Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.klingelte, daß man mir den Kaffe bringe. Dann sah sie mich freundlich an und sagte: "Nun, was giebt es, lieber Freund? Ich sehe, Sie haben 'was auf dem Herzen und ich will es Ihnen leicht machen. Ich fürchte, Sie wollen fort." "Ja, meine teuerste Freundin." "Und keine Möglichkeit?" "Keine ... Denken Sie doch, er will mich in die Berge schleppen. Auf den Brocken und in einem Tage hin und zurück. Und überall ein Goldwasser oder ein Kirschwasser. Und ich mache mir aus beiden nichts. Und was soll ich auf dem Brocken? Er sagt ja selber, daß man nichts sehen könne. Und im Freien will er mit mir zu Mittag essen und wir sollen einen Stein auf das Tischtuch legen, damit es nicht fortfliegt. Ich bitte Sie ..." Sie lachte herzlich und sagte dann: "Sie müssen fester sein und eigensinniger und nicht gehorchen." "Ach, meine teuerste Freundin," nahm ich wieder das Wort "Sie wissen ja selbst, daß das nicht geht. Einem unleidlichen Menschen gegenüber hat man ein leichtes Spiel, man kann ihm aus dem Wege gehn oder ihm in seiner Sprache antworten und er wird sich weder groß darüber wundern, noch es einem sonderlich übel nehmen. Aber gegen die Bonhommie giebt es kein Mittel. Es ist damit - klingelte, daß man mir den Kaffe bringe. Dann sah sie mich freundlich an und sagte: „Nun, was giebt es, lieber Freund? Ich sehe, Sie haben ’was auf dem Herzen und ich will es Ihnen leicht machen. Ich fürchte, Sie wollen fort.“ „Ja, meine teuerste Freundin.“ „Und keine Möglichkeit?“ „Keine … Denken Sie doch, er will mich in die Berge schleppen. Auf den Brocken und in einem Tage hin und zurück. Und überall ein Goldwasser oder ein Kirschwasser. Und ich mache mir aus beiden nichts. Und was soll ich auf dem Brocken? Er sagt ja selber, daß man nichts sehen könne. Und im Freien will er mit mir zu Mittag essen und wir sollen einen Stein auf das Tischtuch legen, damit es nicht fortfliegt. Ich bitte Sie …“ Sie lachte herzlich und sagte dann: „Sie müssen fester sein und eigensinniger und nicht gehorchen.“ „Ach, meine teuerste Freundin,“ nahm ich wieder das Wort „Sie wissen ja selbst, daß das nicht geht. Einem unleidlichen Menschen gegenüber hat man ein leichtes Spiel, man kann ihm aus dem Wege gehn oder ihm in seiner Sprache antworten und er wird sich weder groß darüber wundern, noch es einem sonderlich übel nehmen. Aber gegen die Bonhommie giebt es kein Mittel. Es ist damit – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="120"/> klingelte, daß man mir den Kaffe bringe. Dann sah sie mich freundlich an und sagte: „Nun, was giebt es, lieber Freund? Ich sehe, Sie haben ’was auf dem Herzen und ich will es Ihnen leicht machen. Ich fürchte, Sie wollen fort.“</p><lb/> <p>„Ja, meine teuerste Freundin.“</p><lb/> <p>„Und keine Möglichkeit?“</p><lb/> <p>„Keine … Denken Sie doch, er will mich in die Berge schleppen. Auf den Brocken und in einem Tage hin und zurück. Und überall ein Goldwasser oder ein Kirschwasser. Und ich mache mir aus beiden nichts. Und was soll ich auf dem Brocken? Er sagt ja selber, daß man nichts sehen könne. Und im Freien will er mit mir zu Mittag essen und wir sollen einen Stein auf das Tischtuch legen, damit es nicht fortfliegt. Ich bitte Sie …“</p><lb/> <p>Sie lachte herzlich und sagte dann: „Sie müssen fester sein und eigensinniger und nicht gehorchen.“</p><lb/> <p>„Ach, meine teuerste Freundin,“ nahm ich wieder das Wort „Sie wissen ja selbst, daß das nicht geht. Einem unleidlichen Menschen gegenüber hat man ein leichtes Spiel, man kann ihm aus dem Wege gehn oder ihm in seiner Sprache antworten und er wird sich weder groß darüber wundern, noch es einem sonderlich übel nehmen. Aber gegen die Bonhommie giebt es kein Mittel. Es ist damit – </p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0122]
klingelte, daß man mir den Kaffe bringe. Dann sah sie mich freundlich an und sagte: „Nun, was giebt es, lieber Freund? Ich sehe, Sie haben ’was auf dem Herzen und ich will es Ihnen leicht machen. Ich fürchte, Sie wollen fort.“
„Ja, meine teuerste Freundin.“
„Und keine Möglichkeit?“
„Keine … Denken Sie doch, er will mich in die Berge schleppen. Auf den Brocken und in einem Tage hin und zurück. Und überall ein Goldwasser oder ein Kirschwasser. Und ich mache mir aus beiden nichts. Und was soll ich auf dem Brocken? Er sagt ja selber, daß man nichts sehen könne. Und im Freien will er mit mir zu Mittag essen und wir sollen einen Stein auf das Tischtuch legen, damit es nicht fortfliegt. Ich bitte Sie …“
Sie lachte herzlich und sagte dann: „Sie müssen fester sein und eigensinniger und nicht gehorchen.“
„Ach, meine teuerste Freundin,“ nahm ich wieder das Wort „Sie wissen ja selbst, daß das nicht geht. Einem unleidlichen Menschen gegenüber hat man ein leichtes Spiel, man kann ihm aus dem Wege gehn oder ihm in seiner Sprache antworten und er wird sich weder groß darüber wundern, noch es einem sonderlich übel nehmen. Aber gegen die Bonhommie giebt es kein Mittel. Es ist damit –
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/122>, abgerufen am 25.07.2024. |