Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.in dieser Form zu dem stolzen Bau der in dem ganzen in dieſer Form zu dem ſtolzen Bau der in dem ganzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="14"/> in dieſer Form zu dem ſtolzen Bau der in dem ganzen<lb/> Reichthum ihrer Erſcheinungen und in der unendlichen<lb/> Complication ihrer Zuſammenhänge erkannten Welt ver¬<lb/> arbeitet wird? Aber wenn es auch das unmittelbare Wirk¬<lb/> lichkeitsbewußtſein iſt, welches ſich einer Verwandlung<lb/> unterwirft, um in der ſprachlichen Form eine beſtimmte<lb/> und faßbare Geſtalt zu gewinnen, ſo findet dieſe Ver¬<lb/> wandlung doch nicht ſo ſtatt, daß im Augenblick ihres<lb/> Eintretens der geſammte zur Hervorbringung des Wortes<lb/> erforderliche Bewußtſeinsinhalt in der neuen Form ohne<lb/> Reſt aufginge und an ſeine Stelle die Bezeichnung träte.<lb/> Die Entſtehung der Sprache gleicht nicht einem Kryſtalli¬<lb/> ſationsproceß, in dem die Stoffe zu einer beſtimmten Form<lb/> zuſammentreten, um nur noch in dieſer Form fortzube¬<lb/> ſtehen; vielmehr gleicht das Wort der Blüthe, der Frucht<lb/> einer Pflanze; dieſe entwickelt in der Blüthe, in der Frucht<lb/> etwas aus ſich heraus, was ſie ſelbſt nicht mehr iſt, es<lb/> tritt eine Metamorphoſe ein, aber ſie ſelbſt geht dabei<lb/> nicht zu Grunde. Alle die unendlich complicirten Vor¬<lb/> gänge unſeres Gefühls- und Darſtellungslebens, aus denen<lb/> das Wort als feſtes Gebilde hervortritt, bilden nach wie<lb/> vor den uns unmittelbar gegebenen und doch in keine Form<lb/> zu faſſenden Inhalt der Welt. Wenn wir ein Gefühl,<lb/> eine Vorſtellung benennen, ſo kommt dies dem Gefühl als<lb/> ſolchem, der Vorſtellung als ſolcher nicht zu gute. Feſt<lb/> und beſtimmt am Wort iſt nur das Wort ſelbſt, und wenn<lb/> wir die Aufmerkſamkeit unſeres Bewußtſeins dem ſoge¬<lb/> nannten Inhalt des Wortes zuwenden, ſo finden wir den¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0026]
in dieſer Form zu dem ſtolzen Bau der in dem ganzen
Reichthum ihrer Erſcheinungen und in der unendlichen
Complication ihrer Zuſammenhänge erkannten Welt ver¬
arbeitet wird? Aber wenn es auch das unmittelbare Wirk¬
lichkeitsbewußtſein iſt, welches ſich einer Verwandlung
unterwirft, um in der ſprachlichen Form eine beſtimmte
und faßbare Geſtalt zu gewinnen, ſo findet dieſe Ver¬
wandlung doch nicht ſo ſtatt, daß im Augenblick ihres
Eintretens der geſammte zur Hervorbringung des Wortes
erforderliche Bewußtſeinsinhalt in der neuen Form ohne
Reſt aufginge und an ſeine Stelle die Bezeichnung träte.
Die Entſtehung der Sprache gleicht nicht einem Kryſtalli¬
ſationsproceß, in dem die Stoffe zu einer beſtimmten Form
zuſammentreten, um nur noch in dieſer Form fortzube¬
ſtehen; vielmehr gleicht das Wort der Blüthe, der Frucht
einer Pflanze; dieſe entwickelt in der Blüthe, in der Frucht
etwas aus ſich heraus, was ſie ſelbſt nicht mehr iſt, es
tritt eine Metamorphoſe ein, aber ſie ſelbſt geht dabei
nicht zu Grunde. Alle die unendlich complicirten Vor¬
gänge unſeres Gefühls- und Darſtellungslebens, aus denen
das Wort als feſtes Gebilde hervortritt, bilden nach wie
vor den uns unmittelbar gegebenen und doch in keine Form
zu faſſenden Inhalt der Welt. Wenn wir ein Gefühl,
eine Vorſtellung benennen, ſo kommt dies dem Gefühl als
ſolchem, der Vorſtellung als ſolcher nicht zu gute. Feſt
und beſtimmt am Wort iſt nur das Wort ſelbſt, und wenn
wir die Aufmerkſamkeit unſeres Bewußtſeins dem ſoge¬
nannten Inhalt des Wortes zuwenden, ſo finden wir den¬
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