Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

mir als hors d'oeuvre gefallen, aber ohne Regelmäßigkeit in der Anwendung der Mittel giebt es keine Kur. Es trifft sich gut, daß unsere liebenswürdigen Wirte für den Augenblick nicht zugegen sind, und so schlage ich denn vor, wir machen ein Programm, oder, wenn Sie wollen einen Stundenplan. Denn in der That, eine jede Stunde muß herangezogen werden. Und da denk' ich mir denn ... aber bitte, schieben Sie mir das kalte Huhn heran, ich will es noch mal damit versuchen. Karoline sprach von jungen Hühnern; nun gut, sie mag es so nennen, aber alt und jung ist ein dehnbarer Begriff und ich darf sagen, ich habe jüngere gegessen. Otto, der beste Mensch von der Welt, hat hundert Vorzüge, nur Gourmand ist er nicht. Ich auch nicht, aber ich kann wenigstens ein altes Huhn von einem jungen unterscheiden."

Ich lachte, was ihm wohlthat, denn er hatte das Bedürfnis, seine Jovialität auch anerkannt zu sehen. "Ah, Sie lachen. Sehen Sie, das gefällt mir. Sie wissen, im Mittelalter, in den alten Zeiten, als der Aberglaube und der schwarze Tod Arm in Arm über die Welt gingen, wenn da wer nieste, so galt es als ein gutes Omen und unser einfaches ,Zur Gesundheit' soll sich aus jenen Zeiten herschreiben. Aber was ist das Niesen gegen das

mir als hors d’oeuvre gefallen, aber ohne Regelmäßigkeit in der Anwendung der Mittel giebt es keine Kur. Es trifft sich gut, daß unsere liebenswürdigen Wirte für den Augenblick nicht zugegen sind, und so schlage ich denn vor, wir machen ein Programm, oder, wenn Sie wollen einen Stundenplan. Denn in der That, eine jede Stunde muß herangezogen werden. Und da denk’ ich mir denn … aber bitte, schieben Sie mir das kalte Huhn heran, ich will es noch mal damit versuchen. Karoline sprach von jungen Hühnern; nun gut, sie mag es so nennen, aber alt und jung ist ein dehnbarer Begriff und ich darf sagen, ich habe jüngere gegessen. Otto, der beste Mensch von der Welt, hat hundert Vorzüge, nur Gourmand ist er nicht. Ich auch nicht, aber ich kann wenigstens ein altes Huhn von einem jungen unterscheiden.“

Ich lachte, was ihm wohlthat, denn er hatte das Bedürfnis, seine Jovialität auch anerkannt zu sehen. „Ah, Sie lachen. Sehen Sie, das gefällt mir. Sie wissen, im Mittelalter, in den alten Zeiten, als der Aberglaube und der schwarze Tod Arm in Arm über die Welt gingen, wenn da wer nieste, so galt es als ein gutes Omen und unser einfaches ‚Zur Gesundheit‘ soll sich aus jenen Zeiten herschreiben. Aber was ist das Niesen gegen das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="108"/>
mir als hors d&#x2019;oeuvre gefallen, aber ohne                     Regelmäßigkeit in der Anwendung der Mittel giebt es keine Kur. Es trifft sich                     gut, daß unsere liebenswürdigen Wirte für den Augenblick nicht zugegen sind, und                     so schlage ich denn vor, wir machen ein Programm, oder, wenn Sie wollen einen                     Stundenplan. Denn in der That, eine jede Stunde muß herangezogen werden. Und da                     denk&#x2019; ich mir denn &#x2026; aber bitte, schieben Sie mir das kalte Huhn heran,                     ich will es noch mal damit versuchen. Karoline sprach von jungen Hühnern; nun                     gut, sie mag es so nennen, aber alt und jung ist ein dehnbarer Begriff und ich                     darf sagen, ich habe jüngere gegessen. Otto, der beste Mensch von der Welt, hat                     hundert Vorzüge, nur Gourmand ist er nicht. Ich auch nicht, aber ich kann                     wenigstens ein altes Huhn von einem jungen unterscheiden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ich lachte, was ihm wohlthat, denn er hatte das Bedürfnis, seine Jovialität auch                     anerkannt zu sehen. &#x201E;Ah, Sie lachen. Sehen Sie, das gefällt mir. Sie wissen, im                     Mittelalter, in den alten Zeiten, als der Aberglaube und der schwarze Tod Arm in                     Arm über die Welt gingen, wenn da wer nieste, so galt es als ein gutes Omen und                     unser einfaches &#x201A;Zur Gesundheit&#x2018; soll sich aus jenen Zeiten herschreiben. Aber                     was ist das Niesen gegen das
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0110] mir als hors d’oeuvre gefallen, aber ohne Regelmäßigkeit in der Anwendung der Mittel giebt es keine Kur. Es trifft sich gut, daß unsere liebenswürdigen Wirte für den Augenblick nicht zugegen sind, und so schlage ich denn vor, wir machen ein Programm, oder, wenn Sie wollen einen Stundenplan. Denn in der That, eine jede Stunde muß herangezogen werden. Und da denk’ ich mir denn … aber bitte, schieben Sie mir das kalte Huhn heran, ich will es noch mal damit versuchen. Karoline sprach von jungen Hühnern; nun gut, sie mag es so nennen, aber alt und jung ist ein dehnbarer Begriff und ich darf sagen, ich habe jüngere gegessen. Otto, der beste Mensch von der Welt, hat hundert Vorzüge, nur Gourmand ist er nicht. Ich auch nicht, aber ich kann wenigstens ein altes Huhn von einem jungen unterscheiden.“ Ich lachte, was ihm wohlthat, denn er hatte das Bedürfnis, seine Jovialität auch anerkannt zu sehen. „Ah, Sie lachen. Sehen Sie, das gefällt mir. Sie wissen, im Mittelalter, in den alten Zeiten, als der Aberglaube und der schwarze Tod Arm in Arm über die Welt gingen, wenn da wer nieste, so galt es als ein gutes Omen und unser einfaches ‚Zur Gesundheit‘ soll sich aus jenen Zeiten herschreiben. Aber was ist das Niesen gegen das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/110
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/110>, abgerufen am 23.11.2024.