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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] der solches sodann dem Könige übergiebt.
Der Jagd-Juncker, welcher die letzte
Relais gehabt, muß den Wagen, und
Hirsch ins Jagd-Quartier zu bringen,
herbey schaffen, da indessen der Besuch-
Knecht den Hirsch bewachen muß: Jn-
dessen blasen die andern alle mit den
Hunden zum Abzuge, die unterwegens
etwan aus Müdigkeit nieder gelegte und
zurückgebliebene Hunde nach Hause zu
bringen, und in das Jagd-Quartier zu
führen, da dann diejenigen Pferde oder
Hunde, so etwan aus Müdigkeit verfan-
gen oder verschlagen hätten, allenthal-
ben über und über mit Vorlauff oder
starckem Brandewein eingerieben und
beschmieret, oder ihnen im äuserste Noth-
fall durch Aderschlagen geholffen werden
muß. So nun der Jagd-Juncker den
Wagen gebracht, und den Hirsch auff-
laden lassen, wird der Hirsch nach dem
Jagd-Quartier in Begleitung des Be-
such-Knechts geführet, allwo er abgela-
den und auff einen grünen Platz gestre-
cket wird. So bald er nun angekom-
men, müssen ihn die Hunde-Knechte auf-
brechen und auswerffen, da indessen
zwey Hunde-Knechte im Stall acht auff
die Hunde haben müssen, daß sie nicht
schreyen oder sich unter einander beissen,
weil die Hunde von dem Hirsch Wind
haben können; Die andern strecken den
Hirsch mit untergestütztem Gehörn auff
den Rücken, lösen die Haut von der
Drossel, biß an den Zain, und fangen
an, an dem rechten Vorder-Lauff, wie
gebräuchlich, die Haut zu zerwircken,
und bedürffenden Falls auff Erforde-
rung zu zerlegen; Wie ich hiervon be-
reits ausführlicher in der teutschen Be-
stättigungs-Jagd gemeldet; Das Hertz,
Lung und Leber gehöhret den Leith-
Hunds-Knechten, als ihr Recht, wel-
ches dem Leith-Hund, umb denselben
desto begiericher zu machen, nachdem er
an das Hirsches Kopff und Gehörn ge-
führet worden, gegeben wird. Der
rechte Vorder-Bog gehöhret demjenigen,
so den Hirsch bestättiget, und hetzen las-
sen, der andere Bog gehöhret dem Jagd-
Juncker; Die innerste Nieren-Bräth-
gen gehöhren allein dem König: Der
Zimmel kommt dem Ober-Jäger-Mei-
ster; Der Rück-Brathen dem Jagd-
Officier; Der Halß und Kopff den Hun-
de-Knechten und das Gehörn oder
Hirsch-Geweyhe dem König zu. So-
[Spaltenumbruch] bald der Hirsch erleget, soll allsofort der
Schweiß, so warm er nur zu bekommen,
in einen Eymer aufgefangen, mit war-
mer Kuh-Milch vermischet, darnach der
Wanst und Gescheide gereiniget und ge-
waschen, alles zu kleinen Stücklein ge-
schnitten, darunter Brod, Miltz und Le-
ber, unter einander mit dem Schweiß
vermischet und gerühret werden. Wann
alles fertig, und dem Commendeur der
Jagd berichtet wird, so gehet dieser im
Gefolge seiner Subalternen und anha-
benden Hörnern zu dem Ober-Jäger-
Meister, da dann derselbige in Svite der
Jägerey zu dem König gehet, denselben
zu befragen, ob Jhro Maj. geruhen
wolten, dem Genieß des Hirsches vor
die Hunde beyzuwohnen. Wann es nun
dem König beliebig, und er hingehet, so
folget der Ober-Jäger-Meister und die
gantze Jägerey hinter ihme nach; So
balde sie an den Stall kommen, gehet
der Ober-Jäger-Meister voran, läst sich
von dem Ober-Hunde-Knecht ein Paar
Spießruthen geben, und überreichet ei-
ne darvon dem König, die andere be-
hält er vor sich. Vor die Printzen und
andere Hohe Ministers überreichet der
Jagd-Juncker dieselben. Hierbey ist
notorisch zu observiren, daß alle Hand-
schuh von Hunde-Knechten confisciret
werden. Derjenige, so den Hirsch gehe-
tzet, stellet dessen Gehörn vor sich, hinter
das Genüß der Hunde; Hinter diesen
nun tritt der König, und so es ihme be-
liebig, gehöret ihme zuerst zu blasen,
dann der Ober-Jäger-Meister, und die
andern Officiers, und allerseits sämbtli-
che Jägerey-Bediente; Dann öffnen die
Knechte, wann das Genüß auf die Haut
und grünen Platz ausgeschüttet, den
Stall auff einmahl, lassen die Hunde
nach dem Genüß heraus lauffen; Da
ihnen dann, als ob sie jagen solten, von
hellem Halß zugeruffen, und die junge
Hunde mit Namen genennet, die Seiten
gestriechen, und mit der Hand geliebet,
und also mit blasen und schreyen conti-
nuir
et wird, biß alles auffgezehret wor-
den. Oder daferne der König den Hirsch
gantz preiß denen Hunden geben wolte;
So werden dennoch die Knochen und
Röhren davon separiret. Wann nun
alles verzehret, wird zum Abzuge ge-
blasen, und die Hunde in guter Ordnung
wiederumb nach dem Stall geführet.
Dieses ist nun also die Par Force-Jagd,

davon

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] der ſolches ſodann dem Koͤnige uͤbergiebt.
Der Jagd-Juncker, welcher die letzte
Relais gehabt, muß den Wagen, und
Hirſch ins Jagd-Quartier zu bringen,
herbey ſchaffen, da indeſſen der Beſuch-
Knecht den Hirſch bewachen muß: Jn-
deſſen blaſen die andern alle mit den
Hunden zum Abzuge, die unterwegens
etwan aus Muͤdigkeit nieder gelegte und
zuruͤckgebliebene Hunde nach Hauſe zu
bringen, und in das Jagd-Quartier zu
fuͤhren, da dann diejenigen Pferde oder
Hunde, ſo etwan aus Muͤdigkeit verfan-
gen oder verſchlagen haͤtten, allenthal-
ben uͤber und uͤber mit Vorlauff oder
ſtarckem Brandewein eingerieben und
beſchmieret, oder ihnen im aͤuſerſte Noth-
fall durch Aderſchlagen geholffen werden
muß. So nun der Jagd-Juncker den
Wagen gebracht, und den Hirſch auff-
laden laſſen, wird der Hirſch nach dem
Jagd-Quartier in Begleitung des Be-
ſuch-Knechts gefuͤhret, allwo er abgela-
den und auff einen gruͤnen Platz geſtre-
cket wird. So bald er nun angekom-
men, muͤſſen ihn die Hunde-Knechte auf-
brechen und auswerffen, da indeſſen
zwey Hunde-Knechte im Stall acht auff
die Hunde haben muͤſſen, daß ſie nicht
ſchreyen oder ſich unter einander beiſſen,
weil die Hunde von dem Hirſch Wind
haben koͤnnen; Die andern ſtrecken den
Hirſch mit untergeſtuͤtztem Gehoͤrn auff
den Ruͤcken, loͤſen die Haut von der
Droſſel, biß an den Zain, und fangen
an, an dem rechten Vorder-Lauff, wie
gebraͤuchlich, die Haut zu zerwircken,
und beduͤrffenden Falls auff Erforde-
rung zu zerlegen; Wie ich hiervon be-
reits ausfuͤhrlicher in der teutſchen Be-
ſtaͤttigungs-Jagd gemeldet; Das Hertz,
Lung und Leber gehoͤhret den Leith-
Hunds-Knechten, als ihr Recht, wel-
ches dem Leith-Hund, umb denſelben
deſto begiericher zu machen, nachdem er
an das Hirſches Kopff und Gehoͤrn ge-
fuͤhret worden, gegeben wird. Der
rechte Vorder-Bog gehoͤhret demjenigen,
ſo den Hirſch beſtaͤttiget, und hetzen laſ-
ſen, der andere Bog gehoͤhret dem Jagd-
Juncker; Die innerſte Nieren-Braͤth-
gen gehoͤhren allein dem Koͤnig: Der
Zimmel kommt dem Ober-Jaͤger-Mei-
ſter; Der Ruͤck-Brathen dem Jagd-
Officier; Der Halß und Kopff den Hun-
de-Knechten und das Gehoͤrn oder
Hirſch-Geweyhe dem Koͤnig zu. So-
[Spaltenumbruch] bald der Hirſch erleget, ſoll allſofort der
Schweiß, ſo warm er nur zu bekommen,
in einen Eymer aufgefangen, mit war-
mer Kuh-Milch vermiſchet, darnach der
Wanſt und Geſcheide gereiniget und ge-
waſchen, alles zu kleinen Stuͤcklein ge-
ſchnitten, darunter Brod, Miltz und Le-
ber, unter einander mit dem Schweiß
vermiſchet und geruͤhret werden. Wann
alles fertig, und dem Commendeur der
Jagd berichtet wird, ſo gehet dieſer im
Gefolge ſeiner Subalternen und anha-
benden Hoͤrnern zu dem Ober-Jaͤger-
Meiſter, da dann derſelbige in Svite der
Jaͤgerey zu dem Koͤnig gehet, denſelben
zu befragen, ob Jhro Maj. geruhen
wolten, dem Genieß des Hirſches vor
die Hunde beyzuwohnen. Wann es nun
dem Koͤnig beliebig, und er hingehet, ſo
folget der Ober-Jaͤger-Meiſter und die
gantze Jaͤgerey hinter ihme nach; So
balde ſie an den Stall kommen, gehet
der Ober-Jaͤger-Meiſter voran, laͤſt ſich
von dem Ober-Hunde-Knecht ein Paar
Spießruthen geben, und uͤberreichet ei-
ne darvon dem Koͤnig, die andere be-
haͤlt er vor ſich. Vor die Printzen und
andere Hohe Miniſters uͤberreichet der
Jagd-Juncker dieſelben. Hierbey iſt
notoriſch zu obſerviren, daß alle Hand-
ſchuh von Hunde-Knechten confiſciret
werden. Derjenige, ſo den Hirſch gehe-
tzet, ſtellet deſſen Gehoͤrn vor ſich, hinter
das Genuͤß der Hunde; Hinter dieſen
nun tritt der Koͤnig, und ſo es ihme be-
liebig, gehoͤret ihme zuerſt zu blaſen,
dann der Ober-Jaͤger-Meiſter, und die
andern Officiers, und allerſeits ſaͤmbtli-
che Jaͤgerey-Bediente; Dann oͤffnen die
Knechte, wann das Genuͤß auf die Haut
und gruͤnen Platz ausgeſchuͤttet, den
Stall auff einmahl, laſſen die Hunde
nach dem Genuͤß heraus lauffen; Da
ihnen dann, als ob ſie jagen ſolten, von
hellem Halß zugeruffen, und die junge
Hunde mit Namen genennet, die Seiten
geſtriechen, und mit der Hand geliebet,
und alſo mit blaſen und ſchreyen conti-
nuir
et wird, biß alles auffgezehret wor-
den. Oder daferne der Koͤnig den Hirſch
gantz preiß denen Hunden geben wolte;
So werden dennoch die Knochen und
Roͤhren davon ſepariret. Wann nun
alles verzehret, wird zum Abzuge ge-
blaſen, und die Hunde in guter Ordnung
wiederumb nach dem Stall gefuͤhret.
Dieſes iſt nun alſo die Par Force-Jagd,

davon
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/463>, abgerufen am 23.11.2024.