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Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

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aber Sie werden den Eishauch der Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit fühlen und vor allem das Von-Oben-Herab, das so tief empört."

"Ein jeder schafft sich seine Stellung."

"Um Gotteswillen, meine Gnädigste, nur nicht das. Unter allen redensartlichen Sätzen ist das der redensartlichste. Stellung schaffen im Hause eines Lords, dessen Omnipotenz nur noch von der Hochfahrenheit seiner Lady, von den beleidigend in die Front gerückten Zähnen seiner Zwillingstöchter und vor allem von den Insolenzen seines dreizehnjährigen Masters übertroffen wird. Stellung schaffen! Es bedarf schon eines erheblichen Maßes von Entschlossenheit, aus solcher Umgebung auch nur zu fliehen und den Mut eines Rückzugs zu haben. Ich will Ihnen mit dem herkömmlichen Vergleiche vom Vogel und der Schlange nicht ernsthaft beschwerlich fallen, aber das ist wahr, ein nur halbwegs zaghaftes Herz kennt in solcher Lage keinen andern Ausweg als Unterwerfung."

"Ich glaube doch, daß Sie die Kraft, die Gott auch den Schwachen gegeben, um ein Erhebliches unterschätzen. Ich habe manches erfahren und allerlei Schmerzliches, ja Schlimmeres als Schmerzliches ist mir nicht erspart geblieben. Aber ich darf doch sagen, ich bin immer siegreich aus solcher Bedrängnis

aber Sie werden den Eishauch der Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit fühlen und vor allem das Von-Oben-Herab, das so tief empört.“

„Ein jeder schafft sich seine Stellung.“

„Um Gotteswillen, meine Gnädigste, nur nicht das. Unter allen redensartlichen Sätzen ist das der redensartlichste. Stellung schaffen im Hause eines Lords, dessen Omnipotenz nur noch von der Hochfahrenheit seiner Lady, von den beleidigend in die Front gerückten Zähnen seiner Zwillingstöchter und vor allem von den Insolenzen seines dreizehnjährigen Masters übertroffen wird. Stellung schaffen! Es bedarf schon eines erheblichen Maßes von Entschlossenheit, aus solcher Umgebung auch nur zu fliehen und den Mut eines Rückzugs zu haben. Ich will Ihnen mit dem herkömmlichen Vergleiche vom Vogel und der Schlange nicht ernsthaft beschwerlich fallen, aber das ist wahr, ein nur halbwegs zaghaftes Herz kennt in solcher Lage keinen andern Ausweg als Unterwerfung.“

„Ich glaube doch, daß Sie die Kraft, die Gott auch den Schwachen gegeben, um ein Erhebliches unterschätzen. Ich habe manches erfahren und allerlei Schmerzliches, ja Schlimmeres als Schmerzliches ist mir nicht erspart geblieben. Aber ich darf doch sagen, ich bin immer siegreich aus solcher Bedrängnis

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[48/0050] aber Sie werden den Eishauch der Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit fühlen und vor allem das Von-Oben-Herab, das so tief empört.“ „Ein jeder schafft sich seine Stellung.“ „Um Gotteswillen, meine Gnädigste, nur nicht das. Unter allen redensartlichen Sätzen ist das der redensartlichste. Stellung schaffen im Hause eines Lords, dessen Omnipotenz nur noch von der Hochfahrenheit seiner Lady, von den beleidigend in die Front gerückten Zähnen seiner Zwillingstöchter und vor allem von den Insolenzen seines dreizehnjährigen Masters übertroffen wird. Stellung schaffen! Es bedarf schon eines erheblichen Maßes von Entschlossenheit, aus solcher Umgebung auch nur zu fliehen und den Mut eines Rückzugs zu haben. Ich will Ihnen mit dem herkömmlichen Vergleiche vom Vogel und der Schlange nicht ernsthaft beschwerlich fallen, aber das ist wahr, ein nur halbwegs zaghaftes Herz kennt in solcher Lage keinen andern Ausweg als Unterwerfung.“ „Ich glaube doch, daß Sie die Kraft, die Gott auch den Schwachen gegeben, um ein Erhebliches unterschätzen. Ich habe manches erfahren und allerlei Schmerzliches, ja Schlimmeres als Schmerzliches ist mir nicht erspart geblieben. Aber ich darf doch sagen, ich bin immer siegreich aus solcher Bedrängnis

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

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  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
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  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/50>, abgerufen am 26.04.2024.