Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts können. Sieh hier meinen Zeigefinger, neulich umgeknickt, das heißt, 's ist schon ein Vierteljahr, und immer dieselbe Schwäche. Vielleicht muß ich den Abschied nehmen."

"Ach, rede doch nicht so," unterbrach Therese. "Die Poggenpuhls nehmen nicht den Abschied."

"Dann kriegen sie ihn."

"Sie kriegen ihn auch nicht. Der da" (und sie wies auf den ,Hochkircher') "ist unvergessen und der Sohrsche auch und Papa auch. Der Kaiser weiß, was er an uns hat."

"Ja, Therese, was hat er an uns?"

"Er hat unsre Gesinnung und die Gewißheit der Treue bis auf den letzten Blutstropfen."

"Nun ja, ja, das hat er ... Aber sage, Mutter, hast du denn schon böten lassen?"

"Böten?"

"Ja, böten. Böten ist pusten und besprechen oder so was wie mit Sympathie. Das hilft immer. Wir haben da eine alte Pohlsche, so wie die lospustet, ist es weg ... Apropos, ist denn noch Weihnachtsmarkt?"

"Jch glaube, er ist noch oder wenigstens ein bißchen."

"Ein paar Buden werden ja wohl noch stehen und da müssen wir hin, Kinder. ,Herr Jraf, einen

nichts können. Sieh hier meinen Zeigefinger, neulich umgeknickt, das heißt, ’s ist schon ein Vierteljahr, und immer dieselbe Schwäche. Vielleicht muß ich den Abschied nehmen.“

„Ach, rede doch nicht so,“ unterbrach Therese. „Die Poggenpuhls nehmen nicht den Abschied.“

„Dann kriegen sie ihn.“

„Sie kriegen ihn auch nicht. Der da“ (und sie wies auf den ‚Hochkircher‘) „ist unvergessen und der Sohrsche auch und Papa auch. Der Kaiser weiß, was er an uns hat.“

„Ja, Therese, was hat er an uns?“

„Er hat unsre Gesinnung und die Gewißheit der Treue bis auf den letzten Blutstropfen.“

„Nun ja, ja, das hat er … Aber sage, Mutter, hast du denn schon böten lassen?“

„Böten?“

„Ja, böten. Böten ist pusten und besprechen oder so was wie mit Sympathie. Das hilft immer. Wir haben da eine alte Pohlsche, so wie die lospustet, ist es weg … Apropos, ist denn noch Weihnachtsmarkt?“

„Jch glaube, er ist noch oder wenigstens ein bißchen.“

„Ein paar Buden werden ja wohl noch stehen und da müssen wir hin, Kinder. ‚Herr Jraf, einen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0035" n="28"/>
nichts können. Sieh hier meinen Zeigefinger, neulich                      umgeknickt, das heißt, &#x2019;s ist schon ein Vierteljahr, und immer dieselbe                      Schwäche. Vielleicht muß ich den Abschied nehmen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, rede doch nicht so,&#x201C; unterbrach Therese. &#x201E;Die Poggenpuhls nehmen nicht den                      Abschied.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann kriegen sie ihn.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie kriegen ihn auch nicht. Der da&#x201C; (und sie wies auf den &#x201A;Hochkircher&#x2018;) &#x201E;ist                      unvergessen und der Sohrsche auch und Papa auch. Der Kaiser weiß, was er an uns                      hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, Therese, was hat er an uns?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er hat unsre Gesinnung und die Gewißheit der Treue bis auf den letzten                      Blutstropfen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun ja, ja, das hat er &#x2026; Aber sage, Mutter, hast du denn schon böten                      lassen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Böten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, böten. Böten ist pusten und besprechen oder so was wie mit Sympathie. Das                      hilft immer. Wir haben da eine alte Pohlsche, so wie die lospustet, ist es weg &#x2026;                      Apropos, ist denn noch Weihnachtsmarkt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch glaube, er ist noch oder wenigstens ein bißchen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein paar Buden werden ja wohl noch stehen und da müssen wir hin, Kinder. &#x201A;Herr                      Jraf, <hi rendition="#g">einen</hi><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0035] nichts können. Sieh hier meinen Zeigefinger, neulich umgeknickt, das heißt, ’s ist schon ein Vierteljahr, und immer dieselbe Schwäche. Vielleicht muß ich den Abschied nehmen.“ „Ach, rede doch nicht so,“ unterbrach Therese. „Die Poggenpuhls nehmen nicht den Abschied.“ „Dann kriegen sie ihn.“ „Sie kriegen ihn auch nicht. Der da“ (und sie wies auf den ‚Hochkircher‘) „ist unvergessen und der Sohrsche auch und Papa auch. Der Kaiser weiß, was er an uns hat.“ „Ja, Therese, was hat er an uns?“ „Er hat unsre Gesinnung und die Gewißheit der Treue bis auf den letzten Blutstropfen.“ „Nun ja, ja, das hat er … Aber sage, Mutter, hast du denn schon böten lassen?“ „Böten?“ „Ja, böten. Böten ist pusten und besprechen oder so was wie mit Sympathie. Das hilft immer. Wir haben da eine alte Pohlsche, so wie die lospustet, ist es weg … Apropos, ist denn noch Weihnachtsmarkt?“ „Jch glaube, er ist noch oder wenigstens ein bißchen.“ „Ein paar Buden werden ja wohl noch stehen und da müssen wir hin, Kinder. ‚Herr Jraf, einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T11:03:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T11:03:16Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/35
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/35>, abgerufen am 21.11.2024.