die physiologische Psychologie diese Probleme; die Einblicke, die man ihr in die Vorgänge verdankt, in denen das Wahrnehmungs- und Vorstellungsleben auf den verschiedenen Sinnesgebieten besteht, sind nicht hoch genug anzuschlagen. Die Voraussetzung aber ist für die neue Methode keine andere, als sie für die alte war. Die Vorstellungen von den Dingen der Außenwelt sind gegebene Größen; indem man ihre Entstehung und Entwickelung auf dem Boden der sinnlich-geistigen Natur des Menschen zu verfolgen und aufzuhellen bemüht ist, zweifelt man nicht daran, daß man in ihnen ein bestimmtes in sich abgeschlossenes Gebiet des inneren Lebens vor sich habe. Man belehrt denjenigen, der in den Vorstellungen gleichsam nur das geistige Spiegel¬ bild eines sinnlich Vorhandenen sieht, über die unendliche Complication psychophysischer Vorgänge, auf denen die Gestaltung einer Vorstellung beruht, aber man unterscheidet sich insofern nicht von ihm, als man so gut wie er in der vorhandenen Vorstellungswelt diejenige Form des Wirk¬ lichkeitsbewußtseins sieht, welche das gegebene unveränder¬ liche Material für die höheren geistigen Operationen bildet.
Es liegt hier ein Mißverständniß des wirklichen Sach¬ verhalts vor, welches nicht weniger verhängnißvoll ist, als das Mißverständniß, welches der naiv-realistischen Meinung zu Grunde liegt. Und zudem ist es schwerer, dieses zweite Mißverständniß zu zerstören, als jenes erste. Es erscheint so consequent, an die Stelle der Dinge, die uns nur in unseren Vorstellungen bekannt werden können, eben die Vorstellungen von den Dingen zu setzen, und das Object
die phyſiologiſche Pſychologie dieſe Probleme; die Einblicke, die man ihr in die Vorgänge verdankt, in denen das Wahrnehmungs- und Vorſtellungsleben auf den verſchiedenen Sinnesgebieten beſteht, ſind nicht hoch genug anzuſchlagen. Die Vorausſetzung aber iſt für die neue Methode keine andere, als ſie für die alte war. Die Vorſtellungen von den Dingen der Außenwelt ſind gegebene Größen; indem man ihre Entſtehung und Entwickelung auf dem Boden der ſinnlich-geiſtigen Natur des Menſchen zu verfolgen und aufzuhellen bemüht iſt, zweifelt man nicht daran, daß man in ihnen ein beſtimmtes in ſich abgeſchloſſenes Gebiet des inneren Lebens vor ſich habe. Man belehrt denjenigen, der in den Vorſtellungen gleichſam nur das geiſtige Spiegel¬ bild eines ſinnlich Vorhandenen ſieht, über die unendliche Complication pſychophyſiſcher Vorgänge, auf denen die Geſtaltung einer Vorſtellung beruht, aber man unterſcheidet ſich inſofern nicht von ihm, als man ſo gut wie er in der vorhandenen Vorſtellungswelt diejenige Form des Wirk¬ lichkeitsbewußtſeins ſieht, welche das gegebene unveränder¬ liche Material für die höheren geiſtigen Operationen bildet.
Es liegt hier ein Mißverſtändniß des wirklichen Sach¬ verhalts vor, welches nicht weniger verhängnißvoll iſt, als das Mißverſtändniß, welches der naiv-realiſtiſchen Meinung zu Grunde liegt. Und zudem iſt es ſchwerer, dieſes zweite Mißverſtändniß zu zerſtören, als jenes erſte. Es erſcheint ſo conſequent, an die Stelle der Dinge, die uns nur in unſeren Vorſtellungen bekannt werden können, eben die Vorſtellungen von den Dingen zu ſetzen, und das Object
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die phyſiologiſche Pſychologie dieſe Probleme; die Einblicke,
die man ihr in die Vorgänge verdankt, in denen das
Wahrnehmungs- und Vorſtellungsleben auf den verſchiedenen
Sinnesgebieten beſteht, ſind nicht hoch genug anzuſchlagen.
Die Vorausſetzung aber iſt für die neue Methode keine
andere, als ſie für die alte war. Die Vorſtellungen von
den Dingen der Außenwelt ſind gegebene Größen; indem
man ihre Entſtehung und Entwickelung auf dem Boden
der ſinnlich-geiſtigen Natur des Menſchen zu verfolgen und
aufzuhellen bemüht iſt, zweifelt man nicht daran, daß man
in ihnen ein beſtimmtes in ſich abgeſchloſſenes Gebiet des
inneren Lebens vor ſich habe. Man belehrt denjenigen,
der in den Vorſtellungen gleichſam nur das geiſtige Spiegel¬
bild eines ſinnlich Vorhandenen ſieht, über die unendliche
Complication pſychophyſiſcher Vorgänge, auf denen die
Geſtaltung einer Vorſtellung beruht, aber man unterſcheidet
ſich inſofern nicht von ihm, als man ſo gut wie er in der
vorhandenen Vorſtellungswelt diejenige Form des Wirk¬
lichkeitsbewußtſeins ſieht, welche das gegebene unveränder¬
liche Material für die höheren geiſtigen Operationen bildet.
Es liegt hier ein Mißverſtändniß des wirklichen Sach¬
verhalts vor, welches nicht weniger verhängnißvoll iſt, als
das Mißverſtändniß, welches der naiv-realiſtiſchen Meinung
zu Grunde liegt. Und zudem iſt es ſchwerer, dieſes zweite
Mißverſtändniß zu zerſtören, als jenes erſte. Es erſcheint
ſo conſequent, an die Stelle der Dinge, die uns nur in
unſeren Vorſtellungen bekannt werden können, eben die
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/43>, abgerufen am 16.07.2024.
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