Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.weißgekleidet und weinend, auf einer Rasenböschung saß und vor ihr Onkel Dodo mit einer Nessel. Ich konnte den Traum nicht abschütteln und war froh als ich um fünf Uhr aufwachte. "Früh, sehr früh." Aber es paßte mir gerade, daß es so früh war, und rasch aufspringend, zog ich mich an und ging auf die Veranda hinunter, wo die beiden Ehegatten um Punkt sechs Uhr ihr erstes Frühstück zu nehmen pflegten. Ich wollte mit ihnen allein sein und ihnen mein Herz ausschütten. Es war gut geplant und auch wieder nicht. Denn eigentlich hätt' ich den Mißerfolg, der meiner harrte, voraussehen müssen. Ich fand nämlich Onkel Dodo bereits vor und wurde von ihm mit scherzhaften Vorwürfen darüber überschüttet, erst beim Feuerwerk, dann beim Feuer und zuletzt bei der Condolenz gefehlt zu haben. Ich entschuldigte mich, so gut es ging, und da Freund Otto mir von der Stirn herunterlesen mochte, daß ich allerlei zu sagen hätte, was Onkel Dodo nicht hören solle, so nahm er diesen beim Arm und sagte: "Komm, ich muß Dir noch unsre neue Torfmaschine zeigen. Für den Doktor, wie Du ihn nennst, ist es nichts." Und so gingen sie. Karoline wies auf einen Schaukelstuhl und weißgekleidet und weinend, auf einer Rasenböschung saß und vor ihr Onkel Dodo mit einer Nessel. Ich konnte den Traum nicht abschütteln und war froh als ich um fünf Uhr aufwachte. „Früh, sehr früh.“ Aber es paßte mir gerade, daß es so früh war, und rasch aufspringend, zog ich mich an und ging auf die Veranda hinunter, wo die beiden Ehegatten um Punkt sechs Uhr ihr erstes Frühstück zu nehmen pflegten. Ich wollte mit ihnen allein sein und ihnen mein Herz ausschütten. Es war gut geplant und auch wieder nicht. Denn eigentlich hätt’ ich den Mißerfolg, der meiner harrte, voraussehen müssen. Ich fand nämlich Onkel Dodo bereits vor und wurde von ihm mit scherzhaften Vorwürfen darüber überschüttet, erst beim Feuerwerk, dann beim Feuer und zuletzt bei der Condolenz gefehlt zu haben. Ich entschuldigte mich, so gut es ging, und da Freund Otto mir von der Stirn herunterlesen mochte, daß ich allerlei zu sagen hätte, was Onkel Dodo nicht hören solle, so nahm er diesen beim Arm und sagte: „Komm, ich muß Dir noch unsre neue Torfmaschine zeigen. Für den Doktor, wie Du ihn nennst, ist es nichts.“ Und so gingen sie. Karoline wies auf einen Schaukelstuhl und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="119"/> weißgekleidet und weinend, auf einer Rasenböschung saß und vor ihr Onkel Dodo mit einer Nessel. Ich konnte den Traum nicht abschütteln und war froh als ich um fünf Uhr aufwachte. „Früh, sehr früh.“ Aber es paßte mir gerade, daß es so früh war, und rasch aufspringend, zog ich mich an und ging auf die Veranda hinunter, wo die beiden Ehegatten um Punkt sechs Uhr ihr erstes Frühstück zu nehmen pflegten.</p><lb/> <p>Ich wollte mit ihnen allein sein und ihnen mein Herz ausschütten.</p><lb/> <p>Es war gut geplant und auch wieder nicht. Denn eigentlich hätt’ ich den Mißerfolg, der meiner harrte, voraussehen müssen. Ich fand nämlich Onkel Dodo bereits vor und wurde von ihm mit scherzhaften Vorwürfen darüber überschüttet, erst beim Feuerwerk, dann beim Feuer und zuletzt bei der Condolenz gefehlt zu haben. Ich entschuldigte mich, so gut es ging, und da Freund Otto mir von der Stirn herunterlesen mochte, daß ich allerlei zu sagen hätte, was Onkel Dodo nicht hören solle, so nahm er diesen beim Arm und sagte: „Komm, ich muß Dir noch unsre neue Torfmaschine zeigen. Für den Doktor, wie Du ihn nennst, ist es nichts.“</p><lb/> <p>Und so gingen sie.</p><lb/> <p>Karoline wies auf einen Schaukelstuhl und </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0121]
weißgekleidet und weinend, auf einer Rasenböschung saß und vor ihr Onkel Dodo mit einer Nessel. Ich konnte den Traum nicht abschütteln und war froh als ich um fünf Uhr aufwachte. „Früh, sehr früh.“ Aber es paßte mir gerade, daß es so früh war, und rasch aufspringend, zog ich mich an und ging auf die Veranda hinunter, wo die beiden Ehegatten um Punkt sechs Uhr ihr erstes Frühstück zu nehmen pflegten.
Ich wollte mit ihnen allein sein und ihnen mein Herz ausschütten.
Es war gut geplant und auch wieder nicht. Denn eigentlich hätt’ ich den Mißerfolg, der meiner harrte, voraussehen müssen. Ich fand nämlich Onkel Dodo bereits vor und wurde von ihm mit scherzhaften Vorwürfen darüber überschüttet, erst beim Feuerwerk, dann beim Feuer und zuletzt bei der Condolenz gefehlt zu haben. Ich entschuldigte mich, so gut es ging, und da Freund Otto mir von der Stirn herunterlesen mochte, daß ich allerlei zu sagen hätte, was Onkel Dodo nicht hören solle, so nahm er diesen beim Arm und sagte: „Komm, ich muß Dir noch unsre neue Torfmaschine zeigen. Für den Doktor, wie Du ihn nennst, ist es nichts.“
Und so gingen sie.
Karoline wies auf einen Schaukelstuhl und
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/121>, abgerufen am 04.07.2024. |