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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Ach Czako, Sie reden wieder tolles Zeug, dies¬
mal mit einem kleinen Abstecher ins Lästerliche. Was
soll ,Wallfahrt' hier überhaupt? Und dann, was haben
Sie gegen Wallfahrten? Und was haben Sie gegen
die Hohenlohes?"

"Gott, Rex, wie Sie sich wieder irren. Ich habe
nichts gegen die einen, und ich habe nichts gegen die
andern. Alles, was ich von Wallfahrten gelesen habe,
hat mich immer nur wünschen lassen, mal mit dabei
zu sein. Und ad vocem der Hohenlohes, so kann ich
Ihnen nur sagen, für die hab' ich sogar was übrig
in meinem Herzen, viel, viel mehr als für unser eigent¬
liches Landesgewächs. Oder wenn Sie wollen, für unsre
Autochthonen."

"Und das meinen Sie ganz ernsthaft?"

"Ganz ernsthaft. Und wir wollen mal fünf
Minuten wie vernünftige Leute darüber reden. Wenn
ich sage ,wir', so meine ich natürlich mich. Denn Sie
sprechen immer vernünftig. Vielleicht ein bißchen
zu sehr."

Rex lächelte. "Nun gut; ich will's Ihnen glauben."

"Also die Hohenlohes," fuhr Czako fort. "Ja,
wie steht es damit? Wie liegt da die Sache? Da
kommt hier so Anno Domini ein Burggraf ins Land,
und das Land will ihn nicht, und er muß sich alles
erst erobern, die Städte beinah und die Schlösser
gewiß. Und die Herzen natürlich erst recht. Und der
Kaiser sitzt mal wieder weitab und kann ihm nicht helfen.
Und da hat nun dieser Nürnberger Burggraf, wenn's
hoch kommt, ein halbes Dutzend Menschen um sich,
schwäbische Leute, die mit ihm in diese Mördergrube hin¬
absteigen. Denn ein bißchen so was war es. Und geht
auch gleich los, und die Quitzows und die, die's sein
wollen, rufen die Pommern ins Land, und hier auf
diesem alten Cremmer Damm stoßen sie zusammen, und

„Ach Czako, Sie reden wieder tolles Zeug, dies¬
mal mit einem kleinen Abſtecher ins Läſterliche. Was
ſoll ‚Wallfahrt‘ hier überhaupt? Und dann, was haben
Sie gegen Wallfahrten? Und was haben Sie gegen
die Hohenlohes?“

„Gott, Rex, wie Sie ſich wieder irren. Ich habe
nichts gegen die einen, und ich habe nichts gegen die
andern. Alles, was ich von Wallfahrten geleſen habe,
hat mich immer nur wünſchen laſſen, mal mit dabei
zu ſein. Und ad vocem der Hohenlohes, ſo kann ich
Ihnen nur ſagen, für die hab' ich ſogar was übrig
in meinem Herzen, viel, viel mehr als für unſer eigent¬
liches Landesgewächs. Oder wenn Sie wollen, für unſre
Autochthonen.“

„Und das meinen Sie ganz ernſthaft?“

„Ganz ernſthaft. Und wir wollen mal fünf
Minuten wie vernünftige Leute darüber reden. Wenn
ich ſage ‚wir‘, ſo meine ich natürlich mich. Denn Sie
ſprechen immer vernünftig. Vielleicht ein bißchen
zu ſehr.“

Rex lächelte. „Nun gut; ich will's Ihnen glauben.“

„Alſo die Hohenlohes,“ fuhr Czako fort. „Ja,
wie ſteht es damit? Wie liegt da die Sache? Da
kommt hier ſo Anno Domini ein Burggraf ins Land,
und das Land will ihn nicht, und er muß ſich alles
erſt erobern, die Städte beinah und die Schlöſſer
gewiß. Und die Herzen natürlich erſt recht. Und der
Kaiſer ſitzt mal wieder weitab und kann ihm nicht helfen.
Und da hat nun dieſer Nürnberger Burggraf, wenn's
hoch kommt, ein halbes Dutzend Menſchen um ſich,
ſchwäbiſche Leute, die mit ihm in dieſe Mördergrube hin¬
abſteigen. Denn ein bißchen ſo was war es. Und geht
auch gleich los, und die Quitzows und die, die's ſein
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[128/0135] „Ach Czako, Sie reden wieder tolles Zeug, dies¬ mal mit einem kleinen Abſtecher ins Läſterliche. Was ſoll ‚Wallfahrt‘ hier überhaupt? Und dann, was haben Sie gegen Wallfahrten? Und was haben Sie gegen die Hohenlohes?“ „Gott, Rex, wie Sie ſich wieder irren. Ich habe nichts gegen die einen, und ich habe nichts gegen die andern. Alles, was ich von Wallfahrten geleſen habe, hat mich immer nur wünſchen laſſen, mal mit dabei zu ſein. Und ad vocem der Hohenlohes, ſo kann ich Ihnen nur ſagen, für die hab' ich ſogar was übrig in meinem Herzen, viel, viel mehr als für unſer eigent¬ liches Landesgewächs. Oder wenn Sie wollen, für unſre Autochthonen.“ „Und das meinen Sie ganz ernſthaft?“ „Ganz ernſthaft. Und wir wollen mal fünf Minuten wie vernünftige Leute darüber reden. Wenn ich ſage ‚wir‘, ſo meine ich natürlich mich. Denn Sie ſprechen immer vernünftig. Vielleicht ein bißchen zu ſehr.“ Rex lächelte. „Nun gut; ich will's Ihnen glauben.“ „Alſo die Hohenlohes,“ fuhr Czako fort. „Ja, wie ſteht es damit? Wie liegt da die Sache? Da kommt hier ſo Anno Domini ein Burggraf ins Land, und das Land will ihn nicht, und er muß ſich alles erſt erobern, die Städte beinah und die Schlöſſer gewiß. Und die Herzen natürlich erſt recht. Und der Kaiſer ſitzt mal wieder weitab und kann ihm nicht helfen. Und da hat nun dieſer Nürnberger Burggraf, wenn's hoch kommt, ein halbes Dutzend Menſchen um ſich, ſchwäbiſche Leute, die mit ihm in dieſe Mördergrube hin¬ abſteigen. Denn ein bißchen ſo was war es. Und geht auch gleich los, und die Quitzows und die, die's ſein wollen, rufen die Pommern ins Land, und hier auf dieſem alten Cremmer Damm ſtoßen ſie zuſammen, und

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/135>, abgerufen am 23.11.2024.