Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.mit welchen Er umzugehen hatte. Einem jeden ehrlich zu begegnen / war sein emsiges Bemühen / und auff seinem Tod-Bette wünschte er nebst seiner Seeligkeit dieses / daß er den Ruhm eines ehrlichen Mannes hinterlassen möchte; Diesen soll ihm denn auch keiner streitig machen / es sey denn daß er nicht so ehrlich / als er gewesen. Die Alten stelleten einen redlichen und auffrichtigen Mann unter diesem Bilde vor: Sie mahleten einen Menschen frey und munter von Gesichte mit entblöster Brust / darauff er aber an einer güldenen Kette vom Halse herunter ein Hertz hangen hatte / über ihm stunden diese Worte: Warlich / ich kan von dem Sehl. Herrn Weyll rühmen / und andere könnens mit mir / daß ich Ihn jederzeit eundem intus & extra gefunden / wie er sich stellete / so war er auch. Aber ach! immer Schade / daß diß gute Hertz in einer bösen Brust seinen Auffenthalt haben müssen. Denn / woher kömmts / daß wir den Sehl. Herr Weyll nun nicht mehr sehen / und von seinem guten Hertzen nicht mehr Gutes geniessen? Die böse Brust / darinnen es verwahret war / kunte diesen ihren Gast nicht mehr beherbergen / sondern kündigte Ihm die Miethe auff / mit einem Worte: Er muste sterben. Nun möchte ich wol sagen: Candor in hoc aevo res intermortua pene est: Nun kranckt die Redlichkeit / ja sie wird bald ersterben / Weil abermahl ein Stück derselben muß verderben.mit welchen Er umzugehen hatte. Einem jeden ehrlich zu begegnen / war sein emsiges Bemühen / und auff seinem Tod-Bette wünschte er nebst seiner Seeligkeit dieses / daß er den Ruhm eines ehrlichen Mannes hinterlassen möchte; Diesen soll ihm denn auch keiner streitig machen / es sey denn daß er nicht so ehrlich / als er gewesen. Die Alten stelleten einen redlichen und auffrichtigen Mann unter diesem Bilde vor: Sie mahleten einen Menschen frey und munter von Gesichte mit entblöster Brust / darauff er aber an einer güldenen Kette vom Halse herunter ein Hertz hangen hatte / über ihm stunden diese Worte: Warlich / ich kan von dem Sehl. Herrn Weyll rühmen / und andere könnens mit mir / daß ich Ihn jederzeit eundem intus & extra gefunden / wie er sich stellete / so war er auch. Aber ach! immer Schade / daß diß gute Hertz in einer bösen Brust seinen Auffenthalt haben müssen. Denn / woher kömmts / daß wir den Sehl. Herr Weyll nun nicht mehr sehen / und von seinem guten Hertzen nicht mehr Gutes geniessen? Die böse Brust / darinnen es verwahret war / kunte diesen ihren Gast nicht mehr beherbergen / sondern kündigte Ihm die Miethe auff / mit einem Worte: Er muste sterben. Nun möchte ich wol sagen: Candor in hoc aevo res intermortua pene est: Nun kranckt die Redlichkeit / ja sie wird bald ersterben / Weil abermahl ein Stück derselben muß verderben.<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0074" n="68"/> mit welchen Er umzugehen hatte. Einem jeden ehrlich zu begegnen / war sein emsiges Bemühen / und auff seinem Tod-Bette wünschte er nebst seiner Seeligkeit dieses / daß er den Ruhm eines ehrlichen Mannes hinterlassen möchte; Diesen soll ihm denn auch keiner streitig machen / es sey denn daß er nicht so ehrlich / als er gewesen. Die Alten stelleten einen redlichen und auffrichtigen Mann unter diesem Bilde vor: Sie mahleten einen Menschen frey und munter von Gesichte mit entblöster Brust / darauff er aber an einer güldenen Kette vom Halse herunter ein Hertz hangen hatte / über ihm stunden diese Worte:</p> <l>Idem Intus & Extra: So wie mein Hertze dir hier in die Augen fällt / So und nicht anders ists inwendig auch bestellt.</l> <p>Warlich / ich kan von dem Sehl. Herrn Weyll rühmen / und andere könnens mit mir / daß ich Ihn jederzeit eundem intus & extra gefunden / wie er sich stellete / so war er auch. Aber ach! immer Schade / daß diß gute Hertz in einer bösen Brust seinen Auffenthalt haben müssen. Denn / woher kömmts / daß wir den Sehl. Herr Weyll nun nicht mehr sehen / und von seinem guten Hertzen nicht mehr Gutes geniessen? Die böse Brust / darinnen es verwahret war / kunte diesen ihren Gast nicht mehr beherbergen / sondern kündigte Ihm die Miethe auff / mit einem Worte: Er muste sterben. Nun möchte ich wol sagen:</p> <l>Candor in hoc aevo res intermortua pene est: Nun kranckt die Redlichkeit / ja sie wird bald ersterben / Weil abermahl ein Stück derselben muß verderben.</l> </div> </body> </text> </TEI> [68/0074]
mit welchen Er umzugehen hatte. Einem jeden ehrlich zu begegnen / war sein emsiges Bemühen / und auff seinem Tod-Bette wünschte er nebst seiner Seeligkeit dieses / daß er den Ruhm eines ehrlichen Mannes hinterlassen möchte; Diesen soll ihm denn auch keiner streitig machen / es sey denn daß er nicht so ehrlich / als er gewesen. Die Alten stelleten einen redlichen und auffrichtigen Mann unter diesem Bilde vor: Sie mahleten einen Menschen frey und munter von Gesichte mit entblöster Brust / darauff er aber an einer güldenen Kette vom Halse herunter ein Hertz hangen hatte / über ihm stunden diese Worte:
Idem Intus & Extra: So wie mein Hertze dir hier in die Augen fällt / So und nicht anders ists inwendig auch bestellt. Warlich / ich kan von dem Sehl. Herrn Weyll rühmen / und andere könnens mit mir / daß ich Ihn jederzeit eundem intus & extra gefunden / wie er sich stellete / so war er auch. Aber ach! immer Schade / daß diß gute Hertz in einer bösen Brust seinen Auffenthalt haben müssen. Denn / woher kömmts / daß wir den Sehl. Herr Weyll nun nicht mehr sehen / und von seinem guten Hertzen nicht mehr Gutes geniessen? Die böse Brust / darinnen es verwahret war / kunte diesen ihren Gast nicht mehr beherbergen / sondern kündigte Ihm die Miethe auff / mit einem Worte: Er muste sterben. Nun möchte ich wol sagen:
Candor in hoc aevo res intermortua pene est: Nun kranckt die Redlichkeit / ja sie wird bald ersterben / Weil abermahl ein Stück derselben muß verderben.
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/74>, abgerufen am 16.07.2024. |