Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Einundzwanzigstes Kapitel.

Innstetten war erst vier Tage fort, als Crampas
von Stettin wieder eintraf und die Nachricht brachte,
man hätte höheren Orts die Absicht, zwei Schwadronen
nach Kessin zu legen, endgültig fallen lassen; es gäbe
so viele kleine Städte, die sich um eine Kavallerie-
Garnison, und nun gar um Blücher'sche Husaren,
bewürben, daß man gewohnt sei, bei solchem Aner¬
bieten einem herzlichen Entgegenkommen, aber nicht
einem zögernden zu begegnen. Als Crampas dies
mitteilte, machte der Magistrat ein ziemlich verlegenes
Gesicht; nur Gieshübler, weil er der Philisterei seiner
Kollegen eine Niederlage gönnte, triumphierte. Seitens
der kleinen Leute griff, beim Bekanntwerden der Nach¬
richt, eine gewisse Verstimmung Platz, ja selbst einige
Konsuls mit Töchtern waren momentan unzufrieden;
im Ganzen aber kam man rasch über die Sache hin,
vielleicht weil die nebenherlaufende Frage, "was Inn¬
stetten in Berlin vorhabe," die Kessiner Bevölkerung

Einundzwanzigſtes Kapitel.

Innſtetten war erſt vier Tage fort, als Crampas
von Stettin wieder eintraf und die Nachricht brachte,
man hätte höheren Orts die Abſicht, zwei Schwadronen
nach Keſſin zu legen, endgültig fallen laſſen; es gäbe
ſo viele kleine Städte, die ſich um eine Kavallerie-
Garniſon, und nun gar um Blücher'ſche Huſaren,
bewürben, daß man gewohnt ſei, bei ſolchem Aner¬
bieten einem herzlichen Entgegenkommen, aber nicht
einem zögernden zu begegnen. Als Crampas dies
mitteilte, machte der Magiſtrat ein ziemlich verlegenes
Geſicht; nur Gieshübler, weil er der Philiſterei ſeiner
Kollegen eine Niederlage gönnte, triumphierte. Seitens
der kleinen Leute griff, beim Bekanntwerden der Nach¬
richt, eine gewiſſe Verſtimmung Platz, ja ſelbſt einige
Konſuls mit Töchtern waren momentan unzufrieden;
im Ganzen aber kam man raſch über die Sache hin,
vielleicht weil die nebenherlaufende Frage, „was Inn¬
ſtetten in Berlin vorhabe,“ die Keſſiner Bevölkerung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0309" n="[300]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Einundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
        </head>
        <p>Inn&#x017F;tetten war er&#x017F;t vier Tage fort, als Crampas<lb/>
von Stettin wieder eintraf und die Nachricht brachte,<lb/>
man hätte höheren Orts die Ab&#x017F;icht, zwei Schwadronen<lb/>
nach Ke&#x017F;&#x017F;in zu legen, endgültig fallen la&#x017F;&#x017F;en; es gäbe<lb/>
&#x017F;o viele kleine Städte, die &#x017F;ich um eine Kavallerie-<lb/>
Garni&#x017F;on, und nun gar um Blücher'&#x017F;che Hu&#x017F;aren,<lb/>
bewürben, daß man gewohnt &#x017F;ei, bei &#x017F;olchem Aner¬<lb/>
bieten einem herzlichen Entgegenkommen, aber nicht<lb/>
einem zögernden zu begegnen. Als Crampas dies<lb/>
mitteilte, machte der Magi&#x017F;trat ein ziemlich verlegenes<lb/>
Ge&#x017F;icht; nur Gieshübler, weil er der Phili&#x017F;terei &#x017F;einer<lb/>
Kollegen eine Niederlage gönnte, triumphierte. Seitens<lb/>
der kleinen Leute griff, beim Bekanntwerden der Nach¬<lb/>
richt, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Ver&#x017F;timmung Platz, ja &#x017F;elb&#x017F;t einige<lb/>
Kon&#x017F;uls mit Töchtern waren momentan unzufrieden;<lb/>
im Ganzen aber kam man ra&#x017F;ch über die Sache hin,<lb/>
vielleicht weil die nebenherlaufende Frage, &#x201E;was Inn¬<lb/>
&#x017F;tetten in Berlin vorhabe,&#x201C; die Ke&#x017F;&#x017F;iner Bevölkerung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[300]/0309] Einundzwanzigſtes Kapitel. Innſtetten war erſt vier Tage fort, als Crampas von Stettin wieder eintraf und die Nachricht brachte, man hätte höheren Orts die Abſicht, zwei Schwadronen nach Keſſin zu legen, endgültig fallen laſſen; es gäbe ſo viele kleine Städte, die ſich um eine Kavallerie- Garniſon, und nun gar um Blücher'ſche Huſaren, bewürben, daß man gewohnt ſei, bei ſolchem Aner¬ bieten einem herzlichen Entgegenkommen, aber nicht einem zögernden zu begegnen. Als Crampas dies mitteilte, machte der Magiſtrat ein ziemlich verlegenes Geſicht; nur Gieshübler, weil er der Philiſterei ſeiner Kollegen eine Niederlage gönnte, triumphierte. Seitens der kleinen Leute griff, beim Bekanntwerden der Nach¬ richt, eine gewiſſe Verſtimmung Platz, ja ſelbſt einige Konſuls mit Töchtern waren momentan unzufrieden; im Ganzen aber kam man raſch über die Sache hin, vielleicht weil die nebenherlaufende Frage, „was Inn¬ ſtetten in Berlin vorhabe,“ die Keſſiner Bevölkerung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/309
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [300]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/309>, abgerufen am 27.11.2024.