Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Vorfreude des Festes in uns zu wecken" so schrieb mir der Sohn Nußknacker steh'n mit dickem Kopf Bei Jud' und Schornsteinfeger; Hier hängt ein Schrank mit Kell' und Topf, Dort hetzt den Hirsch der Jäger. Hier ruft ein Kuckuck, horch! Und dort spaziert ein Storch, Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum Und blinkt von Gold und Silberschaum. Zu Pferde paradirt von Blei Ein Regiment Soldaten; Ein Sansfacon sitzt frank und frei Gekrümmt und münzt Ducaten. Und Alles schmaust und knarrt, Trompet' und Fiedel schnarrt; Fern steh'n die Alten still erfreut Und denken an die alte Zeit. Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes. Mit Vorfreude des Feſtes in uns zu wecken“ ſo ſchrieb mir der Sohn Nußknacker ſteh’n mit dickem Kopf Bei Jud’ und Schornſteinfeger; Hier hängt ein Schrank mit Kell’ und Topf, Dort hetzt den Hirſch der Jäger. Hier ruft ein Kuckuck, horch! Und dort ſpaziert ein Storch, Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum Und blinkt von Gold und Silberſchaum. Zu Pferde paradirt von Blei Ein Regiment Soldaten; Ein Sansfaçon ſitzt frank und frei Gekrümmt und münzt Ducaten. Und Alles ſchmauſt und knarrt, Trompet’ und Fiedel ſchnarrt; Fern ſteh’n die Alten ſtill erfreut Und denken an die alte Zeit. Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes. Mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0238" n="222"/> Vorfreude des Feſtes in uns zu wecken“ ſo ſchrieb mir der Sohn<lb/> „verſtand er vortrefflich. Er that es in lockender, die Einbil-<lb/> dungskraft anregender Weiſe, theils durch Töne von Kinderinſtru-<lb/> menten, theils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von<lb/> bepelzter Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder ge-<lb/> ſchloſſene Thür in die Kinderſtube geworfen wurde. Ließ einmal<lb/> Knecht Ruprecht gar nichts von ſich hören und ſehen, ſo baten<lb/> wir ſingend an der hoffnungsreichen Pforte um ſein Erſcheinen<lb/> und ſeine Gaben. Waren wir artig geweſen, ſo gewährte er; an-<lb/> dernfalls praſſelten <hi rendition="#g">Nußſchalen</hi> oder faule Aepfel durch die<lb/> Thüröffnung herein.“ Den Jubel am heiligen Abend hat er in<lb/> einem ſeiner populärſten Gedichte ſelbſt beſchrieben:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Nußknacker ſteh’n mit dickem Kopf</l><lb/> <l>Bei Jud’ und Schornſteinfeger;</l><lb/> <l>Hier hängt ein Schrank mit Kell’ und Topf,</l><lb/> <l>Dort hetzt den Hirſch der Jäger.</l><lb/> <l>Hier ruft ein Kuckuck, horch!</l><lb/> <l>Und dort ſpaziert ein Storch,</l><lb/> <l>Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum</l><lb/> <l>Und blinkt von Gold und Silberſchaum.</l><lb/> <l>Zu Pferde paradirt von Blei</l><lb/> <l>Ein Regiment Soldaten;</l><lb/> <l>Ein Sansfa<hi rendition="#aq">ç</hi>on ſitzt frank und frei</l><lb/> <l>Gekrümmt und münzt Ducaten.</l><lb/> <l>Und Alles ſchmauſt und knarrt,</l><lb/> <l>Trompet’ und Fiedel ſchnarrt;</l><lb/> <l>Fern ſteh’n die Alten ſtill erfreut</l><lb/> <l>Und denken an die alte Zeit.</l> </lg><lb/> <p>Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes. Mit<lb/> einigen Predigern in der Umgegend war er von früher her be-<lb/> kannt und dieſe beſuchte er, wenn er auf geiſtige Anknüpfungs-<lb/> punkte rechnen konnte; ſonſt ſchwerlich. Unter den befreundeten<lb/> Amtsbrüdern befand ſich auch der Probſt Gloerfeld in dem be-<lb/> nachbarten Bernau. Dieſer würdige und allgemein hochgeachtete<lb/> Geiſtliche hatte einen ſchönen Tod. Er war ein großer Garten-<lb/> freund, wie die meiſten Geiſtlichen in jener geldarmen Zeit, und<lb/> empfing dann und wann Beſuche von Perſonen, die ſeinen ſchönen<lb/> Garten ſehen wollten. Einmal erſchien auch eine junge, durch-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0238]
Vorfreude des Feſtes in uns zu wecken“ ſo ſchrieb mir der Sohn
„verſtand er vortrefflich. Er that es in lockender, die Einbil-
dungskraft anregender Weiſe, theils durch Töne von Kinderinſtru-
menten, theils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von
bepelzter Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder ge-
ſchloſſene Thür in die Kinderſtube geworfen wurde. Ließ einmal
Knecht Ruprecht gar nichts von ſich hören und ſehen, ſo baten
wir ſingend an der hoffnungsreichen Pforte um ſein Erſcheinen
und ſeine Gaben. Waren wir artig geweſen, ſo gewährte er; an-
dernfalls praſſelten Nußſchalen oder faule Aepfel durch die
Thüröffnung herein.“ Den Jubel am heiligen Abend hat er in
einem ſeiner populärſten Gedichte ſelbſt beſchrieben:
Nußknacker ſteh’n mit dickem Kopf
Bei Jud’ und Schornſteinfeger;
Hier hängt ein Schrank mit Kell’ und Topf,
Dort hetzt den Hirſch der Jäger.
Hier ruft ein Kuckuck, horch!
Und dort ſpaziert ein Storch,
Mit Aepfeln prangt der Taxusbaum
Und blinkt von Gold und Silberſchaum.
Zu Pferde paradirt von Blei
Ein Regiment Soldaten;
Ein Sansfaçon ſitzt frank und frei
Gekrümmt und münzt Ducaten.
Und Alles ſchmauſt und knarrt,
Trompet’ und Fiedel ſchnarrt;
Fern ſteh’n die Alten ſtill erfreut
Und denken an die alte Zeit.
Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes. Mit
einigen Predigern in der Umgegend war er von früher her be-
kannt und dieſe beſuchte er, wenn er auf geiſtige Anknüpfungs-
punkte rechnen konnte; ſonſt ſchwerlich. Unter den befreundeten
Amtsbrüdern befand ſich auch der Probſt Gloerfeld in dem be-
nachbarten Bernau. Dieſer würdige und allgemein hochgeachtete
Geiſtliche hatte einen ſchönen Tod. Er war ein großer Garten-
freund, wie die meiſten Geiſtlichen in jener geldarmen Zeit, und
empfing dann und wann Beſuche von Perſonen, die ſeinen ſchönen
Garten ſehen wollten. Einmal erſchien auch eine junge, durch-
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