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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Aber er schweigt doch immer noch besser, als die
Gundermannsche red't."

"Das is richtig. Also Lorenzen, und vielleicht, wenn
das Kind sich wieder erholt, auch Katzler. Ein Schelm
giebt mehr, als er hat. Und dann, Engelke, solche Damen,
die überall 'rum in der Welt waren, da weiß man nie,
wie der Hase läuft. Es ist möglich, daß sie sich für
Krippenstapel interessieren. Oder höre, da fällt mir noch
was ein. Was meinst du zu Koseleger?"

"Den hatten wir ja noch nie."

"Nein, aber Not lehrt beten. Ich mache mir eigent¬
lich nicht viel aus ihm, indessen is und bleibt er doch
immer ein Superintendent, und das klingt nach was.
Und dann war er ja mit 'ner russischen Großfürstin auf
Reisen, und solche Großfürstin is eigentlich noch mehr als
'ne Prinzessin. Also sprich mal mit Kluckhuhn, der soll
'nen Boten schicken. Ich schreibe gleich 'ne Karte."


Katzler sagte ab oder ließ es doch unbestimmt, ob er
kommen könne, Koseleger dagegen, was ein Glück war,
nahm an, und auch Schwester Adelheid antwortete durch
den Boten, den Dubslav geschickt hatte: "daß sie den
zweiten Feiertag in Stechlin eintreffen und so weit wie
dienlich und schicklich nach dem Rechten sehn würde." Adel¬
heid war in ihrer Art eine gute Wirtin und stammte
noch aus den alten Zeiten, wo die Damen bis zum
"Schlachten" und "Aal-abziehen" herunter alles lernten
und alles konnten. Also nach dieser Seite hin entschlug
sich Dubslav jeder Befürchtung. Aber wenn er sich dann
mit einem Male vergegenwärtigte, daß es seiner Schwester
vielleicht in den Sinn kommen könne, sich auf ihren Ur¬
adel oder auf die Vorzüge sechshundertjähriger märkischer
"Eingesessenheit" zu besinnen, so fiel alles, was er sich
in dem mit Engelke geführten Gespräch an Trost zuge¬

„Aber er ſchweigt doch immer noch beſſer, als die
Gundermannſche red't.“

„Das is richtig. Alſo Lorenzen, und vielleicht, wenn
das Kind ſich wieder erholt, auch Katzler. Ein Schelm
giebt mehr, als er hat. Und dann, Engelke, ſolche Damen,
die überall 'rum in der Welt waren, da weiß man nie,
wie der Haſe läuft. Es iſt möglich, daß ſie ſich für
Krippenſtapel intereſſieren. Oder höre, da fällt mir noch
was ein. Was meinſt du zu Koſeleger?“

„Den hatten wir ja noch nie.“

„Nein, aber Not lehrt beten. Ich mache mir eigent¬
lich nicht viel aus ihm, indeſſen is und bleibt er doch
immer ein Superintendent, und das klingt nach was.
Und dann war er ja mit 'ner ruſſiſchen Großfürſtin auf
Reiſen, und ſolche Großfürſtin is eigentlich noch mehr als
'ne Prinzeſſin. Alſo ſprich mal mit Kluckhuhn, der ſoll
'nen Boten ſchicken. Ich ſchreibe gleich 'ne Karte.“


Katzler ſagte ab oder ließ es doch unbeſtimmt, ob er
kommen könne, Koſeleger dagegen, was ein Glück war,
nahm an, und auch Schweſter Adelheid antwortete durch
den Boten, den Dubslav geſchickt hatte: „daß ſie den
zweiten Feiertag in Stechlin eintreffen und ſo weit wie
dienlich und ſchicklich nach dem Rechten ſehn würde.“ Adel¬
heid war in ihrer Art eine gute Wirtin und ſtammte
noch aus den alten Zeiten, wo die Damen bis zum
„Schlachten“ und „Aal-abziehen“ herunter alles lernten
und alles konnten. Alſo nach dieſer Seite hin entſchlug
ſich Dubslav jeder Befürchtung. Aber wenn er ſich dann
mit einem Male vergegenwärtigte, daß es ſeiner Schweſter
vielleicht in den Sinn kommen könne, ſich auf ihren Ur¬
adel oder auf die Vorzüge ſechshundertjähriger märkiſcher
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[329/0336] „Aber er ſchweigt doch immer noch beſſer, als die Gundermannſche red't.“ „Das is richtig. Alſo Lorenzen, und vielleicht, wenn das Kind ſich wieder erholt, auch Katzler. Ein Schelm giebt mehr, als er hat. Und dann, Engelke, ſolche Damen, die überall 'rum in der Welt waren, da weiß man nie, wie der Haſe läuft. Es iſt möglich, daß ſie ſich für Krippenſtapel intereſſieren. Oder höre, da fällt mir noch was ein. Was meinſt du zu Koſeleger?“ „Den hatten wir ja noch nie.“ „Nein, aber Not lehrt beten. Ich mache mir eigent¬ lich nicht viel aus ihm, indeſſen is und bleibt er doch immer ein Superintendent, und das klingt nach was. Und dann war er ja mit 'ner ruſſiſchen Großfürſtin auf Reiſen, und ſolche Großfürſtin is eigentlich noch mehr als 'ne Prinzeſſin. Alſo ſprich mal mit Kluckhuhn, der ſoll 'nen Boten ſchicken. Ich ſchreibe gleich 'ne Karte.“ Katzler ſagte ab oder ließ es doch unbeſtimmt, ob er kommen könne, Koſeleger dagegen, was ein Glück war, nahm an, und auch Schweſter Adelheid antwortete durch den Boten, den Dubslav geſchickt hatte: „daß ſie den zweiten Feiertag in Stechlin eintreffen und ſo weit wie dienlich und ſchicklich nach dem Rechten ſehn würde.“ Adel¬ heid war in ihrer Art eine gute Wirtin und ſtammte noch aus den alten Zeiten, wo die Damen bis zum „Schlachten“ und „Aal-abziehen“ herunter alles lernten und alles konnten. Alſo nach dieſer Seite hin entſchlug ſich Dubslav jeder Befürchtung. Aber wenn er ſich dann mit einem Male vergegenwärtigte, daß es ſeiner Schweſter vielleicht in den Sinn kommen könne, ſich auf ihren Ur¬ adel oder auf die Vorzüge ſechshundertjähriger märkiſcher „Eingeſeſſenheit“ zu beſinnen, ſo fiel alles, was er ſich in dem mit Engelke geführten Geſpräch an Troſt zuge¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/336>, abgerufen am 26.11.2024.