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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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gierig hinaufsah, sah er, daß zwei mächtige Vögel,
kaum noch erkennbar, im Halbdunkel über der
Wasserfläche hinschwebten.

"Waren das wilde Gänse?"

"Nein, Reiher. Die ganze Forst hier herum ist
Reiher-Forst. Ueberhaupt ein rechter Jagdgrund,
Schwarzwild und Damwild in Massen und in dem Schilf
und Rohr hier, Enten, Schnepfen und Bekassinen."

"Entzückend," sagte Botho, in dem sich der
Jäger regte. "Wissen Sie, daß ich Sie beneide.
Was thut schließlich der Name? Enten, Schnepfen,
Bekassinen. Es überkommt einen eine Lust, daß
man's auch so gut haben möchte. Nur einsam muß
es hier sein, zu einsam."

Der Wirth lächelte vor sich hin und Botho,
dem es nicht entging, wurde neugierig und sagte:
"Sie lächeln. Aber ist es nicht so? Seit einer
halben Stunde hör' ich nichts als das Wasser, das
unter dem Steg hingluckst, und in diesem Augenblick
oben den Reiherschrei. Das nenn' ich einsam, so
hübsch es ist. Und dann und wann ziehn ein paar
große Spreekähne vorüber, aber alle sind einander
gleich oder sehen sich wenigstens ähnlich. Und
eigentlich ist jeder wie ein Gespensterschiff. Eine
wahre Todtenstille."

"Gewiß," sagte der Wirth. "Aber doch alles
nur so lang es dauert."

gierig hinaufſah, ſah er, daß zwei mächtige Vögel,
kaum noch erkennbar, im Halbdunkel über der
Waſſerfläche hinſchwebten.

„Waren das wilde Gänſe?“

„Nein, Reiher. Die ganze Forſt hier herum iſt
Reiher-Forſt. Ueberhaupt ein rechter Jagdgrund,
Schwarzwild und Damwild in Maſſen und in dem Schilf
und Rohr hier, Enten, Schnepfen und Bekaſſinen.“

„Entzückend,“ ſagte Botho, in dem ſich der
Jäger regte. „Wiſſen Sie, daß ich Sie beneide.
Was thut ſchließlich der Name? Enten, Schnepfen,
Bekaſſinen. Es überkommt einen eine Luſt, daß
man's auch ſo gut haben möchte. Nur einſam muß
es hier ſein, zu einſam.“

Der Wirth lächelte vor ſich hin und Botho,
dem es nicht entging, wurde neugierig und ſagte:
„Sie lächeln. Aber iſt es nicht ſo? Seit einer
halben Stunde hör' ich nichts als das Waſſer, das
unter dem Steg hingluckſt, und in dieſem Augenblick
oben den Reiherſchrei. Das nenn' ich einſam, ſo
hübſch es iſt. Und dann und wann ziehn ein paar
große Spreekähne vorüber, aber alle ſind einander
gleich oder ſehen ſich wenigſtens ähnlich. Und
eigentlich iſt jeder wie ein Geſpenſterſchiff. Eine
wahre Todtenſtille.“

„Gewiß,“ ſagte der Wirth. „Aber doch alles
nur ſo lang es dauert.“

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[116/0126] gierig hinaufſah, ſah er, daß zwei mächtige Vögel, kaum noch erkennbar, im Halbdunkel über der Waſſerfläche hinſchwebten. „Waren das wilde Gänſe?“ „Nein, Reiher. Die ganze Forſt hier herum iſt Reiher-Forſt. Ueberhaupt ein rechter Jagdgrund, Schwarzwild und Damwild in Maſſen und in dem Schilf und Rohr hier, Enten, Schnepfen und Bekaſſinen.“ „Entzückend,“ ſagte Botho, in dem ſich der Jäger regte. „Wiſſen Sie, daß ich Sie beneide. Was thut ſchließlich der Name? Enten, Schnepfen, Bekaſſinen. Es überkommt einen eine Luſt, daß man's auch ſo gut haben möchte. Nur einſam muß es hier ſein, zu einſam.“ Der Wirth lächelte vor ſich hin und Botho, dem es nicht entging, wurde neugierig und ſagte: „Sie lächeln. Aber iſt es nicht ſo? Seit einer halben Stunde hör' ich nichts als das Waſſer, das unter dem Steg hingluckſt, und in dieſem Augenblick oben den Reiherſchrei. Das nenn' ich einſam, ſo hübſch es iſt. Und dann und wann ziehn ein paar große Spreekähne vorüber, aber alle ſind einander gleich oder ſehen ſich wenigſtens ähnlich. Und eigentlich iſt jeder wie ein Geſpenſterſchiff. Eine wahre Todtenſtille.“ „Gewiß,“ ſagte der Wirth. „Aber doch alles nur ſo lang es dauert.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/126>, abgerufen am 25.11.2024.