die Sonne brennt, -- erinnert uns an das hübsche Wort von der Peterskirche, "daß sie Winters und Sommers, unwandelbar wie die Kirche selber, eine immer gleiche Temperatur habe."
Unser Cicerone sprach aber auch die Worte: "keine Treppe und keine Küche." Auch damit hat es seine Richtigkeit, wenigstens sicherlich mit Rücksicht auf die Küche. (Neuerdings geändert.) Was die Treppe angeht, so befindet sich dieselbe bis diesen Tag in einem eignen, von außen angebauten Treppenhause, von dem allerdings die Sage geht, daß es Anfangs nicht vorhanden war, da der alte Arendt Sparr, nach Art ähnlicher Sagenväter, den Zutritt zu sei- ner schönen Tochter durchaus unmöglich machen wollte. Erst nach- dem der Eintritt der bekannten Erscheinungen unsren alten Spar- renvater, wie so manchen Vater vor und nach ihm, von der Un- möglichkeit solcher Isolirung, resp. von der Vergeblichkeit aller sei- ner Anstrengungen überzeugt hatte, entschloß er sich reumüthig, dem Hause das zu geben, was es bis dahin nicht gehabt hatte -- eine Treppe. So entstand (laut Sage) das angeklebte Trep- penhaus.
Das Schloß, wie seine Inschrift besagt, wurde 1567 gebaut, und 1580 renovirt. Ich vermuthe indeß, wie schon angedeutet, daß diese letztere Zahl etwa 1650 heißen muß. Jedenfalls haben sehr bald nach dem 30jährigen Kriege Renovirungen stattfinden müssen, da, während des Krieges, wie Bekmann berichtet, die Seitengebäude des Schlosses durch den schwedischen General von Dewitz eingeäschert wurden. Natürlich mußte das Schloß selbst bei dieser Einäscherung mit gelitten haben. Wie immer dem sei, die Grundanlage des Schlosses ist seit den Tagen Christophs und Arendts von Sparr unverändert dieselbe geblieben; nur die Einrichtung und Bemalung der Zimmer ist aus späterer Zeit, klei- neren Theils aus der Groebenschen Epoche (siehe die Anmerkun- gen), größtentheils aus der Zeit der Familie Splittgerber, die Lichterfelde von 1760 bis zu Anfang dieses Jahrhunderts besaß.
Wir kehren nun zu der schon im Vorübergehen berührten Frage zurück, wurde unser Otto Christoph von Sparr im Schloß
die Sonne brennt, — erinnert uns an das hübſche Wort von der Peterskirche, „daß ſie Winters und Sommers, unwandelbar wie die Kirche ſelber, eine immer gleiche Temperatur habe.“
Unſer Cicerone ſprach aber auch die Worte: „keine Treppe und keine Küche.“ Auch damit hat es ſeine Richtigkeit, wenigſtens ſicherlich mit Rückſicht auf die Küche. (Neuerdings geändert.) Was die Treppe angeht, ſo befindet ſich dieſelbe bis dieſen Tag in einem eignen, von außen angebauten Treppenhauſe, von dem allerdings die Sage geht, daß es Anfangs nicht vorhanden war, da der alte Arendt Sparr, nach Art ähnlicher Sagenväter, den Zutritt zu ſei- ner ſchönen Tochter durchaus unmöglich machen wollte. Erſt nach- dem der Eintritt der bekannten Erſcheinungen unſren alten Spar- renvater, wie ſo manchen Vater vor und nach ihm, von der Un- möglichkeit ſolcher Iſolirung, reſp. von der Vergeblichkeit aller ſei- ner Anſtrengungen überzeugt hatte, entſchloß er ſich reumüthig, dem Hauſe das zu geben, was es bis dahin nicht gehabt hatte — eine Treppe. So entſtand (laut Sage) das angeklebte Trep- penhaus.
Das Schloß, wie ſeine Inſchrift beſagt, wurde 1567 gebaut, und 1580 renovirt. Ich vermuthe indeß, wie ſchon angedeutet, daß dieſe letztere Zahl etwa 1650 heißen muß. Jedenfalls haben ſehr bald nach dem 30jährigen Kriege Renovirungen ſtattfinden müſſen, da, während des Krieges, wie Bekmann berichtet, die Seitengebäude des Schloſſes durch den ſchwediſchen General von Dewitz eingeäſchert wurden. Natürlich mußte das Schloß ſelbſt bei dieſer Einäſcherung mit gelitten haben. Wie immer dem ſei, die Grundanlage des Schloſſes iſt ſeit den Tagen Chriſtophs und Arendts von Sparr unverändert dieſelbe geblieben; nur die Einrichtung und Bemalung der Zimmer iſt aus ſpäterer Zeit, klei- neren Theils aus der Groebenſchen Epoche (ſiehe die Anmerkun- gen), größtentheils aus der Zeit der Familie Splittgerber, die Lichterfelde von 1760 bis zu Anfang dieſes Jahrhunderts beſaß.
Wir kehren nun zu der ſchon im Vorübergehen berührten Frage zurück, wurde unſer Otto Chriſtoph von Sparr im Schloß
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die Sonne brennt, — erinnert uns an das hübſche Wort von
der Peterskirche, „daß ſie Winters und Sommers, unwandelbar
wie die Kirche ſelber, eine immer gleiche Temperatur habe.“
Unſer Cicerone ſprach aber auch die Worte: „keine Treppe
und keine Küche.“ Auch damit hat es ſeine Richtigkeit, wenigſtens
ſicherlich mit Rückſicht auf die Küche. (Neuerdings geändert.) Was
die Treppe angeht, ſo befindet ſich dieſelbe bis dieſen Tag in einem
eignen, von außen angebauten Treppenhauſe, von dem allerdings
die Sage geht, daß es Anfangs nicht vorhanden war, da der alte
Arendt Sparr, nach Art ähnlicher Sagenväter, den Zutritt zu ſei-
ner ſchönen Tochter durchaus unmöglich machen wollte. Erſt nach-
dem der Eintritt der bekannten Erſcheinungen unſren alten Spar-
renvater, wie ſo manchen Vater vor und nach ihm, von der Un-
möglichkeit ſolcher Iſolirung, reſp. von der Vergeblichkeit aller ſei-
ner Anſtrengungen überzeugt hatte, entſchloß er ſich reumüthig,
dem Hauſe das zu geben, was es bis dahin nicht gehabt hatte —
eine Treppe. So entſtand (laut Sage) das angeklebte Trep-
penhaus.
Das Schloß, wie ſeine Inſchrift beſagt, wurde 1567 gebaut,
und 1580 renovirt. Ich vermuthe indeß, wie ſchon angedeutet,
daß dieſe letztere Zahl etwa 1650 heißen muß. Jedenfalls haben
ſehr bald nach dem 30jährigen Kriege Renovirungen ſtattfinden
müſſen, da, während des Krieges, wie Bekmann berichtet, die
Seitengebäude des Schloſſes durch den ſchwediſchen General von
Dewitz eingeäſchert wurden. Natürlich mußte das Schloß ſelbſt bei
dieſer Einäſcherung mit gelitten haben. Wie immer dem ſei, die
Grundanlage des Schloſſes iſt ſeit den Tagen Chriſtophs
und Arendts von Sparr unverändert dieſelbe geblieben; nur die
Einrichtung und Bemalung der Zimmer iſt aus ſpäterer Zeit, klei-
neren Theils aus der Groebenſchen Epoche (ſiehe die Anmerkun-
gen), größtentheils aus der Zeit der Familie Splittgerber, die
Lichterfelde von 1760 bis zu Anfang dieſes Jahrhunderts beſaß.
Wir kehren nun zu der ſchon im Vorübergehen berührten
Frage zurück, wurde unſer Otto Chriſtoph von Sparr im Schloß
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/346>, abgerufen am 22.11.2024.
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