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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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wenn nicht die Kavalleriebrigade, deren Commando er hatte, ihre
Garnisonen in den Nachbarstädten des Lebusischen Kreises gehabt
hätte, so daß es ihm möglich wurde, von Friedersdorf aus die
dienstlichen Geschäfte zu leiten. Zu gleicher Zeit blieb er ein schar-
fer Beobachter der politischen Vorgänge, immer bereit, mit Wort
und Schrift einzugreifen, wo es nöthig war, im Dienst der con-
servativen Sache (zumal gegen Hardenberg) ein Zeugniß abzu-
legen.

Zehn Jahre lang führte er die Brigade. 1827, als ihn der
Zusammentritt des brandenburgischen Landtags nach Berlin führte,
dem er als Vertreter des erkrankten Landtagmarschalls zu präsidi-
ren hatte, wurde ihm die Division in Breslau an Stelle der bis-
her commandirten Brigade angeboten. Nach kurzem Schwanken
lehnte er das Anerbieten ab. Er war müde geworden im Dienst,
an Aergernissen hatte es nicht gefehlt, was aber den Ausschlag
gab, war die Erwägung, daß die Uebernahme eines fast vierzig
Meilen von Friedersdorf entlegenen Commandos ein längeres
Verweilen in seiner "Väter Schloß" unmöglich gemacht haben
würde. So forderte er den Abschied und erhielt ihn. Der König
ließ ihn rufen, um ihm ein Abschiedswort zu sagen. Es war eine
Begegnung voll tiefpoetischen Gehalts. Der alte märkische Edel-
mann, der, wie kaum ein anderer vor ihm, sein eigenes Recht
neben dem königlichen Recht von Gottes Gnaden zu behaupten ge-
wagt hatte, trat jetzt am Ende seines Lebens vor seinen König
hin, den er immer geliebt und verehrt und doch in entscheidenden
Momenten des staatlichen Lebens aus der Ueberzeugung seines
Herzens heraus bekämpft hatte.

Es war im Potsdamer Schlosse. Der König, der von seinem
Beinbruche kaum wieder hergestellt war, ging ihm durch den hal-
ben Saal entgegen, reichte ihm fest die Hand und sagte dann laut,
in Gegenwart aller Umstehenden: "Mir sehr leid gethan, einen so
ausgezeichneten General zu verlieren." Marwitz, leise den Punkt
berührend, wo Herr und Diener auseinander gegangen waren,
antwortete mit der Versicherung unverbrüchlicher Loyalität. "Mir

wenn nicht die Kavalleriebrigade, deren Commando er hatte, ihre
Garniſonen in den Nachbarſtädten des Lebuſiſchen Kreiſes gehabt
hätte, ſo daß es ihm möglich wurde, von Friedersdorf aus die
dienſtlichen Geſchäfte zu leiten. Zu gleicher Zeit blieb er ein ſchar-
fer Beobachter der politiſchen Vorgänge, immer bereit, mit Wort
und Schrift einzugreifen, wo es nöthig war, im Dienſt der con-
ſervativen Sache (zumal gegen Hardenberg) ein Zeugniß abzu-
legen.

Zehn Jahre lang führte er die Brigade. 1827, als ihn der
Zuſammentritt des brandenburgiſchen Landtags nach Berlin führte,
dem er als Vertreter des erkrankten Landtagmarſchalls zu präſidi-
ren hatte, wurde ihm die Diviſion in Breslau an Stelle der bis-
her commandirten Brigade angeboten. Nach kurzem Schwanken
lehnte er das Anerbieten ab. Er war müde geworden im Dienſt,
an Aergerniſſen hatte es nicht gefehlt, was aber den Ausſchlag
gab, war die Erwägung, daß die Uebernahme eines faſt vierzig
Meilen von Friedersdorf entlegenen Commandos ein längeres
Verweilen in ſeiner „Väter Schloß“ unmöglich gemacht haben
würde. So forderte er den Abſchied und erhielt ihn. Der König
ließ ihn rufen, um ihm ein Abſchiedswort zu ſagen. Es war eine
Begegnung voll tiefpoetiſchen Gehalts. Der alte märkiſche Edel-
mann, der, wie kaum ein anderer vor ihm, ſein eigenes Recht
neben dem königlichen Recht von Gottes Gnaden zu behaupten ge-
wagt hatte, trat jetzt am Ende ſeines Lebens vor ſeinen König
hin, den er immer geliebt und verehrt und doch in entſcheidenden
Momenten des ſtaatlichen Lebens aus der Ueberzeugung ſeines
Herzens heraus bekämpft hatte.

Es war im Potsdamer Schloſſe. Der König, der von ſeinem
Beinbruche kaum wieder hergeſtellt war, ging ihm durch den hal-
ben Saal entgegen, reichte ihm feſt die Hand und ſagte dann laut,
in Gegenwart aller Umſtehenden: „Mir ſehr leid gethan, einen ſo
ausgezeichneten General zu verlieren.“ Marwitz, leiſe den Punkt
berührend, wo Herr und Diener auseinander gegangen waren,
antwortete mit der Verſicherung unverbrüchlicher Loyalität. „Mir

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[378/0390] wenn nicht die Kavalleriebrigade, deren Commando er hatte, ihre Garniſonen in den Nachbarſtädten des Lebuſiſchen Kreiſes gehabt hätte, ſo daß es ihm möglich wurde, von Friedersdorf aus die dienſtlichen Geſchäfte zu leiten. Zu gleicher Zeit blieb er ein ſchar- fer Beobachter der politiſchen Vorgänge, immer bereit, mit Wort und Schrift einzugreifen, wo es nöthig war, im Dienſt der con- ſervativen Sache (zumal gegen Hardenberg) ein Zeugniß abzu- legen. Zehn Jahre lang führte er die Brigade. 1827, als ihn der Zuſammentritt des brandenburgiſchen Landtags nach Berlin führte, dem er als Vertreter des erkrankten Landtagmarſchalls zu präſidi- ren hatte, wurde ihm die Diviſion in Breslau an Stelle der bis- her commandirten Brigade angeboten. Nach kurzem Schwanken lehnte er das Anerbieten ab. Er war müde geworden im Dienſt, an Aergerniſſen hatte es nicht gefehlt, was aber den Ausſchlag gab, war die Erwägung, daß die Uebernahme eines faſt vierzig Meilen von Friedersdorf entlegenen Commandos ein längeres Verweilen in ſeiner „Väter Schloß“ unmöglich gemacht haben würde. So forderte er den Abſchied und erhielt ihn. Der König ließ ihn rufen, um ihm ein Abſchiedswort zu ſagen. Es war eine Begegnung voll tiefpoetiſchen Gehalts. Der alte märkiſche Edel- mann, der, wie kaum ein anderer vor ihm, ſein eigenes Recht neben dem königlichen Recht von Gottes Gnaden zu behaupten ge- wagt hatte, trat jetzt am Ende ſeines Lebens vor ſeinen König hin, den er immer geliebt und verehrt und doch in entſcheidenden Momenten des ſtaatlichen Lebens aus der Ueberzeugung ſeines Herzens heraus bekämpft hatte. Es war im Potsdamer Schloſſe. Der König, der von ſeinem Beinbruche kaum wieder hergeſtellt war, ging ihm durch den hal- ben Saal entgegen, reichte ihm feſt die Hand und ſagte dann laut, in Gegenwart aller Umſtehenden: „Mir ſehr leid gethan, einen ſo ausgezeichneten General zu verlieren.“ Marwitz, leiſe den Punkt berührend, wo Herr und Diener auseinander gegangen waren, antwortete mit der Verſicherung unverbrüchlicher Loyalität. „Mir

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/390>, abgerufen am 23.11.2024.