Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Gedacht, gethan. Mit raschem Schritt
eilte er nach dem Park und durchstrich den
größten Theil desselben. Keine Grotte,
keine Laube, keinen Wandelgang ließ er
unbetreten. Endlich vernimmt er ein Lis-
peln. Er horcht auf, nähert sich dem Ort
wo die Stimme ihm herzukommen schien,
und trauet kaum seinem Auge. Er sieht
Abenza auf einer Rasenbank gelagert, zu
ihren Füßen Alhavi, den sie mit vertrau-
tem Blick eben ihre Hand mit Küssen über-
häufen läßt.

Eifersüchtige Verzweiflung bemeisterte
sich Kanzedirs. Er sah sich nun in allen
seinen Hoffnungen bei Abenza getäuscht,
und Rache an seinem Nebenbuhler ausüben
zu können, war der erste Gedanke der ihn
beschäftigte. Allein vergebens nährte er
den Wunsch, Alhavi in einen Krokodill oder
Dornenstrauch verwandelt zu sehen. Ver-
gebens berührte er in dieser Absicht wieder-

Gedacht, gethan. Mit raſchem Schritt
eilte er nach dem Park und durchſtrich den
groͤßten Theil deſſelben. Keine Grotte,
keine Laube, keinen Wandelgang ließ er
unbetreten. Endlich vernimmt er ein Lis-
peln. Er horcht auf, naͤhert ſich dem Ort
wo die Stimme ihm herzukommen ſchien,
und trauet kaum ſeinem Auge. Er ſieht
Abenza auf einer Raſenbank gelagert, zu
ihren Fuͤßen Alhavi, den ſie mit vertrau-
tem Blick eben ihre Hand mit Kuͤſſen uͤber-
haͤufen laͤßt.

Eiferſuͤchtige Verzweiflung bemeiſterte
ſich Kanzedirs. Er ſah ſich nun in allen
ſeinen Hoffnungen bei Abenza getaͤuſcht,
und Rache an ſeinem Nebenbuhler ausuͤben
zu koͤnnen, war der erſte Gedanke der ihn
beſchaͤftigte. Allein vergebens naͤhrte er
den Wunſch, Alhavi in einen Krokodill oder
Dornenſtrauch verwandelt zu ſehen. Ver-
gebens beruͤhrte er in dieſer Abſicht wieder-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0268" n="264"/>
        <p>Gedacht, gethan. Mit ra&#x017F;chem Schritt<lb/>
eilte er nach dem Park und durch&#x017F;trich den<lb/>
gro&#x0364;ßten Theil de&#x017F;&#x017F;elben. Keine Grotte,<lb/>
keine Laube, keinen Wandelgang ließ er<lb/>
unbetreten. Endlich vernimmt er ein Lis-<lb/>
peln. Er horcht auf, na&#x0364;hert &#x017F;ich dem Ort<lb/>
wo die Stimme ihm herzukommen &#x017F;chien,<lb/>
und trauet kaum &#x017F;einem Auge. Er &#x017F;ieht<lb/>
Abenza auf einer Ra&#x017F;enbank gelagert, zu<lb/>
ihren Fu&#x0364;ßen Alhavi, den &#x017F;ie mit vertrau-<lb/>
tem Blick eben ihre Hand mit Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;ber-<lb/>
ha&#x0364;ufen la&#x0364;ßt.</p><lb/>
        <p>Eifer&#x017F;u&#x0364;chtige Verzweiflung bemei&#x017F;terte<lb/>
&#x017F;ich Kanzedirs. Er &#x017F;ah &#x017F;ich nun in allen<lb/>
&#x017F;einen Hoffnungen bei Abenza geta&#x0364;u&#x017F;cht,<lb/>
und Rache an &#x017F;einem Nebenbuhler ausu&#x0364;ben<lb/>
zu ko&#x0364;nnen, war der er&#x017F;te Gedanke der ihn<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;ftigte. Allein vergebens na&#x0364;hrte er<lb/>
den Wun&#x017F;ch, Alhavi in einen Krokodill oder<lb/>
Dornen&#x017F;trauch verwandelt zu &#x017F;ehen. Ver-<lb/>
gebens beru&#x0364;hrte er in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht wieder-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0268] Gedacht, gethan. Mit raſchem Schritt eilte er nach dem Park und durchſtrich den groͤßten Theil deſſelben. Keine Grotte, keine Laube, keinen Wandelgang ließ er unbetreten. Endlich vernimmt er ein Lis- peln. Er horcht auf, naͤhert ſich dem Ort wo die Stimme ihm herzukommen ſchien, und trauet kaum ſeinem Auge. Er ſieht Abenza auf einer Raſenbank gelagert, zu ihren Fuͤßen Alhavi, den ſie mit vertrau- tem Blick eben ihre Hand mit Kuͤſſen uͤber- haͤufen laͤßt. Eiferſuͤchtige Verzweiflung bemeiſterte ſich Kanzedirs. Er ſah ſich nun in allen ſeinen Hoffnungen bei Abenza getaͤuſcht, und Rache an ſeinem Nebenbuhler ausuͤben zu koͤnnen, war der erſte Gedanke der ihn beſchaͤftigte. Allein vergebens naͤhrte er den Wunſch, Alhavi in einen Krokodill oder Dornenſtrauch verwandelt zu ſehen. Ver- gebens beruͤhrte er in dieſer Abſicht wieder-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/268
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/268>, abgerufen am 27.11.2024.