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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Bilder, deren Farbenfrische den Sieg über den kalten Marmor
und die kalte Symbolik davon trägt. Der Saturn wird zum ge-
müthlichen Alten, wenn er ein Medaillonbild in Händen hält, das
in allen Farben des Lebens lacht.

Unter solchen Betrachtungen sind wir das Kirchenschiff hin-
aufgeschritten und stehen am Altar. Zur Linken erblicken wir nun-
mehr das Steinbild des alten Paladin, das zunächst Veranlassung
zu unserem Kirchenbesuche gab. Neben ihm, in gleicher Höhe und
Größe, ist das Reliefbild seiner Gemahlin, einer geborenen von
Schlieben, in den Wandpfeiler eingelassen. Beide Grabsteine lagen
früher an anderer Stelle, unmittelbar über der Gruft, und erst
bei Renovirung der Kirche hat man sie aufgerichtet und ihnen den
Ehrenplatz neben dem Altar gegeben. Vergleicht man dieses Stein-
bild des alten Goertzke mit seinem Oelporträt in der Halle, so
bemerkt man allerdings Verschiedenheiten. Der Klumpfuß und die
Krücke zeigen sich auch hier, eben so tritt einem etwas typisch
Märkisches im Ausdruck des Kopfes entgegen, aber hiemit sind die
Aehnlichkeiten erschöpft. Wohlwollen, Heiterkeit, Bonhommie nehmen
die Stelle des Herben und Martialischen ein, die unverkennbar
aus dem Oelbild sprechen. Der Kopf der jungen, schönen Frau
(der er sich erst spät vermählte und die er nur kurze Zeit besaß)
ist überaus ansprechend und man muß erstaunen, daß es einem
Steinmetzen jener Zeit glücken konnte, ein so liebliches Gesicht her-
auszumeißeln. Das Charakteristische findet sich immer früher als
das Schöne, das hier bereits in deutlichen Anfängen zu uns spricht.

Wir sind in die Mitte des Kirchenschiffs zurückgetreten, halten
Umschau und bemerken jetzt, daß das Bild des alten Goertzke nur
ein Gast in dieser Kirche ist, ein vornehmer Gast zwar, dem man
den Ehrenplatz neben dem Altar gegeben, aber doch immer nur ein
Gast. Andere sind hier jetzt zu Haus; den Marwitzen gehört das
Feld. Vier Generationen sprechen zu uns; zur Rechten Gestalten
und Inschriften, die der Epoche vor dem siebenjährigen Kriege
angehören, zur Linken die Namen und Bildnisse derer, die seitdem
gekommen und gegangen sind. Da sind zunächst (zur Rechten) die

Bilder, deren Farbenfriſche den Sieg über den kalten Marmor
und die kalte Symbolik davon trägt. Der Saturn wird zum ge-
müthlichen Alten, wenn er ein Medaillonbild in Händen hält, das
in allen Farben des Lebens lacht.

Unter ſolchen Betrachtungen ſind wir das Kirchenſchiff hin-
aufgeſchritten und ſtehen am Altar. Zur Linken erblicken wir nun-
mehr das Steinbild des alten Paladin, das zunächſt Veranlaſſung
zu unſerem Kirchenbeſuche gab. Neben ihm, in gleicher Höhe und
Größe, iſt das Reliefbild ſeiner Gemahlin, einer geborenen von
Schlieben, in den Wandpfeiler eingelaſſen. Beide Grabſteine lagen
früher an anderer Stelle, unmittelbar über der Gruft, und erſt
bei Renovirung der Kirche hat man ſie aufgerichtet und ihnen den
Ehrenplatz neben dem Altar gegeben. Vergleicht man dieſes Stein-
bild des alten Goertzke mit ſeinem Oelporträt in der Halle, ſo
bemerkt man allerdings Verſchiedenheiten. Der Klumpfuß und die
Krücke zeigen ſich auch hier, eben ſo tritt einem etwas typiſch
Märkiſches im Ausdruck des Kopfes entgegen, aber hiemit ſind die
Aehnlichkeiten erſchöpft. Wohlwollen, Heiterkeit, Bonhommie nehmen
die Stelle des Herben und Martialiſchen ein, die unverkennbar
aus dem Oelbild ſprechen. Der Kopf der jungen, ſchönen Frau
(der er ſich erſt ſpät vermählte und die er nur kurze Zeit beſaß)
iſt überaus anſprechend und man muß erſtaunen, daß es einem
Steinmetzen jener Zeit glücken konnte, ein ſo liebliches Geſicht her-
auszumeißeln. Das Charakteriſtiſche findet ſich immer früher als
das Schöne, das hier bereits in deutlichen Anfängen zu uns ſpricht.

Wir ſind in die Mitte des Kirchenſchiffs zurückgetreten, halten
Umſchau und bemerken jetzt, daß das Bild des alten Goertzke nur
ein Gaſt in dieſer Kirche iſt, ein vornehmer Gaſt zwar, dem man
den Ehrenplatz neben dem Altar gegeben, aber doch immer nur ein
Gaſt. Andere ſind hier jetzt zu Haus; den Marwitzen gehört das
Feld. Vier Generationen ſprechen zu uns; zur Rechten Geſtalten
und Inſchriften, die der Epoche vor dem ſiebenjährigen Kriege
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[351/0363] Bilder, deren Farbenfriſche den Sieg über den kalten Marmor und die kalte Symbolik davon trägt. Der Saturn wird zum ge- müthlichen Alten, wenn er ein Medaillonbild in Händen hält, das in allen Farben des Lebens lacht. Unter ſolchen Betrachtungen ſind wir das Kirchenſchiff hin- aufgeſchritten und ſtehen am Altar. Zur Linken erblicken wir nun- mehr das Steinbild des alten Paladin, das zunächſt Veranlaſſung zu unſerem Kirchenbeſuche gab. Neben ihm, in gleicher Höhe und Größe, iſt das Reliefbild ſeiner Gemahlin, einer geborenen von Schlieben, in den Wandpfeiler eingelaſſen. Beide Grabſteine lagen früher an anderer Stelle, unmittelbar über der Gruft, und erſt bei Renovirung der Kirche hat man ſie aufgerichtet und ihnen den Ehrenplatz neben dem Altar gegeben. Vergleicht man dieſes Stein- bild des alten Goertzke mit ſeinem Oelporträt in der Halle, ſo bemerkt man allerdings Verſchiedenheiten. Der Klumpfuß und die Krücke zeigen ſich auch hier, eben ſo tritt einem etwas typiſch Märkiſches im Ausdruck des Kopfes entgegen, aber hiemit ſind die Aehnlichkeiten erſchöpft. Wohlwollen, Heiterkeit, Bonhommie nehmen die Stelle des Herben und Martialiſchen ein, die unverkennbar aus dem Oelbild ſprechen. Der Kopf der jungen, ſchönen Frau (der er ſich erſt ſpät vermählte und die er nur kurze Zeit beſaß) iſt überaus anſprechend und man muß erſtaunen, daß es einem Steinmetzen jener Zeit glücken konnte, ein ſo liebliches Geſicht her- auszumeißeln. Das Charakteriſtiſche findet ſich immer früher als das Schöne, das hier bereits in deutlichen Anfängen zu uns ſpricht. Wir ſind in die Mitte des Kirchenſchiffs zurückgetreten, halten Umſchau und bemerken jetzt, daß das Bild des alten Goertzke nur ein Gaſt in dieſer Kirche iſt, ein vornehmer Gaſt zwar, dem man den Ehrenplatz neben dem Altar gegeben, aber doch immer nur ein Gaſt. Andere ſind hier jetzt zu Haus; den Marwitzen gehört das Feld. Vier Generationen ſprechen zu uns; zur Rechten Geſtalten und Inſchriften, die der Epoche vor dem ſiebenjährigen Kriege angehören, zur Linken die Namen und Bildniſſe derer, die ſeitdem gekommen und gegangen ſind. Da ſind zunächſt (zur Rechten) die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/363>, abgerufen am 25.11.2024.