und ſelbſt in
Ironie kleidet, dann iſt er das beſte was man haben
kann. Ein Mann, der ſolchen Beinamen hat, der lebt,
der iſt in ſich eine Geſchichte.“ Dubslav küßte ihr die
Hand, Adelheid aber wandte ſich demonſtrativ ab; ſie
wollte nicht Zeuge dieſer ewigen Huldigungen ſein. „Wenn
man ein alter Major iſt, iſt man eben ein alter Major
und nicht ein junger Leutnant. Dubslav iſt zwanzig,
aber zwanzig Jahr a. D.“

Es war gegen zehn, als man aufbrach, um zunächſt
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[343/0350] ſine gepaßt hätte. Die Blicke ſeiner Schweſter aber, die zu fragen ſchienen „haſt du gehört?“ ließen ihn wieder davon abſtehn, und nachdem noch einiges über den großen Oberflur und ſeine Bilder und Schränke geſprochen worden war, wurde, genau wie vor einem Vierteljahr, wo Rex und Czako zu Beſuch da waren, ein Programm verab¬ redet, das dem damaligen ſehr ähnlich ſah: Ausſichts¬ turm, See, Globſow; dann auf dem Rückwege die Kirche, vielleicht auch Krippenſtapel. Und zuletzt das „Muſeum.“ Aber manches davon war unſicher und hing vom Wetter ab. Nur den See wollte man unter allen Umſtänden ſehn. Engelke wurde beauftragt, mit Plaids und Decken vorauszugehn und ein paar Leute zum Wegſchaufeln des Schnees mitzunehmen, lediglich für den Fall, daß die Damen vielleicht Luſt bezeigen ſollten, die Sprudel- und Trichterſtelle genauer zu ſtudieren. „Und wenn wir auf unſerm Hofe keine Leute haben, ſo geh' ins Schulzenamt und bitte Rolf Krake, daß er aushilft.“ Meluſine, die dieſer Befehlserteilung zugehört hatte, war überraſcht, in einem märkiſchen Dorfe dem Namen „Rolf Krake“ zu begegnen, und erfuhr denn auch alsbald den Zuſammenhang der Dinge. Sie war ganz enchan¬ tiert davon und ſagte: „Das iſt hübſch. Aller aufge¬ ſteifter Patriotismus iſt mir ein Greuel, aber wenn er dieſe Formen annimmt und ſich in Humor und ſelbſt in Ironie kleidet, dann iſt er das beſte was man haben kann. Ein Mann, der ſolchen Beinamen hat, der lebt, der iſt in ſich eine Geſchichte.“ Dubslav küßte ihr die Hand, Adelheid aber wandte ſich demonſtrativ ab; ſie wollte nicht Zeuge dieſer ewigen Huldigungen ſein. „Wenn man ein alter Major iſt, iſt man eben ein alter Major und nicht ein junger Leutnant. Dubslav iſt zwanzig, aber zwanzig Jahr a. D.“ Es war gegen zehn, als man aufbrach, um zunächſt auf den Ausſichtsturm zu ſteigen, und nachdem man von

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/350>, abgerufen am 22.11.2024.