Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902."Hast du auch nicht zu sehr gespart? Das mußt du nicht. Und immer bloß Nachguß; dabei kannst du nicht gedeihen." "Ach, ich gedeihe schon, gnäd'ge Frau." "Na, wenn es nur wahr ist. Aber nun bringe uns Kaffee. Die Tassen stehen ja schon. Ein bißchen ausgefroren bin ich doch; die eine Dame riß immer alles auf." "Ja, das thut man jetzt, Mama," sagte Therese. "Jch weiß, man thut es jetzt. Und es mag auch gut sein, aber nicht für jeden. Wer Rheumatismus hat ..." Sophie hatte sich's inzwischen auch bequem gemacht und warf sich mit einem gewissen Behagen in die Sofaecke, erst das Zimmer und dann all die alten Kleinigkeiten musternd, die umher standen und lagen und die sie hundertmal in Händen gehabt hatte. "Komm, Mama, du mußt dich hier neben mich setzen oder ich rücke weiter hin, denn dies ist ja deine Ecke. Gott, wenn ich mich hier so umsehe. Eigentlich ist es doch ganz hübsch bei euch." "Du könntest sagen bei uns," sagte Therese. "Gewiß, gewiß. Jch gehöre ja zu euch und werde immer zu euch gehören. Aber die lange Zeit. Dreiviertel Jahr oder doch beinah. Und dann soll ich ja auch wieder zurück." „Hast du auch nicht zu sehr gespart? Das mußt du nicht. Und immer bloß Nachguß; dabei kannst du nicht gedeihen.“ „Ach, ich gedeihe schon, gnäd’ge Frau.“ „Na, wenn es nur wahr ist. Aber nun bringe uns Kaffee. Die Tassen stehen ja schon. Ein bißchen ausgefroren bin ich doch; die eine Dame riß immer alles auf.“ „Ja, das thut man jetzt, Mama,“ sagte Therese. „Jch weiß, man thut es jetzt. Und es mag auch gut sein, aber nicht für jeden. Wer Rheumatismus hat …“ Sophie hatte sich’s inzwischen auch bequem gemacht und warf sich mit einem gewissen Behagen in die Sofaecke, erst das Zimmer und dann all die alten Kleinigkeiten musternd, die umher standen und lagen und die sie hundertmal in Händen gehabt hatte. „Komm, Mama, du mußt dich hier neben mich setzen oder ich rücke weiter hin, denn dies ist ja deine Ecke. Gott, wenn ich mich hier so umsehe. Eigentlich ist es doch ganz hübsch bei euch.“ „Du könntest sagen bei uns,“ sagte Therese. „Gewiß, gewiß. Jch gehöre ja zu euch und werde immer zu euch gehören. Aber die lange Zeit. Dreiviertel Jahr oder doch beinah. Und dann soll ich ja auch wieder zurück.“ <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0178" n="171"/> „Hast du auch nicht zu sehr gespart? Das mußt du nicht. Und immer bloß Nachguß; dabei kannst du nicht gedeihen.“</p><lb/> <p>„Ach, ich gedeihe schon, gnäd’ge Frau.“</p><lb/> <p>„Na, wenn es nur wahr ist. Aber nun bringe uns Kaffee. Die Tassen stehen ja schon. Ein bißchen ausgefroren bin ich doch; die eine Dame riß immer alles auf.“</p><lb/> <p>„Ja, das thut man jetzt, Mama,“ sagte Therese.</p><lb/> <p>„Jch weiß, man thut es jetzt. Und es mag auch gut sein, aber nicht für jeden. Wer Rheumatismus hat …“</p><lb/> <p>Sophie hatte sich’s inzwischen auch bequem gemacht und warf sich mit einem gewissen Behagen in die Sofaecke, erst das Zimmer und dann all die alten Kleinigkeiten musternd, die umher standen und lagen und die sie hundertmal in Händen gehabt hatte.</p><lb/> <p>„Komm, Mama, du mußt dich hier neben mich setzen oder ich rücke weiter hin, denn dies ist ja deine Ecke. Gott, wenn ich mich hier so umsehe. Eigentlich ist es doch ganz hübsch bei euch.“</p><lb/> <p>„Du könntest sagen bei uns,“ sagte Therese.</p><lb/> <p>„Gewiß, gewiß. Jch gehöre ja zu euch und werde immer zu euch gehören. Aber die lange Zeit. Dreiviertel Jahr oder doch beinah. Und dann soll ich ja auch wieder zurück.“ </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [171/0178]
„Hast du auch nicht zu sehr gespart? Das mußt du nicht. Und immer bloß Nachguß; dabei kannst du nicht gedeihen.“
„Ach, ich gedeihe schon, gnäd’ge Frau.“
„Na, wenn es nur wahr ist. Aber nun bringe uns Kaffee. Die Tassen stehen ja schon. Ein bißchen ausgefroren bin ich doch; die eine Dame riß immer alles auf.“
„Ja, das thut man jetzt, Mama,“ sagte Therese.
„Jch weiß, man thut es jetzt. Und es mag auch gut sein, aber nicht für jeden. Wer Rheumatismus hat …“
Sophie hatte sich’s inzwischen auch bequem gemacht und warf sich mit einem gewissen Behagen in die Sofaecke, erst das Zimmer und dann all die alten Kleinigkeiten musternd, die umher standen und lagen und die sie hundertmal in Händen gehabt hatte.
„Komm, Mama, du mußt dich hier neben mich setzen oder ich rücke weiter hin, denn dies ist ja deine Ecke. Gott, wenn ich mich hier so umsehe. Eigentlich ist es doch ganz hübsch bei euch.“
„Du könntest sagen bei uns,“ sagte Therese.
„Gewiß, gewiß. Jch gehöre ja zu euch und werde immer zu euch gehören. Aber die lange Zeit. Dreiviertel Jahr oder doch beinah. Und dann soll ich ja auch wieder zurück.“
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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