Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.
Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. [Spaltenumbruch]
Ob mir wohl bekant, daß die Par Force-Jäger von dem Früh-Jahr an, den Sommer durch biß in spathen Herbst, auch offters des Winters beym harten Frost, Schnee und Eyß, jagen, und die- ser Lust fast nicht überdrüßig werden können, wenigstens doch biß zu Anfan- ge des Novembris und biß auf den St. Hubertus-Tag zu jagen continuiren, und alsdann erst beschließen, weilen die- ser Hubertus eigendlich der Patron sol- cher Par Force-Jagd ist, als an welchem Tage sie ein besonderes Festin halten; So kan doch nicht umhin, dem geneigten Leser die zur selbigen Zeit, nemlich beym harten Frost, Schnee und Eiß, augen- scheinliche und handgreiffliche Hinder- nisse vorzustellen. Dann auff dem har- ten Frost verbällen und vertreten die Pferde ihren Huff; Man kan auch stürtzen, und Schaden nehmen; Die Hunde lauffen sich wund und lahm, auch kan man nichts von der Gefährd sehen; Jm Schnee jagen düncket mich et- was spöttlich zu seyn, weil alle Tritt und Schritt zu sehen, und das Pferd zu lauffen verhindert wird, ja öffters gar mit dem Piqueur in eine von Wind ver- wehete Grube stürtzet, daß weder Mann, noch Roß zu sehen; Die Hunde haben von der Gefährd keinen Geruch, oder Atomos, sondern statt dessen die Nase voller Schnee, biß sie verdrießlich werden, und darüber zu Hause lauffen. Auf dem Eiß jagen kan man sich leichte Rech- nung machen, was daselbst leicht für Schaden zu nehmen, wie man Arm o- der Bein zerbrechen, wenigstens doch stürtzen, und dem Pferde Schaden zu- stossen kan. Die Hunde kennen eben- falls keine Witterung haben, wohl aber gleiten, und sich verrencken. Es möch- te zwar wohl mancher einwenden, daß das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite, und dahero am beqvemsten zu fangen sey; Dem diene aber hinwiederumb zur freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl jägerisch stehen würde, das Wild also in- fam umbzubringen; Halte also die be- qvemste Zeit zu dem Par Force-Jagen, wann das Wild gesetzet hat und die Käl- ber in etwas erwachsen, mit dem Thiere weichen, der Hirsch aber sein Gehörn ge- worffen, und wieder auffgesetzet, alsdann, ob er schon noch nicht geschlagen, halte ich doch dafür, daß biß zur Brunfft die be- ste Zeit zu forciren sey, maassen, wie an- fänglich gedacht, zu solcher Zeit die feisten [Spaltenumbruch] oder guten Hirsche alleine sich besonders austheilen, und von den andern separi- ren; Jn der Brunfft aber bey vielen Wildpräth schwerlich von dem Hauffen zu trennen, auch einen heßlichen Gestanck haben; Nach der Brunfft aber, weil sie mager, und dahero leichte die meisten entkommen, wiewohl auch öffters einige, weil sie abgemattet, gefangen werden. Jm späthen Herbst machet der starcke Frost eben auch an der Fährd keine ge- ringe Verhinderniß. Was andere Im- pedimenta oder Verhindernisse, die Jagd-Lust zu verderben, mehr vorfal- len, davon habe ich kurtz vor dem teut- schen Haupt-Jagen die Anzeigungen, und Ursachen gemeldet, wohin ich mich beziehe. Nicht wenig verhindern auch und opprimiren den Geruch der Gefähr- de des Frühlings die aufsteigende starck- riechende Qvellen und Kräuter, und des Herbsts die harten Fröste; Auch beneh- men die Mittags- und Mitternachts- Winde den Geruch der Gefährde, daß die Hunde den Wechsel nicht halten, noch jagen können; Man kan auch ihren Lauth nicht wohl höhren. Wann nun unser auffgesprengter Hirsch von den Hunden etwan ein Paar tausend Schritt forciret und recht durchhitzet ist, wird ihm sodann gleich sofort ängstiglich, da- von er noch mehr flüchtiger wird und sein gantzes Vermögen, umb sich zu salviren, daran strecket, wodurch er nicht alleine sich aus dem Athem lauffet, und die Ge- fährd groß machet, sondern auch, weil er durch und durch erhitzet worden, denen Hunden, in seiner Gefährd, einen zehen- fach vielmehr, und stärckern Geruch, als die Hunde von andern schwachen kalten Fährden haben können, verursachet. Und muß der Jäger derer Hunde ihre erstere allzu grosse hitzige Begierde an- fänglich vorbey lassen, ihnen den Hirsch zu forciren gemählig überantworten, damit die Hunde den Hirsch vorhero sich recht wohl imprimiren können, und de- sto besser behaupten mögen, auch deswe- gen anfänglich nicht gar zu offt und viel blasen. Dieweiln nun wohl bekant, daß ein Hirsch vielleicht wohl mögte wieder- umb dahin lauffen, woher er gekommen, oder gewechselt, oder einen Wiedergang im Gedickigte vornehmen, abspringen, sich verkriechen, oder drücken, und also die Hunde vorbey lassen, muß demselben eyligst vorgegriffen, und keine Zeit zu re- spiriren gelassen werden, biß er wieder- umb P p 3
Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. [Spaltenumbruch]
Ob mir wohl bekant, daß die Par Force-Jaͤger von dem Fruͤh-Jahr an, den Sommer durch biß in ſpathen Herbſt, auch offters des Winters beym harten Froſt, Schnee und Eyß, jagen, und die- ſer Luſt faſt nicht uͤberdruͤßig werden koͤnnen, wenigſtens doch biß zu Anfan- ge des Novembris und biß auf den St. Hubertus-Tag zu jagen continuiren, und alsdann erſt beſchließen, weilen die- ſer Hubertus eigendlich der Patron ſol- cher Par Force-Jagd iſt, als an welchem Tage ſie ein beſonderes Feſtin halten; So kan doch nicht umhin, dem geneigten Leſer die zur ſelbigen Zeit, nemlich beym harten Froſt, Schnee und Eiß, augen- ſcheinliche und handgreiffliche Hinder- niſſe vorzuſtellen. Dann auff dem har- ten Froſt verbaͤllen und vertreten die Pferde ihren Huff; Man kan auch ſtuͤrtzen, und Schaden nehmen; Die Hunde lauffen ſich wund und lahm, auch kan man nichts von der Gefaͤhrd ſehen; Jm Schnee jagen duͤncket mich et- was ſpoͤttlich zu ſeyn, weil alle Tritt und Schritt zu ſehen, und das Pferd zu lauffen verhindert wird, ja oͤffters gar mit dem Piqueur in eine von Wind ver- wehete Grube ſtuͤrtzet, daß weder Mann, noch Roß zu ſehen; Die Hunde haben von der Gefaͤhrd keinen Geruch, oder Atomos, ſondern ſtatt deſſen die Naſe voller Schnee, biß ſie verdrießlich werden, und daruͤber zu Hauſe lauffen. Auf dem Eiß jagen kan man ſich leichte Rech- nung machen, was daſelbſt leicht fuͤr Schaden zu nehmen, wie man Arm o- der Bein zerbrechen, wenigſtens doch ſtuͤrtzen, und dem Pferde Schaden zu- ſtoſſen kan. Die Hunde kennen eben- falls keine Witterung haben, wohl aber gleiten, und ſich verrencken. Es moͤch- te zwar wohl mancher einwenden, daß das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite, und dahero am beqvemſten zu fangen ſey; Dem diene aber hinwiederumb zur freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl jaͤgeriſch ſtehen wuͤrde, das Wild alſo in- fam umbzubringen; Halte alſo die be- qvemſte Zeit zu dem Par Force-Jagen, wann das Wild geſetzet hat und die Kaͤl- ber in etwas erwachſen, mit dem Thiere weichen, der Hirſch aber ſein Gehoͤrn ge- worffen, und wieder auffgeſetzet, alsdañ, ob er ſchon noch nicht geſchlagen, halte ich doch dafuͤr, daß biß zur Brunfft die be- ſte Zeit zu forciren ſey, maaſſen, wie an- faͤnglich gedacht, zu ſolcher Zeit die feiſten [Spaltenumbruch] oder guten Hirſche alleine ſich beſonders austheilen, und von den andern ſepari- ren; Jn der Brunfft aber bey vielen Wildpraͤth ſchwerlich von dem Hauffen zu trennen, auch einen heßlichen Geſtanck haben; Nach der Brunfft aber, weil ſie mager, und dahero leichte die meiſten entkommen, wiewohl auch oͤffters einige, weil ſie abgemattet, gefangen werden. Jm ſpaͤthen Herbſt machet der ſtarcke Froſt eben auch an der Faͤhrd keine ge- ringe Verhinderniß. Was andere Im- pedimenta oder Verhinderniſſe, die Jagd-Luſt zu verderben, mehr vorfal- len, davon habe ich kurtz vor dem teut- ſchen Haupt-Jagen die Anzeigungen, und Urſachen gemeldet, wohin ich mich beziehe. Nicht wenig verhindern auch und opprimiren den Geruch der Gefaͤhr- de des Fruͤhlings die aufſteigende ſtarck- riechende Qvellen und Kraͤuter, und des Herbſts die harten Froͤſte; Auch beneh- men die Mittags- und Mitternachts- Winde den Geruch der Gefaͤhrde, daß die Hunde den Wechſel nicht halten, noch jagen koͤnnen; Man kan auch ihren Lauth nicht wohl hoͤhren. Wann nun unſer auffgeſprengter Hirſch von den Hunden etwan ein Paar tauſend Schritt forciret und recht durchhitzet iſt, wird ihm ſodann gleich ſofort aͤngſtiglich, da- von er noch mehr fluͤchtiger wird und ſein gantzes Vermoͤgen, umb ſich zu ſalviren, daran ſtrecket, wodurch er nicht alleine ſich aus dem Athem lauffet, und die Ge- faͤhrd groß machet, ſondern auch, weil er durch und durch erhitzet worden, denen Hunden, in ſeiner Gefaͤhrd, einen zehen- fach vielmehr, und ſtaͤrckern Geruch, als die Hunde von andern ſchwachen kalten Faͤhrden haben koͤnnen, verurſachet. Und muß der Jaͤger derer Hunde ihre erſtere allzu groſſe hitzige Begierde an- faͤnglich vorbey laſſen, ihnen den Hirſch zu forciren gemaͤhlig uͤberantworten, damit die Hunde den Hirſch vorhero ſich recht wohl imprimiren koͤnnen, und de- ſto beſſer behaupten moͤgen, auch deswe- gen anfaͤnglich nicht gar zu offt und viel blaſen. Dieweiln nun wohl bekant, daß ein Hirſch vielleicht wohl moͤgte wieder- umb dahin lauffen, woher er gekommen, oder gewechſelt, oder einen Wiedergang im Gedickigte vornehmen, abſpringen, ſich verkriechen, oder druͤcken, und alſo die Hunde vorbey laſſen, muß demſelben eyligſt vorgegriffen, und keine Zeit zu re- ſpiriren gelaſſen werden, biß er wieder- umb P p 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0461" n="301"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.</hi></fw><lb/><cb/> Ob mir wohl bekant, daß die <hi rendition="#aq">Par Force-</hi><lb/> Jaͤger von dem Fruͤh-Jahr an, den<lb/> Sommer durch biß in ſpathen Herbſt,<lb/> auch offters des Winters beym harten<lb/> Froſt, Schnee und Eyß, jagen, und die-<lb/> ſer Luſt faſt nicht uͤberdruͤßig werden<lb/> koͤnnen, wenigſtens doch biß zu Anfan-<lb/> ge des <hi rendition="#aq">Novembris</hi> und biß auf den St.<lb/><hi rendition="#aq">Hubertus-</hi>Tag zu jagen <hi rendition="#aq">continuir</hi>en, und<lb/> alsdann erſt beſchließen, weilen die-<lb/> ſer <hi rendition="#aq">Hubertus</hi> eigendlich der <hi rendition="#aq">Patron</hi> ſol-<lb/> cher <hi rendition="#aq">Par Force-</hi>Jagd iſt, als an welchem<lb/> Tage ſie ein beſonderes <hi rendition="#aq">Feſtin</hi> halten;<lb/> So kan doch nicht umhin, dem geneigten<lb/> Leſer die zur ſelbigen Zeit, nemlich beym<lb/> harten Froſt, Schnee und Eiß, augen-<lb/> ſcheinliche und handgreiffliche Hinder-<lb/> niſſe vorzuſtellen. Dann auff dem har-<lb/> ten Froſt verbaͤllen und vertreten die<lb/> Pferde ihren Huff; Man kan auch<lb/> ſtuͤrtzen, und Schaden nehmen; Die<lb/> Hunde lauffen ſich wund und lahm,<lb/> auch kan man nichts von der Gefaͤhrd<lb/> ſehen; Jm Schnee jagen duͤncket mich et-<lb/> was ſpoͤttlich zu ſeyn, weil alle Tritt<lb/> und Schritt zu ſehen, und das Pferd zu<lb/> lauffen verhindert wird, ja oͤffters gar<lb/> mit dem <hi rendition="#aq">Piqueur</hi> in eine von Wind ver-<lb/> wehete Grube ſtuͤrtzet, daß weder Mann,<lb/> noch Roß zu ſehen; Die Hunde haben<lb/> von der Gefaͤhrd keinen Geruch, oder<lb/><hi rendition="#aq">Atomos,</hi> ſondern ſtatt deſſen die Naſe<lb/> voller Schnee, biß ſie verdrießlich werden,<lb/> und daruͤber zu Hauſe lauffen. Auf dem<lb/> Eiß jagen kan man ſich leichte Rech-<lb/> nung machen, was daſelbſt leicht fuͤr<lb/> Schaden zu nehmen, wie man Arm o-<lb/> der Bein zerbrechen, wenigſtens doch<lb/> ſtuͤrtzen, und dem Pferde Schaden zu-<lb/> ſtoſſen kan. Die Hunde kennen eben-<lb/> falls keine Witterung haben, wohl aber<lb/> gleiten, und ſich verrencken. Es moͤch-<lb/> te zwar wohl mancher einwenden, daß<lb/> das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite,<lb/> und dahero am beqvemſten zu fangen ſey;<lb/> Dem diene aber hinwiederumb zur<lb/> freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl<lb/> jaͤgeriſch ſtehen wuͤrde, das Wild alſo <hi rendition="#aq">in-<lb/> fam</hi> umbzubringen; Halte alſo die be-<lb/> qvemſte Zeit zu dem <hi rendition="#aq">Par Force-</hi>Jagen,<lb/> wann das Wild geſetzet hat und die Kaͤl-<lb/> ber in etwas erwachſen, mit dem Thiere<lb/> weichen, der Hirſch aber ſein Gehoͤrn ge-<lb/> worffen, und wieder auffgeſetzet, alsdañ,<lb/> ob er ſchon noch nicht geſchlagen, halte ich<lb/> doch dafuͤr, daß biß zur Brunfft die be-<lb/> ſte Zeit zu <hi rendition="#aq">forci</hi>ren ſey, maaſſen, wie an-<lb/> faͤnglich gedacht, zu ſolcher Zeit die feiſten<lb/><cb/> oder guten Hirſche alleine ſich beſonders<lb/> austheilen, und von den andern <hi rendition="#aq">ſepari-</hi><lb/> ren; Jn der Brunfft aber bey vielen<lb/> Wildpraͤth ſchwerlich von dem Hauffen<lb/> zu trennen, auch einen heßlichen Geſtanck<lb/> haben; Nach der Brunfft aber, weil ſie<lb/> mager, und dahero leichte die meiſten<lb/> entkommen, wiewohl auch oͤffters einige,<lb/> weil ſie abgemattet, gefangen werden.<lb/> Jm ſpaͤthen Herbſt machet der ſtarcke<lb/> Froſt eben auch an der Faͤhrd keine ge-<lb/> ringe Verhinderniß. Was andere <hi rendition="#aq">Im-<lb/> pedimenta</hi> oder Verhinderniſſe, die<lb/> Jagd-Luſt zu verderben, mehr vorfal-<lb/> len, davon habe ich kurtz vor dem teut-<lb/> ſchen Haupt-Jagen die Anzeigungen,<lb/> und Urſachen gemeldet, wohin ich mich<lb/> beziehe. Nicht wenig verhindern auch<lb/> und <hi rendition="#aq">opprimi</hi>ren den Geruch der Gefaͤhr-<lb/> de des Fruͤhlings die aufſteigende ſtarck-<lb/> riechende Qvellen und Kraͤuter, und des<lb/> Herbſts die harten Froͤſte; Auch beneh-<lb/> men die Mittags- und Mitternachts-<lb/> Winde den Geruch der Gefaͤhrde, daß<lb/> die Hunde den Wechſel nicht halten, noch<lb/> jagen koͤnnen; Man kan auch ihren<lb/> Lauth nicht wohl hoͤhren. Wann nun<lb/> unſer auffgeſprengter Hirſch von den<lb/> Hunden etwan ein Paar tauſend Schritt<lb/><hi rendition="#aq">forci</hi>ret und recht durchhitzet iſt, wird<lb/> ihm ſodann gleich ſofort aͤngſtiglich, da-<lb/> von er noch mehr fluͤchtiger wird und ſein<lb/> gantzes Vermoͤgen, umb ſich zu <hi rendition="#aq">ſalvi</hi>ren,<lb/> daran ſtrecket, wodurch er nicht alleine<lb/> ſich aus dem Athem lauffet, und die Ge-<lb/> faͤhrd groß machet, ſondern auch, weil er<lb/> durch und durch erhitzet worden, denen<lb/> Hunden, in ſeiner Gefaͤhrd, einen zehen-<lb/> fach vielmehr, und ſtaͤrckern Geruch, als<lb/> die Hunde von andern ſchwachen kalten<lb/> Faͤhrden haben koͤnnen, verurſachet.<lb/> Und muß der Jaͤger derer Hunde ihre<lb/> erſtere allzu groſſe hitzige Begierde an-<lb/> faͤnglich vorbey laſſen, ihnen den Hirſch<lb/> zu <hi rendition="#aq">forci</hi>ren gemaͤhlig uͤberantworten,<lb/> damit die Hunde den Hirſch vorhero ſich<lb/> recht wohl <hi rendition="#aq">imprimi</hi>ren koͤnnen, und de-<lb/> ſto beſſer behaupten moͤgen, auch deswe-<lb/> gen anfaͤnglich nicht gar zu offt und viel<lb/> blaſen. Dieweiln nun wohl bekant, daß<lb/> ein Hirſch vielleicht wohl moͤgte wieder-<lb/> umb dahin lauffen, woher er gekommen,<lb/> oder gewechſelt, oder einen Wiedergang<lb/> im Gedickigte vornehmen, abſpringen,<lb/> ſich verkriechen, oder druͤcken, und alſo<lb/> die Hunde vorbey laſſen, muß demſelben<lb/> eyligſt vorgegriffen, und keine Zeit zu <hi rendition="#aq">re-<lb/> ſpiri</hi>ren gelaſſen werden, biß er wieder-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P p 3</fw><fw place="bottom" type="catch">umb</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0461]
Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
Ob mir wohl bekant, daß die Par Force-
Jaͤger von dem Fruͤh-Jahr an, den
Sommer durch biß in ſpathen Herbſt,
auch offters des Winters beym harten
Froſt, Schnee und Eyß, jagen, und die-
ſer Luſt faſt nicht uͤberdruͤßig werden
koͤnnen, wenigſtens doch biß zu Anfan-
ge des Novembris und biß auf den St.
Hubertus-Tag zu jagen continuiren, und
alsdann erſt beſchließen, weilen die-
ſer Hubertus eigendlich der Patron ſol-
cher Par Force-Jagd iſt, als an welchem
Tage ſie ein beſonderes Feſtin halten;
So kan doch nicht umhin, dem geneigten
Leſer die zur ſelbigen Zeit, nemlich beym
harten Froſt, Schnee und Eiß, augen-
ſcheinliche und handgreiffliche Hinder-
niſſe vorzuſtellen. Dann auff dem har-
ten Froſt verbaͤllen und vertreten die
Pferde ihren Huff; Man kan auch
ſtuͤrtzen, und Schaden nehmen; Die
Hunde lauffen ſich wund und lahm,
auch kan man nichts von der Gefaͤhrd
ſehen; Jm Schnee jagen duͤncket mich et-
was ſpoͤttlich zu ſeyn, weil alle Tritt
und Schritt zu ſehen, und das Pferd zu
lauffen verhindert wird, ja oͤffters gar
mit dem Piqueur in eine von Wind ver-
wehete Grube ſtuͤrtzet, daß weder Mann,
noch Roß zu ſehen; Die Hunde haben
von der Gefaͤhrd keinen Geruch, oder
Atomos, ſondern ſtatt deſſen die Naſe
voller Schnee, biß ſie verdrießlich werden,
und daruͤber zu Hauſe lauffen. Auf dem
Eiß jagen kan man ſich leichte Rech-
nung machen, was daſelbſt leicht fuͤr
Schaden zu nehmen, wie man Arm o-
der Bein zerbrechen, wenigſtens doch
ſtuͤrtzen, und dem Pferde Schaden zu-
ſtoſſen kan. Die Hunde kennen eben-
falls keine Witterung haben, wohl aber
gleiten, und ſich verrencken. Es moͤch-
te zwar wohl mancher einwenden, daß
das Wild auf dem Eiß leicht ausgleite,
und dahero am beqvemſten zu fangen ſey;
Dem diene aber hinwiederumb zur
freundlichen Nachricht, daß es nicht wohl
jaͤgeriſch ſtehen wuͤrde, das Wild alſo in-
fam umbzubringen; Halte alſo die be-
qvemſte Zeit zu dem Par Force-Jagen,
wann das Wild geſetzet hat und die Kaͤl-
ber in etwas erwachſen, mit dem Thiere
weichen, der Hirſch aber ſein Gehoͤrn ge-
worffen, und wieder auffgeſetzet, alsdañ,
ob er ſchon noch nicht geſchlagen, halte ich
doch dafuͤr, daß biß zur Brunfft die be-
ſte Zeit zu forciren ſey, maaſſen, wie an-
faͤnglich gedacht, zu ſolcher Zeit die feiſten
oder guten Hirſche alleine ſich beſonders
austheilen, und von den andern ſepari-
ren; Jn der Brunfft aber bey vielen
Wildpraͤth ſchwerlich von dem Hauffen
zu trennen, auch einen heßlichen Geſtanck
haben; Nach der Brunfft aber, weil ſie
mager, und dahero leichte die meiſten
entkommen, wiewohl auch oͤffters einige,
weil ſie abgemattet, gefangen werden.
Jm ſpaͤthen Herbſt machet der ſtarcke
Froſt eben auch an der Faͤhrd keine ge-
ringe Verhinderniß. Was andere Im-
pedimenta oder Verhinderniſſe, die
Jagd-Luſt zu verderben, mehr vorfal-
len, davon habe ich kurtz vor dem teut-
ſchen Haupt-Jagen die Anzeigungen,
und Urſachen gemeldet, wohin ich mich
beziehe. Nicht wenig verhindern auch
und opprimiren den Geruch der Gefaͤhr-
de des Fruͤhlings die aufſteigende ſtarck-
riechende Qvellen und Kraͤuter, und des
Herbſts die harten Froͤſte; Auch beneh-
men die Mittags- und Mitternachts-
Winde den Geruch der Gefaͤhrde, daß
die Hunde den Wechſel nicht halten, noch
jagen koͤnnen; Man kan auch ihren
Lauth nicht wohl hoͤhren. Wann nun
unſer auffgeſprengter Hirſch von den
Hunden etwan ein Paar tauſend Schritt
forciret und recht durchhitzet iſt, wird
ihm ſodann gleich ſofort aͤngſtiglich, da-
von er noch mehr fluͤchtiger wird und ſein
gantzes Vermoͤgen, umb ſich zu ſalviren,
daran ſtrecket, wodurch er nicht alleine
ſich aus dem Athem lauffet, und die Ge-
faͤhrd groß machet, ſondern auch, weil er
durch und durch erhitzet worden, denen
Hunden, in ſeiner Gefaͤhrd, einen zehen-
fach vielmehr, und ſtaͤrckern Geruch, als
die Hunde von andern ſchwachen kalten
Faͤhrden haben koͤnnen, verurſachet.
Und muß der Jaͤger derer Hunde ihre
erſtere allzu groſſe hitzige Begierde an-
faͤnglich vorbey laſſen, ihnen den Hirſch
zu forciren gemaͤhlig uͤberantworten,
damit die Hunde den Hirſch vorhero ſich
recht wohl imprimiren koͤnnen, und de-
ſto beſſer behaupten moͤgen, auch deswe-
gen anfaͤnglich nicht gar zu offt und viel
blaſen. Dieweiln nun wohl bekant, daß
ein Hirſch vielleicht wohl moͤgte wieder-
umb dahin lauffen, woher er gekommen,
oder gewechſelt, oder einen Wiedergang
im Gedickigte vornehmen, abſpringen,
ſich verkriechen, oder druͤcken, und alſo
die Hunde vorbey laſſen, muß demſelben
eyligſt vorgegriffen, und keine Zeit zu re-
ſpiriren gelaſſen werden, biß er wieder-
umb
P p 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/461 |
| Zitationshilfe: | Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/461>, abgerufen am 17.05.2024. |
