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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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die paar, die da fallen, das sind eben die Schwaben,
die's gewagt hatten und mit in den Kahn gestiegen
waren. Allen vorauf aber ein Graf, so ein Herr in mittleren
Jahren. Der fiel zuerst und versank in den Sumpf,
und da liegt er. Das heißt, sie haben ihn rausgeholt,
und nun liegt er in der Klosterkirche. Und dieser eine,
der da voran fiel, der hieß Hohenlohe."

"Ja, Czako, das weiß ich ja alles. Das steht ja
schon im Brandenburgischen Kinderfreund. Sie denken
aber immer, Sie haben so was allein gepachtet."

"Immer vorsichtig, Rex; im Kinderfreund steht es.
Gewiß. Aber was steht nicht alles, -- von Kinder¬
freund garnicht zu reden -- in Bibel und Katechismus
und die Leute wissen es doch nicht. Ich zum Beispiel.
Und ob es nun drin steht oder nicht drin steht, ich sage
nur: so hat es angefangen, und so läuft der Hase noch.
Oder glauben Sie, daß der alte Fürst, der jetzt dran
ist, daß der zu seinem Spezialvergnügen in unser so¬
genanntes Reichskanzlerpalais gezogen ist, drin die Bis¬
marckschen Nachfolger, die sich wahrhaftig nicht darnach
drängten, ihre Tage vertrauern? Ein Opfer ist es,
nicht mehr und nicht weniger, und ein Opfer bringt
auch der alte Fürst, gerade wie der, der damals am
Cremmer Damm als erster fiel. Und ich sage Ihnen,
Rex, das ist das, was mir imponiert; immer da sein,
wenn Not an Mann ist. Die Kleinen von hier, trotz
der ,Loyalität bis auf die Knochen', die mucken immer
bloß auf, aber die wirklich Vornehmen, die gehorchen,
nicht einem Machthaber, sondern dem Gefühl ihrer
Pflicht."

Rex war einverstanden und wiederholte nur: "Schade,
daß wir so spät an dem Denkmal vorbeikommen."

"Ja, schade," sagte Czako. "Wir müssen es uns
aber schenken. Im übrigen, denk' ich, lassen wir in
dem, was wir uns noch weiter zu sagen haben, die

Fontane, Der Stechlin. 9

die paar, die da fallen, das ſind eben die Schwaben,
die's gewagt hatten und mit in den Kahn geſtiegen
waren. Allen vorauf aber ein Graf, ſo ein Herr in mittleren
Jahren. Der fiel zuerſt und verſank in den Sumpf,
und da liegt er. Das heißt, ſie haben ihn rausgeholt,
und nun liegt er in der Kloſterkirche. Und dieſer eine,
der da voran fiel, der hieß Hohenlohe.“

„Ja, Czako, das weiß ich ja alles. Das ſteht ja
ſchon im Brandenburgiſchen Kinderfreund. Sie denken
aber immer, Sie haben ſo was allein gepachtet.“

„Immer vorſichtig, Rex; im Kinderfreund ſteht es.
Gewiß. Aber was ſteht nicht alles, — von Kinder¬
freund garnicht zu reden — in Bibel und Katechismus
und die Leute wiſſen es doch nicht. Ich zum Beiſpiel.
Und ob es nun drin ſteht oder nicht drin ſteht, ich ſage
nur: ſo hat es angefangen, und ſo läuft der Haſe noch.
Oder glauben Sie, daß der alte Fürſt, der jetzt dran
iſt, daß der zu ſeinem Spezialvergnügen in unſer ſo¬
genanntes Reichskanzlerpalais gezogen iſt, drin die Bis¬
marckſchen Nachfolger, die ſich wahrhaftig nicht darnach
drängten, ihre Tage vertrauern? Ein Opfer iſt es,
nicht mehr und nicht weniger, und ein Opfer bringt
auch der alte Fürſt, gerade wie der, der damals am
Cremmer Damm als erſter fiel. Und ich ſage Ihnen,
Rex, das iſt das, was mir imponiert; immer da ſein,
wenn Not an Mann iſt. Die Kleinen von hier, trotz
der ‚Loyalität bis auf die Knochen‘, die mucken immer
bloß auf, aber die wirklich Vornehmen, die gehorchen,
nicht einem Machthaber, ſondern dem Gefühl ihrer
Pflicht.“

Rex war einverſtanden und wiederholte nur: „Schade,
daß wir ſo ſpät an dem Denkmal vorbeikommen.“

„Ja, ſchade,“ ſagte Czako. „Wir müſſen es uns
aber ſchenken. Im übrigen, denk' ich, laſſen wir in
dem, was wir uns noch weiter zu ſagen haben, die

Fontane, Der Stechlin. 9
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[129/0136] die paar, die da fallen, das ſind eben die Schwaben, die's gewagt hatten und mit in den Kahn geſtiegen waren. Allen vorauf aber ein Graf, ſo ein Herr in mittleren Jahren. Der fiel zuerſt und verſank in den Sumpf, und da liegt er. Das heißt, ſie haben ihn rausgeholt, und nun liegt er in der Kloſterkirche. Und dieſer eine, der da voran fiel, der hieß Hohenlohe.“ „Ja, Czako, das weiß ich ja alles. Das ſteht ja ſchon im Brandenburgiſchen Kinderfreund. Sie denken aber immer, Sie haben ſo was allein gepachtet.“ „Immer vorſichtig, Rex; im Kinderfreund ſteht es. Gewiß. Aber was ſteht nicht alles, — von Kinder¬ freund garnicht zu reden — in Bibel und Katechismus und die Leute wiſſen es doch nicht. Ich zum Beiſpiel. Und ob es nun drin ſteht oder nicht drin ſteht, ich ſage nur: ſo hat es angefangen, und ſo läuft der Haſe noch. Oder glauben Sie, daß der alte Fürſt, der jetzt dran iſt, daß der zu ſeinem Spezialvergnügen in unſer ſo¬ genanntes Reichskanzlerpalais gezogen iſt, drin die Bis¬ marckſchen Nachfolger, die ſich wahrhaftig nicht darnach drängten, ihre Tage vertrauern? Ein Opfer iſt es, nicht mehr und nicht weniger, und ein Opfer bringt auch der alte Fürſt, gerade wie der, der damals am Cremmer Damm als erſter fiel. Und ich ſage Ihnen, Rex, das iſt das, was mir imponiert; immer da ſein, wenn Not an Mann iſt. Die Kleinen von hier, trotz der ‚Loyalität bis auf die Knochen‘, die mucken immer bloß auf, aber die wirklich Vornehmen, die gehorchen, nicht einem Machthaber, ſondern dem Gefühl ihrer Pflicht.“ Rex war einverſtanden und wiederholte nur: „Schade, daß wir ſo ſpät an dem Denkmal vorbeikommen.“ „Ja, ſchade,“ ſagte Czako. „Wir müſſen es uns aber ſchenken. Im übrigen, denk' ich, laſſen wir in dem, was wir uns noch weiter zu ſagen haben, die Fontane, Der Stechlin. 9

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/136>, abgerufen am 23.11.2024.