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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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"Verhältniß!" lachte Botho. "Nun, ich stehe
zu Diensten, Rexin. Aber offen gestanden, ich weiß
nicht recht, was speziell mir Ihr Vertrauen einträgt.
Ich bin nach keiner Seite hin, am wenigsten aber
nach dieser, eine besondere Weisheitsquelle. Da
haben wir ganz andere Autoritäten. Eine davon
kennen Sie gut. Noch dazu Ihr und Ihres Vetters
besonderer Freund."

"Balafre?"

"Ja."

Rexin fühlte was von Nüchternheit und Ab¬
lehnung heraus und schwieg einigermaßen verstimmt.
Das aber war mehr, als Botho bezweckt hatte, wes¬
halb er sofort wieder einlenkte. "Verhältnisse.
Pardon, Rexin, es giebt ihrer so viele."

"Gewiß. Aber so viel ihrer sind, so verschieden
sind sie auch."

Botho zuckte mit den Achseln und lächelte.
Rexin aber, sichtlich gewillt, sich nicht zum zweiten
Male durch Empfindelei stören zu lassen, wiederholte
nur in gleichmüthigem Tone: "Ja, so viel ihrer,
so verschieden auch. Und ich wundre mich, Rienäcker,
gerade Sie mit den Achseln zucken zu sehn. Ich
dachte mir . . ."

"Nun denn heraus mit der Sprache."

"Soll geschehn."

Und nach einer Weile fuhr Rexin fort: "Ich

Fontane, Irrungen. 17

„Verhältniß!“ lachte Botho. „Nun, ich ſtehe
zu Dienſten, Rexin. Aber offen geſtanden, ich weiß
nicht recht, was ſpeziell mir Ihr Vertrauen einträgt.
Ich bin nach keiner Seite hin, am wenigſten aber
nach dieſer, eine beſondere Weisheitsquelle. Da
haben wir ganz andere Autoritäten. Eine davon
kennen Sie gut. Noch dazu Ihr und Ihres Vetters
beſonderer Freund.“

„Balafré?“

„Ja.“

Rexin fühlte was von Nüchternheit und Ab¬
lehnung heraus und ſchwieg einigermaßen verſtimmt.
Das aber war mehr, als Botho bezweckt hatte, wes¬
halb er ſofort wieder einlenkte. „Verhältniſſe.
Pardon, Rexin, es giebt ihrer ſo viele.“

„Gewiß. Aber ſo viel ihrer ſind, ſo verſchieden
ſind ſie auch.“

Botho zuckte mit den Achſeln und lächelte.
Rexin aber, ſichtlich gewillt, ſich nicht zum zweiten
Male durch Empfindelei ſtören zu laſſen, wiederholte
nur in gleichmüthigem Tone: „Ja, ſo viel ihrer,
ſo verſchieden auch. Und ich wundre mich, Rienäcker,
gerade Sie mit den Achſeln zucken zu ſehn. Ich
dachte mir . . .“

„Nun denn heraus mit der Sprache.“

„Soll geſchehn.“

Und nach einer Weile fuhr Rexin fort: „Ich

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[257/0267] „Verhältniß!“ lachte Botho. „Nun, ich ſtehe zu Dienſten, Rexin. Aber offen geſtanden, ich weiß nicht recht, was ſpeziell mir Ihr Vertrauen einträgt. Ich bin nach keiner Seite hin, am wenigſten aber nach dieſer, eine beſondere Weisheitsquelle. Da haben wir ganz andere Autoritäten. Eine davon kennen Sie gut. Noch dazu Ihr und Ihres Vetters beſonderer Freund.“ „Balafré?“ „Ja.“ Rexin fühlte was von Nüchternheit und Ab¬ lehnung heraus und ſchwieg einigermaßen verſtimmt. Das aber war mehr, als Botho bezweckt hatte, wes¬ halb er ſofort wieder einlenkte. „Verhältniſſe. Pardon, Rexin, es giebt ihrer ſo viele.“ „Gewiß. Aber ſo viel ihrer ſind, ſo verſchieden ſind ſie auch.“ Botho zuckte mit den Achſeln und lächelte. Rexin aber, ſichtlich gewillt, ſich nicht zum zweiten Male durch Empfindelei ſtören zu laſſen, wiederholte nur in gleichmüthigem Tone: „Ja, ſo viel ihrer, ſo verſchieden auch. Und ich wundre mich, Rienäcker, gerade Sie mit den Achſeln zucken zu ſehn. Ich dachte mir . . .“ „Nun denn heraus mit der Sprache.“ „Soll geſchehn.“ Und nach einer Weile fuhr Rexin fort: „Ich Fontane, Irrungen. 17

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/267>, abgerufen am 11.05.2024.