Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.hervorgegangen. Allerdings hat alles, was ich sage, eine ganz bestimmte Voraussetzung: ein Appell an Ehre, Pflicht und adlige Gesinnung muß möglich und eines Verständnisses und in diesem Verständnis auch einer Würdigung sicher sein. Mit einem Worte, das Haus, in das ich eintrete, muß noch ein Gewissen haben, wenn auch vielleicht ein tiefverschüttetes. Ist dies Gewissen aber da, so gewinn' ich die Partie, so gestaltet sich alles zu einer Frage festen Auftretens und selbstverständlich des guten Rechts." "Und Sie haben das an sich selbst erfahren?" "Ja. Und noch dazu im Herzen von Rußland. ,Ich bin in Ihrer Gewalt, Fürst,' sagte ich, ,und Gott und der Zar sind weit und Sie haben die Macht und die Mittel, mir Ihren Willen aufzuzwingen. Wollen Sie's? Gut. Erniedrigen Sie mich. Aber verlangen Sie nicht, daß ich die Hand dazu biete ...'" "Und?" "Von Stund' an hatt' ich gute Tage. Er war so liebenswürdig, wie nur russische Große sein können, und die Fürstin, eine große Dame, deren erstes Auftreten bei Hofe noch in die Kaiser Nikolaus-Tage fiel, verwöhnte mich wie ihren Papagei. Ich glaube, sie wußte, was vorauf gegangen. Vielleicht aus ihres Gatten eigenem Munde. Denn es war hervorgegangen. Allerdings hat alles, was ich sage, eine ganz bestimmte Voraussetzung: ein Appell an Ehre, Pflicht und adlige Gesinnung muß möglich und eines Verständnisses und in diesem Verständnis auch einer Würdigung sicher sein. Mit einem Worte, das Haus, in das ich eintrete, muß noch ein Gewissen haben, wenn auch vielleicht ein tiefverschüttetes. Ist dies Gewissen aber da, so gewinn’ ich die Partie, so gestaltet sich alles zu einer Frage festen Auftretens und selbstverständlich des guten Rechts.“ „Und Sie haben das an sich selbst erfahren?“ „Ja. Und noch dazu im Herzen von Rußland. ‚Ich bin in Ihrer Gewalt, Fürst,‘ sagte ich, ‚und Gott und der Zar sind weit und Sie haben die Macht und die Mittel, mir Ihren Willen aufzuzwingen. Wollen Sie’s? Gut. Erniedrigen Sie mich. Aber verlangen Sie nicht, daß ich die Hand dazu biete …‘“ „Und?“ „Von Stund’ an hatt’ ich gute Tage. Er war so liebenswürdig, wie nur russische Große sein können, und die Fürstin, eine große Dame, deren erstes Auftreten bei Hofe noch in die Kaiser Nikolaus-Tage fiel, verwöhnte mich wie ihren Papagei. Ich glaube, sie wußte, was vorauf gegangen. Vielleicht aus ihres Gatten eigenem Munde. Denn es war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="49"/> hervorgegangen. Allerdings hat alles, was ich sage, <hi rendition="#g">eine</hi> ganz bestimmte Voraussetzung: ein Appell an Ehre, Pflicht und adlige Gesinnung muß möglich und eines Verständnisses und in diesem Verständnis auch einer Würdigung sicher sein. Mit einem Worte, das Haus, in das ich eintrete, muß noch ein <hi rendition="#g">Gewissen</hi> haben, wenn auch vielleicht ein tiefverschüttetes. Ist dies Gewissen aber da, so gewinn’ ich die Partie, so gestaltet sich alles zu einer Frage festen Auftretens und selbstverständlich des guten Rechts.“</p><lb/> <p>„Und Sie haben das an sich selbst erfahren?“</p><lb/> <p>„Ja. Und noch dazu im Herzen von Rußland. ‚Ich bin in Ihrer Gewalt, Fürst,‘ sagte ich, ‚und Gott und der Zar sind weit und Sie haben die Macht und die Mittel, mir Ihren Willen aufzuzwingen. Wollen Sie’s? Gut. Erniedrigen Sie mich. Aber verlangen Sie nicht, daß ich die Hand dazu biete …‘“</p><lb/> <p>„Und?“</p><lb/> <p>„Von Stund’ an hatt’ ich gute Tage. Er war so liebenswürdig, wie nur russische Große sein können, und die Fürstin, eine große Dame, deren erstes Auftreten bei Hofe noch in die Kaiser Nikolaus-Tage fiel, verwöhnte mich wie ihren Papagei. Ich glaube, sie wußte, was vorauf gegangen. Vielleicht aus ihres Gatten eigenem Munde. Denn es war </p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0051]
hervorgegangen. Allerdings hat alles, was ich sage, eine ganz bestimmte Voraussetzung: ein Appell an Ehre, Pflicht und adlige Gesinnung muß möglich und eines Verständnisses und in diesem Verständnis auch einer Würdigung sicher sein. Mit einem Worte, das Haus, in das ich eintrete, muß noch ein Gewissen haben, wenn auch vielleicht ein tiefverschüttetes. Ist dies Gewissen aber da, so gewinn’ ich die Partie, so gestaltet sich alles zu einer Frage festen Auftretens und selbstverständlich des guten Rechts.“
„Und Sie haben das an sich selbst erfahren?“
„Ja. Und noch dazu im Herzen von Rußland. ‚Ich bin in Ihrer Gewalt, Fürst,‘ sagte ich, ‚und Gott und der Zar sind weit und Sie haben die Macht und die Mittel, mir Ihren Willen aufzuzwingen. Wollen Sie’s? Gut. Erniedrigen Sie mich. Aber verlangen Sie nicht, daß ich die Hand dazu biete …‘“
„Und?“
„Von Stund’ an hatt’ ich gute Tage. Er war so liebenswürdig, wie nur russische Große sein können, und die Fürstin, eine große Dame, deren erstes Auftreten bei Hofe noch in die Kaiser Nikolaus-Tage fiel, verwöhnte mich wie ihren Papagei. Ich glaube, sie wußte, was vorauf gegangen. Vielleicht aus ihres Gatten eigenem Munde. Denn es war
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/51>, abgerufen am 16.02.2025. |