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Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900.

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I. Theil. Die spanabnehmenden Werkzeugmaschinen.
Ausweichens gleich dem Abrundungshalbmesser r der Schneide, woraus
folgt, dass der Widerstand, welchen die Schnittfläche ihrem Ausweichen
entgegensetzt, das ist der winkelrecht zur Arbeitsrichtung auf die Schneide
wirkende Druck, um so grösser ausfällt, je grösser der Abrundungshalb-
messer r ist.

Derjenige Werkstücktheil, welcher als Span über die Brustfläche A E
der Schneide abfliesst, gehorcht hiermit nur dem hohen Druck, welcher
bei A herrscht und weiter durch die vordringende Brustfläche A E der
Schneide hervorgerufen wird; seine kleinsten Theilchen erfahren hierbei
eine ziemlich starke gegensätzliche Verschiebung, welche bei spröderem
Metall eine Zerbröckelung, bei zähem Metall eine deutlich erkennbare
Stauchung oder Verdickung des Spanes herbeiführt, sodass d1 nicht selten
zweimal, ja bis dreimal so gross ausfällt, als die Dicke d der abgehobenen
Schicht beträgt.

[Abbildung] Fig. 1.

Der Rücken der Schneide, die Fläche, welche sich von A über C nach J
erstreckt, erfährt unter dem von ihr gegen das Werkstück ausgeübten hohen
Druck einen grossen Gleitungswiderstand, welcher sich als Theil des ge-
sammten Arbeitswiderstandes geltend macht. Diese Reibung kann auch
folgende Erscheinung hervorbringen: Wenn die Schneide früher den Span
bis zur Linie B A D abgehoben hat, löst sie, ein zweites Mal genau in der-
selben Weise über das Werkstück geführt, zuweilen einen sehr dünnen,
meistens aus Fetzen bestehenden Span ab, indem -- nach Fig. 2 -- der
unter B A D liegende Rücken der Schneide die Oberfläche des Werkstückes
zum Theil zwingt, vor der Schneide emporzuquellen. Das erklärt die That-
sache, dass Späne abgehoben werden können, die kaum dicker sind als r.

Es bedarf nun keines Beweises, dass die Stauchung des, durch Fig. 1
im Längenschnitt dargestellten Spanes sowohl, als auch die Verdrängung
der Schnittfläche um so grösser ausfallen, je grösser der Abrundungshalb-
messer r ist. Man sucht daher durch zweckmässiges Schleifen die Ab-

I. Theil. Die spanabnehmenden Werkzeugmaschinen.
Ausweichens gleich dem Abrundungshalbmesser ϱ der Schneide, woraus
folgt, dass der Widerstand, welchen die Schnittfläche ihrem Ausweichen
entgegensetzt, das ist der winkelrecht zur Arbeitsrichtung auf die Schneide
wirkende Druck, um so grösser ausfällt, je grösser der Abrundungshalb-
messer ϱ ist.

Derjenige Werkstücktheil, welcher als Span über die Brustfläche A E
der Schneide abfliesst, gehorcht hiermit nur dem hohen Druck, welcher
bei A herrscht und weiter durch die vordringende Brustfläche A E der
Schneide hervorgerufen wird; seine kleinsten Theilchen erfahren hierbei
eine ziemlich starke gegensätzliche Verschiebung, welche bei spröderem
Metall eine Zerbröckelung, bei zähem Metall eine deutlich erkennbare
Stauchung oder Verdickung des Spanes herbeiführt, sodass d1 nicht selten
zweimal, ja bis dreimal so gross ausfällt, als die Dicke d der abgehobenen
Schicht beträgt.

[Abbildung] Fig. 1.

Der Rücken der Schneide, die Fläche, welche sich von A über C nach J
erstreckt, erfährt unter dem von ihr gegen das Werkstück ausgeübten hohen
Druck einen grossen Gleitungswiderstand, welcher sich als Theil des ge-
sammten Arbeitswiderstandes geltend macht. Diese Reibung kann auch
folgende Erscheinung hervorbringen: Wenn die Schneide früher den Span
bis zur Linie B A D abgehoben hat, löst sie, ein zweites Mal genau in der-
selben Weise über das Werkstück geführt, zuweilen einen sehr dünnen,
meistens aus Fetzen bestehenden Span ab, indem — nach Fig. 2 — der
unter B A D liegende Rücken der Schneide die Oberfläche des Werkstückes
zum Theil zwingt, vor der Schneide emporzuquellen. Das erklärt die That-
sache, dass Späne abgehoben werden können, die kaum dicker sind als ϱ.

Es bedarf nun keines Beweises, dass die Stauchung des, durch Fig. 1
im Längenschnitt dargestellten Spanes sowohl, als auch die Verdrängung
der Schnittfläche um so grösser ausfallen, je grösser der Abrundungshalb-
messer ϱ ist. Man sucht daher durch zweckmässiges Schleifen die Ab-

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[9/0023] I. Theil. Die spanabnehmenden Werkzeugmaschinen. Ausweichens gleich dem Abrundungshalbmesser ϱ der Schneide, woraus folgt, dass der Widerstand, welchen die Schnittfläche ihrem Ausweichen entgegensetzt, das ist der winkelrecht zur Arbeitsrichtung auf die Schneide wirkende Druck, um so grösser ausfällt, je grösser der Abrundungshalb- messer ϱ ist. Derjenige Werkstücktheil, welcher als Span über die Brustfläche A E der Schneide abfliesst, gehorcht hiermit nur dem hohen Druck, welcher bei A herrscht und weiter durch die vordringende Brustfläche A E der Schneide hervorgerufen wird; seine kleinsten Theilchen erfahren hierbei eine ziemlich starke gegensätzliche Verschiebung, welche bei spröderem Metall eine Zerbröckelung, bei zähem Metall eine deutlich erkennbare Stauchung oder Verdickung des Spanes herbeiführt, sodass d1 nicht selten zweimal, ja bis dreimal so gross ausfällt, als die Dicke d der abgehobenen Schicht beträgt. [Abbildung Fig. 1. ] Der Rücken der Schneide, die Fläche, welche sich von A über C nach J erstreckt, erfährt unter dem von ihr gegen das Werkstück ausgeübten hohen Druck einen grossen Gleitungswiderstand, welcher sich als Theil des ge- sammten Arbeitswiderstandes geltend macht. Diese Reibung kann auch folgende Erscheinung hervorbringen: Wenn die Schneide früher den Span bis zur Linie B A D abgehoben hat, löst sie, ein zweites Mal genau in der- selben Weise über das Werkstück geführt, zuweilen einen sehr dünnen, meistens aus Fetzen bestehenden Span ab, indem — nach Fig. 2 — der unter B A D liegende Rücken der Schneide die Oberfläche des Werkstückes zum Theil zwingt, vor der Schneide emporzuquellen. Das erklärt die That- sache, dass Späne abgehoben werden können, die kaum dicker sind als ϱ. Es bedarf nun keines Beweises, dass die Stauchung des, durch Fig. 1 im Längenschnitt dargestellten Spanes sowohl, als auch die Verdrängung der Schnittfläche um so grösser ausfallen, je grösser der Abrundungshalb- messer ϱ ist. Man sucht daher durch zweckmässiges Schleifen die Ab-

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Zitationshilfe: Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900/23>, abgerufen am 29.03.2024.