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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Zutritt zu der Hinrichtung, und um mich 'rum standen
lauter Assessoren und Referendare, ganz junge Herren,
die meisten mit 'nem Kneifer. Kneifer gab es damals
auch schon. Und nun kam die Witwe, wenn man sie
so nennen darf, und sah so weit ganz behäbig und
beinahe füllig aus, weil sie, was damals viel besprochen
wurde, 'nen Kropf hatte, weshalb auch der Block ganz
besonders hatte hergerichtet werden müssen. Sozusagen
mit 'nem Ausschnitt."

"Mit 'nem Ausschnitt ...; gut, Gundermann."

"Und als sie nun, ich meine die Delinquentin,
all die jungen Referendare sah, wobei ihr wohl ihr
Lehrling einfallen mochte ..."

"Keine Verspottung unsrer Referendare ..."

"... Wobei ihr vielleicht ihr Lehrling einfallen
mochte, da trat sie ganz nahe an den Schaffotrand heran
und nickte uns zu (ich sage ,uns', weil sie mich auch
ansah) und sagte: ,Ja, ja, meine jungen Herrens, dat
kommt davon
...' Und sehen Sie, meine Herren,
dieses Wort, wenn auch von einer Delinquentin her¬
rührend, bin ich seitdem nicht wieder losgeworden, und
wenn ich so was erlebe wie heute, dann muß einem
solch Wort auch immer wieder in Erinnerung kommen,
und ich sage dann auch, ganz wie die Alte damals
sagte: ,Ja, meine Herren, dat kommt davon.' Und
wovon kommt es? Von den Sozialdemokraten. Und
wovon kommen die Sozialdemokraten?"

"Vom Fortschritt. Alte Geschichte, kennen wir.
Was Neues!"

"Es giebt da nichts Neues. Ich kann nur be¬
stätigen, vom Fortschritt kommt es. Und wovon kommt
der?" Davon, daß wir die Abstimmungsmaschine haben
und das große Haus mit den vier Ecktürmen. Und
wenn es meinetwegen ohne das große Haus nicht geht,
weil das Geld für den Staat am Ende bewilligt werden

Zutritt zu der Hinrichtung, und um mich 'rum ſtanden
lauter Aſſeſſoren und Referendare, ganz junge Herren,
die meiſten mit 'nem Kneifer. Kneifer gab es damals
auch ſchon. Und nun kam die Witwe, wenn man ſie
ſo nennen darf, und ſah ſo weit ganz behäbig und
beinahe füllig aus, weil ſie, was damals viel beſprochen
wurde, 'nen Kropf hatte, weshalb auch der Block ganz
beſonders hatte hergerichtet werden müſſen. Sozuſagen
mit 'nem Ausſchnitt.“

„Mit 'nem Ausſchnitt ...; gut, Gundermann.“

„Und als ſie nun, ich meine die Delinquentin,
all die jungen Referendare ſah, wobei ihr wohl ihr
Lehrling einfallen mochte ...“

„Keine Verſpottung unſrer Referendare ...“

„... Wobei ihr vielleicht ihr Lehrling einfallen
mochte, da trat ſie ganz nahe an den Schaffotrand heran
und nickte uns zu (ich ſage ‚uns‘, weil ſie mich auch
anſah) und ſagte: ‚Ja, ja, meine jungen Herrens, dat
kommt davon
...‘ Und ſehen Sie, meine Herren,
dieſes Wort, wenn auch von einer Delinquentin her¬
rührend, bin ich ſeitdem nicht wieder losgeworden, und
wenn ich ſo was erlebe wie heute, dann muß einem
ſolch Wort auch immer wieder in Erinnerung kommen,
und ich ſage dann auch, ganz wie die Alte damals
ſagte: ‚Ja, meine Herren, dat kommt davon.‘ Und
wovon kommt es? Von den Sozialdemokraten. Und
wovon kommen die Sozialdemokraten?“

„Vom Fortſchritt. Alte Geſchichte, kennen wir.
Was Neues!“

„Es giebt da nichts Neues. Ich kann nur be¬
ſtätigen, vom Fortſchritt kommt es. Und wovon kommt
der?“ Davon, daß wir die Abſtimmungsmaſchine haben
und das große Haus mit den vier Ecktürmen. Und
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weil das Geld für den Staat am Ende bewilligt werden

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[250/0257] Zutritt zu der Hinrichtung, und um mich 'rum ſtanden lauter Aſſeſſoren und Referendare, ganz junge Herren, die meiſten mit 'nem Kneifer. Kneifer gab es damals auch ſchon. Und nun kam die Witwe, wenn man ſie ſo nennen darf, und ſah ſo weit ganz behäbig und beinahe füllig aus, weil ſie, was damals viel beſprochen wurde, 'nen Kropf hatte, weshalb auch der Block ganz beſonders hatte hergerichtet werden müſſen. Sozuſagen mit 'nem Ausſchnitt.“ „Mit 'nem Ausſchnitt ...; gut, Gundermann.“ „Und als ſie nun, ich meine die Delinquentin, all die jungen Referendare ſah, wobei ihr wohl ihr Lehrling einfallen mochte ...“ „Keine Verſpottung unſrer Referendare ...“ „... Wobei ihr vielleicht ihr Lehrling einfallen mochte, da trat ſie ganz nahe an den Schaffotrand heran und nickte uns zu (ich ſage ‚uns‘, weil ſie mich auch anſah) und ſagte: ‚Ja, ja, meine jungen Herrens, dat kommt davon ...‘ Und ſehen Sie, meine Herren, dieſes Wort, wenn auch von einer Delinquentin her¬ rührend, bin ich ſeitdem nicht wieder losgeworden, und wenn ich ſo was erlebe wie heute, dann muß einem ſolch Wort auch immer wieder in Erinnerung kommen, und ich ſage dann auch, ganz wie die Alte damals ſagte: ‚Ja, meine Herren, dat kommt davon.‘ Und wovon kommt es? Von den Sozialdemokraten. Und wovon kommen die Sozialdemokraten?“ „Vom Fortſchritt. Alte Geſchichte, kennen wir. Was Neues!“ „Es giebt da nichts Neues. Ich kann nur be¬ ſtätigen, vom Fortſchritt kommt es. Und wovon kommt der?“ Davon, daß wir die Abſtimmungsmaſchine haben und das große Haus mit den vier Ecktürmen. Und wenn es meinetwegen ohne das große Haus nicht geht, weil das Geld für den Staat am Ende bewilligt werden

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/257>, abgerufen am 23.11.2024.