Was würden dagegen diejenigen, welche diese Furcht hegten, und dieselbe durch ihr Han¬ deln zugeständen, annehmen, und laut vor aller Welt bekennen, daß sie es annehmen? Sie würden bekennen, daß sie glaubten, daß ein menschenfeindliches, und ein sehr kleines und niedriges Princip über uns herrsche, dem jede Regung selbstständiger Kraft bange mache, der von Sittlichkeit, Religion, Veredlung der Gemüther nicht ohne Angst hören könne, in¬ dem allein in der Herabwürdigung der Men¬ schen, in ihrer Dumpfheit, und ihren Lastern, für ihn Heil sey, und Hoffnung, sich zu erhalten. Mit diesem ihren Glauben, der unsern andern Uebeln noch die drückende Schmach hinzufügen würde, von einem solchen beherscht zu seyn, sollen wir nun ohne weiteres, und ohne die vorhergegangene einleuchtende Beweißführung, einverstanden seyn, und in demselben handeln?
Den schlimmsten Fall gesezt, daß sie recht hätten, keinesweges aber wir, die wir das erstere durch unsere That annehmen, soll denn nun wirklich, einem zu gefal¬ len, dem damit gedient ist, und ihnen zu ge¬
Was wuͤrden dagegen diejenigen, welche dieſe Furcht hegten, und dieſelbe durch ihr Han¬ deln zugeſtaͤnden, annehmen, und laut vor aller Welt bekennen, daß ſie es annehmen? Sie wuͤrden bekennen, daß ſie glaubten, daß ein menſchenfeindliches, und ein ſehr kleines und niedriges Princip uͤber uns herrſche, dem jede Regung ſelbſtſtaͤndiger Kraft bange mache, der von Sittlichkeit, Religion, Veredlung der Gemuͤther nicht ohne Angſt hoͤren koͤnne, in¬ dem allein in der Herabwuͤrdigung der Men¬ ſchen, in ihrer Dumpfheit, und ihren Laſtern, fuͤr ihn Heil ſey, und Hoffnung, ſich zu erhalten. Mit dieſem ihren Glauben, der unſern andern Uebeln noch die druͤckende Schmach hinzufuͤgen wuͤrde, von einem ſolchen beherſcht zu ſeyn, ſollen wir nun ohne weiteres, und ohne die vorhergegangene einleuchtende Beweißfuͤhrung, einverſtanden ſeyn, und in demſelben handeln?
Den ſchlimmſten Fall geſezt, daß ſie recht haͤtten, keinesweges aber wir, die wir das erſtere durch unſere That annehmen, ſoll denn nun wirklich, einem zu gefal¬ len, dem damit gedient iſt, und ihnen zu ge¬
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Was wuͤrden dagegen diejenigen, welche
dieſe Furcht hegten, und dieſelbe durch ihr Han¬
deln zugeſtaͤnden, annehmen, und laut vor
aller Welt bekennen, daß ſie es annehmen? Sie
wuͤrden bekennen, daß ſie glaubten, daß ein
menſchenfeindliches, und ein ſehr kleines und
niedriges Princip uͤber uns herrſche, dem jede
Regung ſelbſtſtaͤndiger Kraft bange mache, der
von Sittlichkeit, Religion, Veredlung der
Gemuͤther nicht ohne Angſt hoͤren koͤnne, in¬
dem allein in der Herabwuͤrdigung der Men¬
ſchen, in ihrer Dumpfheit, und ihren Laſtern,
fuͤr ihn Heil ſey, und Hoffnung, ſich zu erhalten.
Mit dieſem ihren Glauben, der unſern andern
Uebeln noch die druͤckende Schmach hinzufuͤgen
wuͤrde, von einem ſolchen beherſcht zu ſeyn,
ſollen wir nun ohne weiteres, und ohne die
vorhergegangene einleuchtende Beweißfuͤhrung,
einverſtanden ſeyn, und in demſelben handeln?
Den ſchlimmſten Fall geſezt, daß ſie recht
haͤtten, keinesweges aber wir, die wir
das erſtere durch unſere That annehmen,
ſoll denn nun wirklich, einem zu gefal¬
len, dem damit gedient iſt, und ihnen zu ge¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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