Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.Thuns und Denkens vorausgesetzt werden zu müssen scheint. Wie sehr das Denken von dieser Auffassung des Ver¬ Thuns und Denkens vorausgeſetzt werden zu müſſen ſcheint. Wie ſehr das Denken von dieſer Auffaſſung des Ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="30"/> Thuns und Denkens vorausgeſetzt werden zu müſſen ſcheint.<lb/> Und dennoch iſt der Rang, den ſie in dem geſammten<lb/> geiſtigen Sein des Menſchen einnimmt, nur ein unterge¬<lb/> ordneter. Ihr ganzes Verdienſt iſt ihr Vorhandenſein; ſie<lb/> wahrnehmen iſt alles, was der Menſch zu thun hat, um<lb/> ſich ihrer zu vergewiſſern. Wohl unterſcheiden ſich die<lb/> Menſchen in Anſehung des Umfanges und der Klarheit<lb/> ihres ſinnlich wahrgenommenen Wirklichkeitsbeſitzes; dieſe<lb/> Unterſchiede beruhen aber doch nur auf Verſchiedenheiten<lb/> in den niederen Regionen ſinnlich-geiſtiger Beanlagung;<lb/> vielfach finden ſie auch in den zufälligen Verſchiedenheiten<lb/> äußerer Umſtände ihre hinreichende Erklärung. Auch der<lb/> reichſte und vollkommenſte Sinnesbeſitz läßt ſeinen Eigen¬<lb/> thümer nur auf einem ſehr niedrigen Standpunkt erſcheinen,<lb/> ſo lange er nichts anderes bleibt, als Sinnesbeſitz. Die<lb/> geiſtige Entwickelung des Menſchen beginnt erſt da, wo<lb/> er aufhört, ſich bloß ſinnlich wahrnehmend zu verhalten,<lb/> wo er anfängt, die ſinnlich wahrgenommene Wirklichkeit<lb/> als ein gegebenes Material anzuſehen und gemäß den<lb/> Forderungen ſeines Verſtandes zu bearbeiten, zu verwerthen,<lb/> zu verwandeln.</p><lb/> <p>Wie ſehr das Denken von dieſer Auffaſſung des Ver¬<lb/> hältniſſes zwiſchen Beſitz an Sinnenmaterial und geiſtiger<lb/> Thätigkeit beherrſcht wird, zeigt ſich beſonders deutlich in<lb/> den Unterſuchungen, die man über das ganze Gebiet der¬<lb/> jenigen pſychiſchen Vorgänge anſtellt, die in unmittelbarer<lb/> Abhängigkeit von den Vorgängen in den Sinnesapparaten<lb/> ſtehen. Ganz anders als die ältere Pſychologie behandelt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0042]
Thuns und Denkens vorausgeſetzt werden zu müſſen ſcheint.
Und dennoch iſt der Rang, den ſie in dem geſammten
geiſtigen Sein des Menſchen einnimmt, nur ein unterge¬
ordneter. Ihr ganzes Verdienſt iſt ihr Vorhandenſein; ſie
wahrnehmen iſt alles, was der Menſch zu thun hat, um
ſich ihrer zu vergewiſſern. Wohl unterſcheiden ſich die
Menſchen in Anſehung des Umfanges und der Klarheit
ihres ſinnlich wahrgenommenen Wirklichkeitsbeſitzes; dieſe
Unterſchiede beruhen aber doch nur auf Verſchiedenheiten
in den niederen Regionen ſinnlich-geiſtiger Beanlagung;
vielfach finden ſie auch in den zufälligen Verſchiedenheiten
äußerer Umſtände ihre hinreichende Erklärung. Auch der
reichſte und vollkommenſte Sinnesbeſitz läßt ſeinen Eigen¬
thümer nur auf einem ſehr niedrigen Standpunkt erſcheinen,
ſo lange er nichts anderes bleibt, als Sinnesbeſitz. Die
geiſtige Entwickelung des Menſchen beginnt erſt da, wo
er aufhört, ſich bloß ſinnlich wahrnehmend zu verhalten,
wo er anfängt, die ſinnlich wahrgenommene Wirklichkeit
als ein gegebenes Material anzuſehen und gemäß den
Forderungen ſeines Verſtandes zu bearbeiten, zu verwerthen,
zu verwandeln.
Wie ſehr das Denken von dieſer Auffaſſung des Ver¬
hältniſſes zwiſchen Beſitz an Sinnenmaterial und geiſtiger
Thätigkeit beherrſcht wird, zeigt ſich beſonders deutlich in
den Unterſuchungen, die man über das ganze Gebiet der¬
jenigen pſychiſchen Vorgänge anſtellt, die in unmittelbarer
Abhängigkeit von den Vorgängen in den Sinnesapparaten
ſtehen. Ganz anders als die ältere Pſychologie behandelt
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