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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
[Spaltenumbruch] umb den Hunden zu recht überantwor-
tet wird; Und damit er nicht umbkehren
möge, müssen zu beyden Seiten die an-
dern secundiren, damit sie acht haben,
daß der Hirsch nicht abspringe, einen an-
dern frischen Hirsch auftreibe, und sich
an dessen Stelle drücke, oder unter die
andern melire. Die Jagd-Pagen, Ober-
Hunde-Knecht, und alle diejenigen Vo-
luntairs,
sollen der Jagd folgen, und die
zurückbleibende langsame Hunde samm-
len, und zum Hauffen bringen helffen.
Auch sollen die zu Pferd, da sie über ei-
nen Weg kommen, worüber der Hirsch
passiret, die Gefährde genau betrachten,
und im Jagen die Augen allzeit nach
dem Boden richten, ob es auch noch
würcklich ihr ersterer Hirsch sey, sich des-
sen im Nothfall zu bedienen, und die
Hunde, daferne sie an den unrechten ge-
rathen wären, wiederumb an den vo-
rigten zu bringen, wodurch sie endlich
mercken, daß sie unrecht gewesen, und
den vorigten Fehler mit desto grösserer
Begierde gern verbessern wollen. Wann
nun die erstern abgelassenen Hunde nach
der Relais oder Vorlage kommen, und
bereits müde worden, der Hirsch aber
dennoch vorbey passiret, müssen sodann
von der Relais sowohl frische Hunde,
doch nicht sogleich anfänglich, sondern in
etwas hernach gelassen werden, damit sie
gleichfalls den Geruch des Hirsches sich
wohl imprimiren, und dem Hirsch nach-
jagen können: Der Piqueur muß aber
auch ein frisches Pferd ergreiffen, und
den Hirsch ferner zu forciren, begierich,
doch bedachtsam nacheylen. Es sollen
auch nur allein diejenigen, so nahe hinter
denen erstern Hunden reithen, umb sie
damit zu encouragiren, blasen; Die letz-
tern aber, oder die auf der Relais, ob sie
auch schon den Hirsch ansichtig würden,
sollen nicht blasen, dann dieses Alarm die
Hunde nur confundiren würde. Wann
nun der Hirsch an einen fliessenden
Strohm käme, muß der Jäger genau
observiren, ob er würcklich hindurch oder
daran auffwärths oder Unterwärths
gesetzet habe, und wo er eigendlich seinen
Kopff hingewendet, alsdann sofort ne-
ben dem Wasser lang reithen, die Hun-
de mit Blasen und Schreyen herbey ruf-
fen, und ihnen weisen, und laut zuschrey-
en, daß der Hirsch ins Wasser gesetzet,
welches er etwan an denen am Ufer han-
genden Zweigen, Schilff, oder Graß,
Holtz, oder einem Stein, ob solches alles
[Spaltenumbruch] trocken oder naß besprietzet worden,
wahrnehmen kan: Die andern zu Pferde
reithen zu beyden Seithen des Wassers,
doch nicht zu nahe am Ufer, weil der aus-
gesprengte Hirsch auf 10. biß 12. Schritt
lang mit seiner nassen Klaue keinen Ge-
ruch in seiner Gefährd lassen kan. Wann
der Hirsch etwan in einen Teich oder See
gesprungen, müssen die Hunde ja nicht
zu ihm hinein gelassen werden, denn er
dieselben entweder mit dem Gehörn stos-
sen, oder mit den Läufften schlagen mög-
te, davon die Hunde blöde, und gäntzlich
verderben würden, sondern, weil er vor
Müdigkeit seine Retirade zum Wasser
genommen, muß ihm lieber darinnen
Zeit gelassen werden, biß er wieder von sich
selbst heraus gehe, auch hierdurch den er-
hitzten Leib, Flächse, Nerven und Adern,
schädlich erkältet, und davon verschlagen
hat, oder steiff geworden, da man dann
ihm desto besser, wann er wieder heraus
gegangen, seinen Vorgrieff wieder neh-
men, und ferner jagen, auch, weil er,
wie gedacht, steiff, und zur fernern Flucht
untüchtig geworden, gar leicht vollends
forciret, und gestürtzet werden kan.
Wann ihn nun die Hunde gegriffen, o-
der an einem Graben, Hecke oder derglei-
chen ständig gemachet, muß der Jäger
herzu reithen, ihm mit dem Hirsch-Fän-
ger von der Seite nach dem Hertzen den
Fang zu geben, welches gebräuchlich, und,
wenn er noch Kolben hat, auch practica-
b
el ist; Jm Fall er aber das Gehörn
vollkommen hat, und Gefahr zu besor-
gen, muß denen Hunden anzugreif-
fen, und niederzuziehen zugeschrien,
oder die Flächsen der Hintern-Käulen, die
so genannte Hessen abgehauen werden,
damit er sich nicht stellen, und stossen kön-
ne. Wann der Hirsch todt, muß es mit
dem Blasen ins Horn kund gemachet,
der Halß und Gurgel geöffnet, und de-
nen jungen Hunden also warm ihr Ge-
nüß gegeben werden; Jndessen löset
man des Hirsches rechten Vorder-Laufft
ab, dergestalt, daß man die Haut erstlich
ablöset, hernach zwischen der grossen
Flächse und Klaue einen halben Fuß
auffschlitzet; Darnach sondert man die
Haut von der Röhre biß an das unter-
ste Gelencke, wo die Ober-Klauen sind,
ab, schneidet die Haut drey Finger breit
auff, daß man die Hand durchstecken
kan, löset das Gelencke vom Lauffe ab,
und überreichet solches dem Ober-Jäger-
Meister, oder Commandeur der Jagd,

der

Fuͤnffter Theil/
[Spaltenumbruch] umb den Hunden zu recht uͤberantwor-
tet wird; Und damit er nicht umbkehren
moͤge, muͤſſen zu beyden Seiten die an-
dern ſecundiren, damit ſie acht haben,
daß der Hirſch nicht abſpringe, einen an-
dern friſchen Hirſch auftreibe, und ſich
an deſſen Stelle druͤcke, oder unter die
andern melire. Die Jagd-Pagen, Ober-
Hunde-Knecht, und alle diejenigen Vo-
luntairs,
ſollen der Jagd folgen, und die
zuruͤckbleibende langſame Hunde ſamm-
len, und zum Hauffen bringen helffen.
Auch ſollen die zu Pferd, da ſie uͤber ei-
nen Weg kommen, woruͤber der Hirſch
paſſiret, die Gefaͤhrde genau betrachten,
und im Jagen die Augen allzeit nach
dem Boden richten, ob es auch noch
wuͤrcklich ihr erſterer Hirſch ſey, ſich deſ-
ſen im Nothfall zu bedienen, und die
Hunde, daferne ſie an den unrechten ge-
rathen waͤren, wiederumb an den vo-
rigten zu bringen, wodurch ſie endlich
mercken, daß ſie unrecht geweſen, und
den vorigten Fehler mit deſto groͤſſerer
Begierde gern verbeſſern wollen. Wann
nun die erſtern abgelaſſenen Hunde nach
der Relais oder Vorlage kommen, und
bereits muͤde worden, der Hirſch aber
dennoch vorbey pasſiret, muͤſſen ſodann
von der Relais ſowohl friſche Hunde,
doch nicht ſogleich anfaͤnglich, ſondern in
etwas hernach gelaſſen werden, damit ſie
gleichfalls den Geruch des Hirſches ſich
wohl imprimiren, und dem Hirſch nach-
jagen koͤnnen: Der Piqueur muß aber
auch ein friſches Pferd ergreiffen, und
den Hirſch ferner zu forciren, begierich,
doch bedachtſam nacheylen. Es ſollen
auch nur allein diejenigen, ſo nahe hinter
denen erſtern Hunden reithen, umb ſie
damit zu encouragiren, blaſen; Die letz-
tern aber, oder die auf der Relais, ob ſie
auch ſchon den Hirſch anſichtig wuͤrden,
ſollen nicht blaſen, dann dieſes Alarm die
Hunde nur confundiren wuͤrde. Wann
nun der Hirſch an einen flieſſenden
Strohm kaͤme, muß der Jaͤger genau
obſerviren, ob er wuͤrcklich hindurch oder
daran auffwaͤrths oder Unterwaͤrths
geſetzet habe, und wo er eigendlich ſeinen
Kopff hingewendet, alsdann ſofort ne-
ben dem Waſſer lang reithen, die Hun-
de mit Blaſen und Schreyen herbey ruf-
fen, und ihnen weiſen, und laut zuſchrey-
en, daß der Hirſch ins Waſſer geſetzet,
welches er etwan an denen am Ufer han-
genden Zweigen, Schilff, oder Graß,
Holtz, oder einem Stein, ob ſolches alles
[Spaltenumbruch] trocken oder naß beſprietzet worden,
wahrnehmen kan: Die andern zu Pferde
reithen zu beyden Seithen des Waſſers,
doch nicht zu nahe am Ufer, weil der aus-
geſprengte Hirſch auf 10. biß 12. Schritt
lang mit ſeiner naſſen Klaue keinen Ge-
ruch in ſeiner Gefaͤhrd laſſen kan. Wann
der Hirſch etwan in einen Teich oder See
geſprungen, muͤſſen die Hunde ja nicht
zu ihm hinein gelaſſen werden, denn er
dieſelben entweder mit dem Gehoͤrn ſtoſ-
ſen, oder mit den Laͤufften ſchlagen moͤg-
te, davon die Hunde bloͤde, und gaͤntzlich
verderben wuͤrden, ſondern, weil er vor
Muͤdigkeit ſeine Retirade zum Waſſer
genommen, muß ihm lieber darinnen
Zeit gelaſſen werden, biß er wiedeꝛ von ſich
ſelbſt heraus gehe, auch hierdurch den er-
hitzten Leib, Flaͤchſe, Nerven und Adern,
ſchaͤdlich erkaͤltet, und davon verſchlagen
hat, oder ſteiff geworden, da man dann
ihm deſto beſſer, wann er wieder heraus
gegangen, ſeinen Vorgrieff wieder neh-
men, und ferner jagen, auch, weil er,
wie gedacht, ſteiff, und zur fernern Flucht
untuͤchtig geworden, gar leicht vollends
forciret, und geſtuͤrtzet werden kan.
Wann ihn nun die Hunde gegriffen, o-
der an einem Graben, Hecke oder derglei-
chen ſtaͤndig gemachet, muß der Jaͤger
herzu reithen, ihm mit dem Hirſch-Faͤn-
ger von der Seite nach dem Hertzen den
Fang zu geben, welches gebraͤuchlich, und,
wenn er noch Kolben hat, auch practica-
b
el iſt; Jm Fall er aber das Gehoͤrn
vollkommen hat, und Gefahr zu beſor-
gen, muß denen Hunden anzugreif-
fen, und niederzuziehen zugeſchrien,
oder die Flaͤchſen der Hintern-Kaͤulen, die
ſo genannte Heſſen abgehauen werden,
damit er ſich nicht ſtellen, und ſtoſſen koͤn-
ne. Wann der Hirſch todt, muß es mit
dem Blaſen ins Horn kund gemachet,
der Halß und Gurgel geoͤffnet, und de-
nen jungen Hunden alſo warm ihr Ge-
nuͤß gegeben werden; Jndeſſen loͤſet
man des Hirſches rechten Vorder-Laufft
ab, dergeſtalt, daß man die Haut erſtlich
abloͤſet, hernach zwiſchen der groſſen
Flaͤchſe und Klaue einen halben Fuß
auffſchlitzet; Darnach ſondert man die
Haut von der Roͤhre biß an das unter-
ſte Gelencke, wo die Ober-Klauen ſind,
ab, ſchneidet die Haut drey Finger breit
auff, daß man die Hand durchſtecken
kan, loͤſet das Gelencke vom Lauffe ab,
und uͤberreichet ſolches dem Ober-Jaͤger-
Meiſter, oder Commandeur der Jagd,

der
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/462>, abgerufen am 17.05.2024.