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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
Töchter desto mehr, bildhübsche Backfische von vier¬
zehn und dreizehn, die ganz nach dem Vater schlugen.
Besonders die ältere, Cora, kokettierte sofort mit Inn¬
stetten und Crampas, und beide gingen auch darauf
ein. Effi ärgerte sich darüber und schämte sich dann
wieder, daß sie sich geärgert habe. Sie saß neben
Sidonie von Grasenabb und sagte: "Sonderbar, so
bin ich auch gewesen, als ich vierzehn war."

Effi rechnete darauf, daß Sidonie dies bestreiten
oder doch wenigstens Einschränkungen machen würde.
Statt dessen sagte diese: "Das kann ich mir denken."

"Und wie der Vater sie verzieht," fuhr Effi
halb verlegen, und nur, um doch 'was zu sagen, fort.

Sidonie nickte. "Da liegt es. Keine Zucht. Das
ist die Signatur unserer Zeit."

Effi brach nun ab.

Der Kaffee war bald genommen, und man
stand auf, um noch einen halbstündigen Spaziergang
in den umliegenden Wald zu machen, zunächst auf
ein Gehege zu, drin Wild eingezäunt war. Cora
öffnete das Gatter, und kaum, daß sie eingetreten,
so kamen auch schon die Rehe auf sie zu. Es war
eigentlich reizend, ganz wie ein Märchen. Aber die
Eitelkeit des jungen Dinges, das sich bewußt war,
ein lebendes Bild zu stellen, ließ doch einen reinen
Eindruck nicht aufkommen, am wenigsten bei Effi.

Effi Brieſt
Töchter deſto mehr, bildhübſche Backfiſche von vier¬
zehn und dreizehn, die ganz nach dem Vater ſchlugen.
Beſonders die ältere, Cora, kokettierte ſofort mit Inn¬
ſtetten und Crampas, und beide gingen auch darauf
ein. Effi ärgerte ſich darüber und ſchämte ſich dann
wieder, daß ſie ſich geärgert habe. Sie ſaß neben
Sidonie von Graſenabb und ſagte: „Sonderbar, ſo
bin ich auch geweſen, als ich vierzehn war.“

Effi rechnete darauf, daß Sidonie dies beſtreiten
oder doch wenigſtens Einſchränkungen machen würde.
Statt deſſen ſagte dieſe: „Das kann ich mir denken.“

„Und wie der Vater ſie verzieht,“ fuhr Effi
halb verlegen, und nur, um doch 'was zu ſagen, fort.

Sidonie nickte. „Da liegt es. Keine Zucht. Das
iſt die Signatur unſerer Zeit.“

Effi brach nun ab.

Der Kaffee war bald genommen, und man
ſtand auf, um noch einen halbſtündigen Spaziergang
in den umliegenden Wald zu machen, zunächſt auf
ein Gehege zu, drin Wild eingezäunt war. Cora
öffnete das Gatter, und kaum, daß ſie eingetreten,
ſo kamen auch ſchon die Rehe auf ſie zu. Es war
eigentlich reizend, ganz wie ein Märchen. Aber die
Eitelkeit des jungen Dinges, das ſich bewußt war,
ein lebendes Bild zu ſtellen, ließ doch einen reinen
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[260/0269] Effi Brieſt Töchter deſto mehr, bildhübſche Backfiſche von vier¬ zehn und dreizehn, die ganz nach dem Vater ſchlugen. Beſonders die ältere, Cora, kokettierte ſofort mit Inn¬ ſtetten und Crampas, und beide gingen auch darauf ein. Effi ärgerte ſich darüber und ſchämte ſich dann wieder, daß ſie ſich geärgert habe. Sie ſaß neben Sidonie von Graſenabb und ſagte: „Sonderbar, ſo bin ich auch geweſen, als ich vierzehn war.“ Effi rechnete darauf, daß Sidonie dies beſtreiten oder doch wenigſtens Einſchränkungen machen würde. Statt deſſen ſagte dieſe: „Das kann ich mir denken.“ „Und wie der Vater ſie verzieht,“ fuhr Effi halb verlegen, und nur, um doch 'was zu ſagen, fort. Sidonie nickte. „Da liegt es. Keine Zucht. Das iſt die Signatur unſerer Zeit.“ Effi brach nun ab. Der Kaffee war bald genommen, und man ſtand auf, um noch einen halbſtündigen Spaziergang in den umliegenden Wald zu machen, zunächſt auf ein Gehege zu, drin Wild eingezäunt war. Cora öffnete das Gatter, und kaum, daß ſie eingetreten, ſo kamen auch ſchon die Rehe auf ſie zu. Es war eigentlich reizend, ganz wie ein Märchen. Aber die Eitelkeit des jungen Dinges, das ſich bewußt war, ein lebendes Bild zu ſtellen, ließ doch einen reinen Eindruck nicht aufkommen, am wenigſten bei Effi.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/269>, abgerufen am 27.11.2024.