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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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muß -- und ohne Geld, meine Herren, geht es nicht"
(Zustimmung: "ohne Geld hört die Gemütlichkeit auf")
-- "nun denn, wenn es also sein muß, was ich zugebe,
was sollen wir, auch unter derlei gern gemachten Zu¬
geständnissen, anfangen mit einem Wahlrecht, wo Herr
von Stechlin gewählt werden soll, und wo sein Kutscher
Martin, der ihn zur Wahl gefahren, thatsächlich gewählt
wird oder wenigstens gewählt werden kann. Und der
Kutscher Martin unsers Herrn von Stechlin ist mir immer
noch lieber als dieser Torgelow. Und all das nennt
sich Freiheit. Ich nenn' es Unsinn und viele thun des¬
gleichen. Ich denke mir aber, gerade diese Wahl, in
einem Kreise, drin das alte Preußen noch lebt, gerade
diese Wahl wird dazu beitragen, die Augen oben helle
zu machen. Ich sage nicht, welche Augen."

"Schluß, Schluß!"

"Ich komme zum Schluß. Es hieß anno siebzig,
daß sich die Franzosen als die ,glorreich Besiegten' be¬
zeichnet hätten. Ein stolzes und nachahmenswertes
Wort. Auch für uns, meine Herren. Und wie wir,
ohne uns was zu vergeben, diesen Sekt aus Frankreich
nehmen, so dürfen wir, glaub' ich, auch das eben citierte
stolze Klagewort aus Frankreich herübernehmen. Wir
sind besiegt, aber wir sind glorreich Besiegte. Wir haben
eine Revanche. Die nehmen wir. Und bis dahin in
alle Wege: Herr von Stechlin auf Schloß Stechlin, er
lebe hoch!"

Alles erhob sich und stieß mit Dubslav an. Einige
freilich lachten, und von Molchow, als er einen neuen
Weinkübel heranbestellte, sagte zu dem neben ihm sitzenden
Katzler: "Weiß der Himmel, dieser Gundermann ist und
bleibt ein Esel. Was sollen wir mit solchen Leuten?
Erst beschreibt er uns die Frau mit 'nem Kropf, und
dann will er das große Haus abschaffen. Ungeheure
Dämelei. Wenn wir das große Haus nicht mehr haben,

muß — und ohne Geld, meine Herren, geht es nicht“
(Zuſtimmung: „ohne Geld hört die Gemütlichkeit auf“)
— „nun denn, wenn es alſo ſein muß, was ich zugebe,
was ſollen wir, auch unter derlei gern gemachten Zu¬
geſtändniſſen, anfangen mit einem Wahlrecht, wo Herr
von Stechlin gewählt werden ſoll, und wo ſein Kutſcher
Martin, der ihn zur Wahl gefahren, thatſächlich gewählt
wird oder wenigſtens gewählt werden kann. Und der
Kutſcher Martin unſers Herrn von Stechlin iſt mir immer
noch lieber als dieſer Torgelow. Und all das nennt
ſich Freiheit. Ich nenn' es Unſinn und viele thun des¬
gleichen. Ich denke mir aber, gerade dieſe Wahl, in
einem Kreiſe, drin das alte Preußen noch lebt, gerade
dieſe Wahl wird dazu beitragen, die Augen oben helle
zu machen. Ich ſage nicht, welche Augen.“

„Schluß, Schluß!“

„Ich komme zum Schluß. Es hieß anno ſiebzig,
daß ſich die Franzoſen als die ‚glorreich Beſiegten‘ be¬
zeichnet hätten. Ein ſtolzes und nachahmenswertes
Wort. Auch für uns, meine Herren. Und wie wir,
ohne uns was zu vergeben, dieſen Sekt aus Frankreich
nehmen, ſo dürfen wir, glaub' ich, auch das eben citierte
ſtolze Klagewort aus Frankreich herübernehmen. Wir
ſind beſiegt, aber wir ſind glorreich Beſiegte. Wir haben
eine Revanche. Die nehmen wir. Und bis dahin in
alle Wege: Herr von Stechlin auf Schloß Stechlin, er
lebe hoch!“

Alles erhob ſich und ſtieß mit Dubslav an. Einige
freilich lachten, und von Molchow, als er einen neuen
Weinkübel heranbeſtellte, ſagte zu dem neben ihm ſitzenden
Katzler: „Weiß der Himmel, dieſer Gundermann iſt und
bleibt ein Eſel. Was ſollen wir mit ſolchen Leuten?
Erſt beſchreibt er uns die Frau mit 'nem Kropf, und
dann will er das große Haus abſchaffen. Ungeheure
Dämelei. Wenn wir das große Haus nicht mehr haben,

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[251/0258] muß — und ohne Geld, meine Herren, geht es nicht“ (Zuſtimmung: „ohne Geld hört die Gemütlichkeit auf“) — „nun denn, wenn es alſo ſein muß, was ich zugebe, was ſollen wir, auch unter derlei gern gemachten Zu¬ geſtändniſſen, anfangen mit einem Wahlrecht, wo Herr von Stechlin gewählt werden ſoll, und wo ſein Kutſcher Martin, der ihn zur Wahl gefahren, thatſächlich gewählt wird oder wenigſtens gewählt werden kann. Und der Kutſcher Martin unſers Herrn von Stechlin iſt mir immer noch lieber als dieſer Torgelow. Und all das nennt ſich Freiheit. Ich nenn' es Unſinn und viele thun des¬ gleichen. Ich denke mir aber, gerade dieſe Wahl, in einem Kreiſe, drin das alte Preußen noch lebt, gerade dieſe Wahl wird dazu beitragen, die Augen oben helle zu machen. Ich ſage nicht, welche Augen.“ „Schluß, Schluß!“ „Ich komme zum Schluß. Es hieß anno ſiebzig, daß ſich die Franzoſen als die ‚glorreich Beſiegten‘ be¬ zeichnet hätten. Ein ſtolzes und nachahmenswertes Wort. Auch für uns, meine Herren. Und wie wir, ohne uns was zu vergeben, dieſen Sekt aus Frankreich nehmen, ſo dürfen wir, glaub' ich, auch das eben citierte ſtolze Klagewort aus Frankreich herübernehmen. Wir ſind beſiegt, aber wir ſind glorreich Beſiegte. Wir haben eine Revanche. Die nehmen wir. Und bis dahin in alle Wege: Herr von Stechlin auf Schloß Stechlin, er lebe hoch!“ Alles erhob ſich und ſtieß mit Dubslav an. Einige freilich lachten, und von Molchow, als er einen neuen Weinkübel heranbeſtellte, ſagte zu dem neben ihm ſitzenden Katzler: „Weiß der Himmel, dieſer Gundermann iſt und bleibt ein Eſel. Was ſollen wir mit ſolchen Leuten? Erſt beſchreibt er uns die Frau mit 'nem Kropf, und dann will er das große Haus abſchaffen. Ungeheure Dämelei. Wenn wir das große Haus nicht mehr haben,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/258>, abgerufen am 22.11.2024.