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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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sehr wohl bekannt, immer nach Grundsätzen gehandelt ha-
ben
," antwortete der König mit gnädiger Verbeugung. So trennte
man sich.

"Immer nach Grundsätzen gehandelt haben" -- unter Wie-
derholung dieser königlichen Worte, die die ganze Würde und Be-
deutung dieses Mannes in einen Satz zusammenfassen, nehmen
auch wir von Marwitz Abschied. "Immer nach Grundsätzen gehan-
delt haben", das war es, was er in einer Zeit, die in ihren
Grundsätzen sehr schwankend war, vor geistig höher Begabten, vor
Weiterblickenden, namentlich wohl auch vor Glücklicheren, voraus
hatte; das war es, worin seine Bedeutung wurzelte. An Wissen,
an Talent, mochten ihm viele überlegen sein -- nicht an Charak-
ter. Nicht ein reaktionäres Wesen schuf er, nicht ein albernes Jun-
kerthum; er war es, der den Muth einer Meinung hatte, längst
ehe dieses Wort gemünzt und in Curs gekommen war. Er war
kein Reaktionär, der eifersüchtig und mißmuthig auf jeden Fort-
schritt geblickt hätte, er war nur mißtrauisch gegen das alleinige
Recht der Neuerungen, er war der Mann des Rechtsbodens, der
loyalen Opposition. Nach dieser Seite hin ihn gezeichnet, seinen
hohen Werth auch seinen politischen Gegnern dargelegt zu haben,
war der Zweck dieser Zeilen.

Am 7. December 1837 ging er aus einem Leben voll Un-
ruhe in die ewige Ruhe ein. Drei Tage später ward er neben sei-
ner ersten Gemahlin begraben. Den Sonntag darauf ward ihm
die Gedächtnißpredigt gehalten, gemäß den Anweisungen seines letz-
ten Willens. Diese Anweisungen lauteten: "Der Prediger soll mich
nicht loben wegen dessen, was ich auf Erden gethan, sondern soll
zeigen, wie das irdische Leben nur eine Vorbereitung ist zu dem
ewigen. Er kann aber sagen, daß ich gestrebt habe mein Leben lang,
die mir auferlegten Pflichten und Arbeiten treulich zu erfüllen, da-
bei mein eigenes irdisches Wohlsein für nichts achtend; er darf
das sagen, weil es wahr ist." Wohl jedem, der mit gleichem
Bewußtsein aus der Welt scheiden kann!

Ein Bild Marwitz's, eingefaßt von den Seitenbildnissen sei-

ſehr wohl bekannt, immer nach Grundſätzen gehandelt ha-
ben
,“ antwortete der König mit gnädiger Verbeugung. So trennte
man ſich.

„Immer nach Grundſätzen gehandelt haben“ — unter Wie-
derholung dieſer königlichen Worte, die die ganze Würde und Be-
deutung dieſes Mannes in einen Satz zuſammenfaſſen, nehmen
auch wir von Marwitz Abſchied. „Immer nach Grundſätzen gehan-
delt haben“, das war es, was er in einer Zeit, die in ihren
Grundſätzen ſehr ſchwankend war, vor geiſtig höher Begabten, vor
Weiterblickenden, namentlich wohl auch vor Glücklicheren, voraus
hatte; das war es, worin ſeine Bedeutung wurzelte. An Wiſſen,
an Talent, mochten ihm viele überlegen ſein — nicht an Charak-
ter. Nicht ein reaktionäres Weſen ſchuf er, nicht ein albernes Jun-
kerthum; er war es, der den Muth einer Meinung hatte, längſt
ehe dieſes Wort gemünzt und in Curs gekommen war. Er war
kein Reaktionär, der eiferſüchtig und mißmuthig auf jeden Fort-
ſchritt geblickt hätte, er war nur mißtrauiſch gegen das alleinige
Recht der Neuerungen, er war der Mann des Rechtsbodens, der
loyalen Oppoſition. Nach dieſer Seite hin ihn gezeichnet, ſeinen
hohen Werth auch ſeinen politiſchen Gegnern dargelegt zu haben,
war der Zweck dieſer Zeilen.

Am 7. December 1837 ging er aus einem Leben voll Un-
ruhe in die ewige Ruhe ein. Drei Tage ſpäter ward er neben ſei-
ner erſten Gemahlin begraben. Den Sonntag darauf ward ihm
die Gedächtnißpredigt gehalten, gemäß den Anweiſungen ſeines letz-
ten Willens. Dieſe Anweiſungen lauteten: „Der Prediger ſoll mich
nicht loben wegen deſſen, was ich auf Erden gethan, ſondern ſoll
zeigen, wie das irdiſche Leben nur eine Vorbereitung iſt zu dem
ewigen. Er kann aber ſagen, daß ich geſtrebt habe mein Leben lang,
die mir auferlegten Pflichten und Arbeiten treulich zu erfüllen, da-
bei mein eigenes irdiſches Wohlſein für nichts achtend; er darf
das ſagen, weil es wahr iſt.“ Wohl jedem, der mit gleichem
Bewußtſein aus der Welt ſcheiden kann!

Ein Bild Marwitz’s, eingefaßt von den Seitenbildniſſen ſei-

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[379/0391] ſehr wohl bekannt, immer nach Grundſätzen gehandelt ha- ben,“ antwortete der König mit gnädiger Verbeugung. So trennte man ſich. „Immer nach Grundſätzen gehandelt haben“ — unter Wie- derholung dieſer königlichen Worte, die die ganze Würde und Be- deutung dieſes Mannes in einen Satz zuſammenfaſſen, nehmen auch wir von Marwitz Abſchied. „Immer nach Grundſätzen gehan- delt haben“, das war es, was er in einer Zeit, die in ihren Grundſätzen ſehr ſchwankend war, vor geiſtig höher Begabten, vor Weiterblickenden, namentlich wohl auch vor Glücklicheren, voraus hatte; das war es, worin ſeine Bedeutung wurzelte. An Wiſſen, an Talent, mochten ihm viele überlegen ſein — nicht an Charak- ter. Nicht ein reaktionäres Weſen ſchuf er, nicht ein albernes Jun- kerthum; er war es, der den Muth einer Meinung hatte, längſt ehe dieſes Wort gemünzt und in Curs gekommen war. Er war kein Reaktionär, der eiferſüchtig und mißmuthig auf jeden Fort- ſchritt geblickt hätte, er war nur mißtrauiſch gegen das alleinige Recht der Neuerungen, er war der Mann des Rechtsbodens, der loyalen Oppoſition. Nach dieſer Seite hin ihn gezeichnet, ſeinen hohen Werth auch ſeinen politiſchen Gegnern dargelegt zu haben, war der Zweck dieſer Zeilen. Am 7. December 1837 ging er aus einem Leben voll Un- ruhe in die ewige Ruhe ein. Drei Tage ſpäter ward er neben ſei- ner erſten Gemahlin begraben. Den Sonntag darauf ward ihm die Gedächtnißpredigt gehalten, gemäß den Anweiſungen ſeines letz- ten Willens. Dieſe Anweiſungen lauteten: „Der Prediger ſoll mich nicht loben wegen deſſen, was ich auf Erden gethan, ſondern ſoll zeigen, wie das irdiſche Leben nur eine Vorbereitung iſt zu dem ewigen. Er kann aber ſagen, daß ich geſtrebt habe mein Leben lang, die mir auferlegten Pflichten und Arbeiten treulich zu erfüllen, da- bei mein eigenes irdiſches Wohlſein für nichts achtend; er darf das ſagen, weil es wahr iſt.“ Wohl jedem, der mit gleichem Bewußtſein aus der Welt ſcheiden kann! Ein Bild Marwitz’s, eingefaßt von den Seitenbildniſſen ſei-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/391>, abgerufen am 22.11.2024.