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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Georgs) "mit Hund und Horn" in die Predikowschen Waldungen
ein und das Geklaff von über 200 Rüden lärmte durch den Forst.
Ehe der Tag um war, war das hohe Wild zu Tode gehetzt und
der junge Wildstand vernichtet. Soweit die Romantik; die vier
Barfuse aber, statt ihren Clan zu den Waffen zu rufen, wurden
klagbar beim Obergericht, und als nach fünfzig oder hundert Jah-
ren der Instanzenzug zu Ende war, war längst kein Barfus mehr
auf Hohen- und Nieder-Predikow.

Die Barfuse wurden klagbar, statt ihren Clan zu entbieten;
aber wir würden sehr irren, wenn wir aus diesem Abstehen vom
Kampf gegen die damals schon fest gegründete hohenzollernsche
Gewalt, etwa den Schluß ziehen wollten, die vier Barfuse auf Pre-
dikow wären sehr friedliche und ruhige Leute gewesen. Sie waren
so ziemlich das Gegentheil davon, was aus einer andern Geschichte
erhellen mag.

Von den vier Brüdern waren drei, die beiden ältesten und
der jüngste, auf ihren "Höfen" in Predikow geblieben, während
der dritte Bruder, Valentin, in die Dienste des Pommernherzogs
getreten und dessen Oberjägermeister geworden war.

Es war um 1610, also acht Jahre nach der Jagd im "Blu-
menthal", als Valentin Barfus auf Besuch nach Predikow kam.
Es verstand sich von selbst, daß er von seinen Brüdern der Reihe
nach bewirthet wurde. Der älteste, Richard, der auf dem "rothen
Hause" in Nieder-Predikow saß, hatte natürlich den Vorrang als
Festgeber und eine tüchtige Zechkumpanei, nach Sitte jener Zeit,
wurde geladen. Man trank, man jubelte, man tobte und, unglaub-
lich zu sagen, -- denn woher nahm man die Damen? -- man
tanzte auch. So kam Mitternacht heran. Um Mitternacht aber
legten die Spielleute matt und müde ihre Fiedeln nieder und sag-
ten: "Wir können nicht mehr!" Da sprang Nicolaus, der zweite
und wildeste der Brüder, mitten unter sie und schrie, indem er
dem Nächsten mit der Faust drohte: "Weiter, weiter, und wenn
der Teufel selber aufspielen sollte!" Da erschien der böse Feind
auf dem Ofen, mit der Sackpfeife unterm Arm, grinste den Ni-

Georgs) „mit Hund und Horn“ in die Predikowſchen Waldungen
ein und das Geklaff von über 200 Rüden lärmte durch den Forſt.
Ehe der Tag um war, war das hohe Wild zu Tode gehetzt und
der junge Wildſtand vernichtet. Soweit die Romantik; die vier
Barfuſe aber, ſtatt ihren Clan zu den Waffen zu rufen, wurden
klagbar beim Obergericht, und als nach fünfzig oder hundert Jah-
ren der Inſtanzenzug zu Ende war, war längſt kein Barfus mehr
auf Hohen- und Nieder-Predikow.

Die Barfuſe wurden klagbar, ſtatt ihren Clan zu entbieten;
aber wir würden ſehr irren, wenn wir aus dieſem Abſtehen vom
Kampf gegen die damals ſchon feſt gegründete hohenzollernſche
Gewalt, etwa den Schluß ziehen wollten, die vier Barfuſe auf Pre-
dikow wären ſehr friedliche und ruhige Leute geweſen. Sie waren
ſo ziemlich das Gegentheil davon, was aus einer andern Geſchichte
erhellen mag.

Von den vier Brüdern waren drei, die beiden älteſten und
der jüngſte, auf ihren „Höfen“ in Predikow geblieben, während
der dritte Bruder, Valentin, in die Dienſte des Pommernherzogs
getreten und deſſen Oberjägermeiſter geworden war.

Es war um 1610, alſo acht Jahre nach der Jagd im „Blu-
menthal“, als Valentin Barfus auf Beſuch nach Predikow kam.
Es verſtand ſich von ſelbſt, daß er von ſeinen Brüdern der Reihe
nach bewirthet wurde. Der älteſte, Richard, der auf dem „rothen
Hauſe“ in Nieder-Predikow ſaß, hatte natürlich den Vorrang als
Feſtgeber und eine tüchtige Zechkumpanei, nach Sitte jener Zeit,
wurde geladen. Man trank, man jubelte, man tobte und, unglaub-
lich zu ſagen, — denn woher nahm man die Damen? — man
tanzte auch. So kam Mitternacht heran. Um Mitternacht aber
legten die Spielleute matt und müde ihre Fiedeln nieder und ſag-
ten: „Wir können nicht mehr!“ Da ſprang Nicolaus, der zweite
und wildeſte der Brüder, mitten unter ſie und ſchrie, indem er
dem Nächſten mit der Fauſt drohte: „Weiter, weiter, und wenn
der Teufel ſelber aufſpielen ſollte!“ Da erſchien der böſe Feind
auf dem Ofen, mit der Sackpfeife unterm Arm, grinste den Ni-

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[82/0094] Georgs) „mit Hund und Horn“ in die Predikowſchen Waldungen ein und das Geklaff von über 200 Rüden lärmte durch den Forſt. Ehe der Tag um war, war das hohe Wild zu Tode gehetzt und der junge Wildſtand vernichtet. Soweit die Romantik; die vier Barfuſe aber, ſtatt ihren Clan zu den Waffen zu rufen, wurden klagbar beim Obergericht, und als nach fünfzig oder hundert Jah- ren der Inſtanzenzug zu Ende war, war längſt kein Barfus mehr auf Hohen- und Nieder-Predikow. Die Barfuſe wurden klagbar, ſtatt ihren Clan zu entbieten; aber wir würden ſehr irren, wenn wir aus dieſem Abſtehen vom Kampf gegen die damals ſchon feſt gegründete hohenzollernſche Gewalt, etwa den Schluß ziehen wollten, die vier Barfuſe auf Pre- dikow wären ſehr friedliche und ruhige Leute geweſen. Sie waren ſo ziemlich das Gegentheil davon, was aus einer andern Geſchichte erhellen mag. Von den vier Brüdern waren drei, die beiden älteſten und der jüngſte, auf ihren „Höfen“ in Predikow geblieben, während der dritte Bruder, Valentin, in die Dienſte des Pommernherzogs getreten und deſſen Oberjägermeiſter geworden war. Es war um 1610, alſo acht Jahre nach der Jagd im „Blu- menthal“, als Valentin Barfus auf Beſuch nach Predikow kam. Es verſtand ſich von ſelbſt, daß er von ſeinen Brüdern der Reihe nach bewirthet wurde. Der älteſte, Richard, der auf dem „rothen Hauſe“ in Nieder-Predikow ſaß, hatte natürlich den Vorrang als Feſtgeber und eine tüchtige Zechkumpanei, nach Sitte jener Zeit, wurde geladen. Man trank, man jubelte, man tobte und, unglaub- lich zu ſagen, — denn woher nahm man die Damen? — man tanzte auch. So kam Mitternacht heran. Um Mitternacht aber legten die Spielleute matt und müde ihre Fiedeln nieder und ſag- ten: „Wir können nicht mehr!“ Da ſprang Nicolaus, der zweite und wildeſte der Brüder, mitten unter ſie und ſchrie, indem er dem Nächſten mit der Fauſt drohte: „Weiter, weiter, und wenn der Teufel ſelber aufſpielen ſollte!“ Da erſchien der böſe Feind auf dem Ofen, mit der Sackpfeife unterm Arm, grinste den Ni-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/94>, abgerufen am 23.11.2024.