Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Und unerquicklich anzuschaun,
Auf deren Antlitz, vielerfahren,
Sich List und Herzensgüte paaren,
Sucht noch, mit ihren gelben Händen,
Schön-Sittah's Anzug zu vollenden.
Zwölf Jahre mocht' die Kleine zählen,
Und während das Zigeunerweib
Sich eilt ihr schwarzes Haar zu strählen,
Schwatzt sie zu Sittah's Zeitvertreib:
"Die Flechte noch, -- mein Herzenskind,
Dann auf, in's nächste Dorf, geschwind,
Dort mach', auf jedem Pachterhofe,
Dich flugs an Tochter oder Zofe;
Nimm, wenn sich keine Karte fand,
Die Heirathslustge bei der Hand,
Und sag ihr, noch in diesem Jahre,
Führ' sie der Liebste zum Altare.
Kann sein, es leuchtet ihr nicht ein,
Doch denkt sie drum, es könnte sein.
Und unerquicklich anzuſchaun,
Auf deren Antlitz, vielerfahren,
Sich Liſt und Herzensgüte paaren,
Sucht noch, mit ihren gelben Händen,
Schön-Sittah’s Anzug zu vollenden.
Zwölf Jahre mocht’ die Kleine zählen,
Und während das Zigeunerweib
Sich eilt ihr ſchwarzes Haar zu ſtrählen,
Schwatzt ſie zu Sittah’s Zeitvertreib:
„Die Flechte noch, — mein Herzenskind,
Dann auf, in’s nächſte Dorf, geſchwind,
Dort mach’, auf jedem Pachterhofe,
Dich flugs an Tochter oder Zofe;
Nimm, wenn ſich keine Karte fand,
Die Heirathsluſtge bei der Hand,
Und ſag ihr, noch in dieſem Jahre,
Führ’ ſie der Liebſte zum Altare.
Kann ſein, es leuchtet ihr nicht ein,
Doch denkt ſie drum, es könnte ſein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0155" n="141"/>
            </l>
            <l>Und unerquicklich anzu&#x017F;chaun,</l><lb/>
            <l>Auf deren Antlitz, vielerfahren,</l><lb/>
            <l>Sich Li&#x017F;t und Herzensgüte paaren,</l><lb/>
            <l>Sucht noch, mit ihren gelben Händen,</l><lb/>
            <l>Schön-Sittah&#x2019;s Anzug zu vollenden.</l><lb/>
            <l>Zwölf Jahre mocht&#x2019; die Kleine zählen,</l><lb/>
            <l>Und während das Zigeunerweib</l><lb/>
            <l>Sich eilt ihr &#x017F;chwarzes Haar zu &#x017F;trählen,</l><lb/>
            <l>Schwatzt &#x017F;ie zu Sittah&#x2019;s Zeitvertreib:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Die Flechte noch, &#x2014; mein Herzenskind,</l><lb/>
            <l>Dann auf, in&#x2019;s näch&#x017F;te Dorf, ge&#x017F;chwind,</l><lb/>
            <l>Dort mach&#x2019;, auf jedem Pachterhofe,</l><lb/>
            <l>Dich flugs an Tochter oder Zofe;</l><lb/>
            <l>Nimm, wenn &#x017F;ich keine Karte fand,</l><lb/>
            <l>Die Heirathslu&#x017F;tge bei der Hand,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ag ihr, noch in die&#x017F;em Jahre,</l><lb/>
            <l>Führ&#x2019; &#x017F;ie der Lieb&#x017F;te zum Altare.</l><lb/>
            <l>Kann &#x017F;ein, es leuchtet ihr nicht ein,</l><lb/>
            <l>Doch denkt &#x017F;ie drum, es <hi rendition="#g">könnte</hi> &#x017F;ein.</l><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0155] Und unerquicklich anzuſchaun, Auf deren Antlitz, vielerfahren, Sich Liſt und Herzensgüte paaren, Sucht noch, mit ihren gelben Händen, Schön-Sittah’s Anzug zu vollenden. Zwölf Jahre mocht’ die Kleine zählen, Und während das Zigeunerweib Sich eilt ihr ſchwarzes Haar zu ſtrählen, Schwatzt ſie zu Sittah’s Zeitvertreib: „Die Flechte noch, — mein Herzenskind, Dann auf, in’s nächſte Dorf, geſchwind, Dort mach’, auf jedem Pachterhofe, Dich flugs an Tochter oder Zofe; Nimm, wenn ſich keine Karte fand, Die Heirathsluſtge bei der Hand, Und ſag ihr, noch in dieſem Jahre, Führ’ ſie der Liebſte zum Altare. Kann ſein, es leuchtet ihr nicht ein, Doch denkt ſie drum, es könnte ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/155
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/155>, abgerufen am 09.05.2024.