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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Bildnisse Hans Georgs und seiner beiden Frauen, Medaillonpor-
träts, wo die feinen, halb träumerischen, halb wehmuthsvollen
Züge der einen, das Auge des Beschauers zu suchen scheinen und
fesselnd aus dem weißen Kopftuche hervorlugen. Da sind, an der-
selben Seite, die Monumente und Bildnisse seiner beiden Söhne,
von denen der eine, voll Eifer für die Wissenschaften, jung und
unvermählt verstarb, während der andere (August Gebhardt) in die
Armee trat und als Gardecapitän den Dienst quittirend, seine Tage
auf Friedersdorf beschloß.

Von diesem August Gebhardt v. d. Marwitz, dem Urgroß-
vater des gegenwärtigen Besitzers, existiren noch ein paar Ueber-
lieferungen, die hier Platz finden mögen, weil sie ein anschauliches
Bild von dem Leben geben, das ein märkischer Edelmann vor den
Tagen des siebenjährigen Krieges zu führen pflegte.

August Gebhardt lebte noch völlig als Patriarch. Die Bauern
fürchteten sein grimmiges Ansehen und vermieden ihn lieber, als
daß sie ihn suchten. Er war etwa der "Soldatenkönig im Kleinen"
und das bekannte "lieben sollt ihr mich" wurde auch hier mit dem
spanischen Rohr auf die Rücken geschrieben. Von besonderer Wich-
tigkeit war der sonntägliche Kirchgang. In vollem Staat, gefolgt
von Frau und Kindern, erschien dann der alte Gardecapitän auf
seinem Chor und theilte seine Aufmerksamkeit zwischen dem Predi-
ger und der Gemeine. Sein controlirender Blick war über dem
Ganzen. Ein eigens bestallter Kirchenvogt mußte aufmerken, wer
von den Bauern ausgeblieben war, von denen jeder, der ohne
triftige Ursache fehlte, an seinem Beutel oder seinem Leibe bestraft
wurde. Dabei war August Gebhardt ein Lebemann. Sein Haus
stand gastlich offen und in heiterer Gesellschaft vergingen die Tage.
Man aß von silbernem Geschirr und eine zahlreiche Dienerschaft
wartete auf. Der Sommer gehörte dem Leben auf dem Lande,
aber der Winter rief alles nach Berlin. In einem mit sechs Heng-
sten bespannten Wagen brach man auf und ein Läufer in voller
Livree lief vor dem Zuge her. Auch in Berlin machte August
Gebhardt ein Haus; vornehme Gesellschaft ging aus und ein, an-

Bildniſſe Hans Georgs und ſeiner beiden Frauen, Medaillonpor-
träts, wo die feinen, halb träumeriſchen, halb wehmuthsvollen
Züge der einen, das Auge des Beſchauers zu ſuchen ſcheinen und
feſſelnd aus dem weißen Kopftuche hervorlugen. Da ſind, an der-
ſelben Seite, die Monumente und Bildniſſe ſeiner beiden Söhne,
von denen der eine, voll Eifer für die Wiſſenſchaften, jung und
unvermählt verſtarb, während der andere (Auguſt Gebhardt) in die
Armee trat und als Gardecapitän den Dienſt quittirend, ſeine Tage
auf Friedersdorf beſchloß.

Von dieſem Auguſt Gebhardt v. d. Marwitz, dem Urgroß-
vater des gegenwärtigen Beſitzers, exiſtiren noch ein paar Ueber-
lieferungen, die hier Platz finden mögen, weil ſie ein anſchauliches
Bild von dem Leben geben, das ein märkiſcher Edelmann vor den
Tagen des ſiebenjährigen Krieges zu führen pflegte.

Auguſt Gebhardt lebte noch völlig als Patriarch. Die Bauern
fürchteten ſein grimmiges Anſehen und vermieden ihn lieber, als
daß ſie ihn ſuchten. Er war etwa der „Soldatenkönig im Kleinen“
und das bekannte „lieben ſollt ihr mich“ wurde auch hier mit dem
ſpaniſchen Rohr auf die Rücken geſchrieben. Von beſonderer Wich-
tigkeit war der ſonntägliche Kirchgang. In vollem Staat, gefolgt
von Frau und Kindern, erſchien dann der alte Gardecapitän auf
ſeinem Chor und theilte ſeine Aufmerkſamkeit zwiſchen dem Predi-
ger und der Gemeine. Sein controlirender Blick war über dem
Ganzen. Ein eigens beſtallter Kirchenvogt mußte aufmerken, wer
von den Bauern ausgeblieben war, von denen jeder, der ohne
triftige Urſache fehlte, an ſeinem Beutel oder ſeinem Leibe beſtraft
wurde. Dabei war Auguſt Gebhardt ein Lebemann. Sein Haus
ſtand gaſtlich offen und in heiterer Geſellſchaft vergingen die Tage.
Man aß von ſilbernem Geſchirr und eine zahlreiche Dienerſchaft
wartete auf. Der Sommer gehörte dem Leben auf dem Lande,
aber der Winter rief alles nach Berlin. In einem mit ſechs Heng-
ſten beſpannten Wagen brach man auf und ein Läufer in voller
Livrée lief vor dem Zuge her. Auch in Berlin machte Auguſt
Gebhardt ein Haus; vornehme Geſellſchaft ging aus und ein, an-

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[352/0364] Bildniſſe Hans Georgs und ſeiner beiden Frauen, Medaillonpor- träts, wo die feinen, halb träumeriſchen, halb wehmuthsvollen Züge der einen, das Auge des Beſchauers zu ſuchen ſcheinen und feſſelnd aus dem weißen Kopftuche hervorlugen. Da ſind, an der- ſelben Seite, die Monumente und Bildniſſe ſeiner beiden Söhne, von denen der eine, voll Eifer für die Wiſſenſchaften, jung und unvermählt verſtarb, während der andere (Auguſt Gebhardt) in die Armee trat und als Gardecapitän den Dienſt quittirend, ſeine Tage auf Friedersdorf beſchloß. Von dieſem Auguſt Gebhardt v. d. Marwitz, dem Urgroß- vater des gegenwärtigen Beſitzers, exiſtiren noch ein paar Ueber- lieferungen, die hier Platz finden mögen, weil ſie ein anſchauliches Bild von dem Leben geben, das ein märkiſcher Edelmann vor den Tagen des ſiebenjährigen Krieges zu führen pflegte. Auguſt Gebhardt lebte noch völlig als Patriarch. Die Bauern fürchteten ſein grimmiges Anſehen und vermieden ihn lieber, als daß ſie ihn ſuchten. Er war etwa der „Soldatenkönig im Kleinen“ und das bekannte „lieben ſollt ihr mich“ wurde auch hier mit dem ſpaniſchen Rohr auf die Rücken geſchrieben. Von beſonderer Wich- tigkeit war der ſonntägliche Kirchgang. In vollem Staat, gefolgt von Frau und Kindern, erſchien dann der alte Gardecapitän auf ſeinem Chor und theilte ſeine Aufmerkſamkeit zwiſchen dem Predi- ger und der Gemeine. Sein controlirender Blick war über dem Ganzen. Ein eigens beſtallter Kirchenvogt mußte aufmerken, wer von den Bauern ausgeblieben war, von denen jeder, der ohne triftige Urſache fehlte, an ſeinem Beutel oder ſeinem Leibe beſtraft wurde. Dabei war Auguſt Gebhardt ein Lebemann. Sein Haus ſtand gaſtlich offen und in heiterer Geſellſchaft vergingen die Tage. Man aß von ſilbernem Geſchirr und eine zahlreiche Dienerſchaft wartete auf. Der Sommer gehörte dem Leben auf dem Lande, aber der Winter rief alles nach Berlin. In einem mit ſechs Heng- ſten beſpannten Wagen brach man auf und ein Läufer in voller Livrée lief vor dem Zuge her. Auch in Berlin machte Auguſt Gebhardt ein Haus; vornehme Geſellſchaft ging aus und ein, an-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/364>, abgerufen am 22.11.2024.