Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

führen könne: denn, falls auch nicht diese Denk¬
art, die lieber in der wankenden Welt der
Möglichkeiten schweifen, als auf das Noth¬
wendige sich heften mag, und die ihre Rettung
lieber dem blinden Ohngefähr, als sich selber,
verdanken will, schon an sich von dem sträflich¬
sten Leichtsinne, und der tiefsten Verachtung
seiner selbst zeugte, so wie sie es thut, so ha¬
ben auch noch überdies alle Vertröstungen und
Verweisungen dieser Art durchaus keine An¬
wendung auf unsre Lage. Es läßt sich der
strenge Beweis führen, und wir werden ihn
zu seiner Zeit führen, daß kein Mensch, und
kein Gott, und keines von allen im Gebiete der
Möglichkeit liegenden Erängnissen uns helfen
kann, sondern daß allein wir selber uns helfen
müssen, falls uns geholfen werden soll. Viel¬
mehr werde ich Sie zu erheben suchen über den
Schmerz, durch klare Einsicht in unsre Lage,
in unsre noch übrig gebliebene Kraft, in die
Mittel unsrer Rettung. Ich werde darum
allerdings einen gewissen Grad der Besinnung,
eine gewisse Selbstthätigkeit, und einige Auf¬
opferung anmuthen, und rechne darum auf

fuͤhren koͤnne: denn, falls auch nicht dieſe Denk¬
art, die lieber in der wankenden Welt der
Moͤglichkeiten ſchweifen, als auf das Noth¬
wendige ſich heften mag, und die ihre Rettung
lieber dem blinden Ohngefaͤhr, als ſich ſelber,
verdanken will, ſchon an ſich von dem ſtraͤflich¬
ſten Leichtſinne, und der tiefſten Verachtung
ſeiner ſelbſt zeugte, ſo wie ſie es thut, ſo ha¬
ben auch noch uͤberdies alle Vertroͤſtungen und
Verweiſungen dieſer Art durchaus keine An¬
wendung auf unſre Lage. Es laͤßt ſich der
ſtrenge Beweis fuͤhren, und wir werden ihn
zu ſeiner Zeit fuͤhren, daß kein Menſch, und
kein Gott, und keines von allen im Gebiete der
Moͤglichkeit liegenden Eraͤngniſſen uns helfen
kann, ſondern daß allein wir ſelber uns helfen
muͤſſen, falls uns geholfen werden ſoll. Viel¬
mehr werde ich Sie zu erheben ſuchen uͤber den
Schmerz, durch klare Einſicht in unſre Lage,
in unſre noch uͤbrig gebliebene Kraft, in die
Mittel unſrer Rettung. Ich werde darum
allerdings einen gewiſſen Grad der Beſinnung,
eine gewiſſe Selbſtthaͤtigkeit, und einige Auf¬
opferung anmuthen, und rechne darum auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="23"/>
fu&#x0364;hren ko&#x0364;nne: denn, falls auch nicht die&#x017F;e Denk¬<lb/>
art, die lieber in der wankenden Welt der<lb/>
Mo&#x0364;glichkeiten &#x017F;chweifen, als auf das Noth¬<lb/>
wendige &#x017F;ich heften mag, und die ihre Rettung<lb/>
lieber dem blinden Ohngefa&#x0364;hr, als &#x017F;ich &#x017F;elber,<lb/>
verdanken will, &#x017F;chon an &#x017F;ich von dem &#x017F;tra&#x0364;flich¬<lb/>
&#x017F;ten Leicht&#x017F;inne, und der tief&#x017F;ten Verachtung<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t zeugte, &#x017F;o wie &#x017F;ie es thut, &#x017F;o ha¬<lb/>
ben auch noch u&#x0364;berdies alle Vertro&#x0364;&#x017F;tungen und<lb/>
Verwei&#x017F;ungen die&#x017F;er Art durchaus keine An¬<lb/>
wendung auf un&#x017F;re Lage. Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich der<lb/>
&#x017F;trenge Beweis fu&#x0364;hren, und wir werden ihn<lb/>
zu &#x017F;einer Zeit fu&#x0364;hren, daß kein Men&#x017F;ch, und<lb/>
kein Gott, und keines von allen im Gebiete der<lb/>
Mo&#x0364;glichkeit liegenden Era&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;en uns helfen<lb/>
kann, &#x017F;ondern daß allein wir &#x017F;elber uns helfen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, falls uns geholfen werden &#x017F;oll. Viel¬<lb/>
mehr werde ich Sie zu erheben &#x017F;uchen u&#x0364;ber den<lb/>
Schmerz, durch klare Ein&#x017F;icht in un&#x017F;re Lage,<lb/>
in un&#x017F;re noch u&#x0364;brig gebliebene Kraft, in die<lb/>
Mittel un&#x017F;rer Rettung. Ich werde darum<lb/>
allerdings einen gewi&#x017F;&#x017F;en Grad der Be&#x017F;innung,<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit, und einige Auf¬<lb/>
opferung anmuthen, und rechne darum auf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0029] fuͤhren koͤnne: denn, falls auch nicht dieſe Denk¬ art, die lieber in der wankenden Welt der Moͤglichkeiten ſchweifen, als auf das Noth¬ wendige ſich heften mag, und die ihre Rettung lieber dem blinden Ohngefaͤhr, als ſich ſelber, verdanken will, ſchon an ſich von dem ſtraͤflich¬ ſten Leichtſinne, und der tiefſten Verachtung ſeiner ſelbſt zeugte, ſo wie ſie es thut, ſo ha¬ ben auch noch uͤberdies alle Vertroͤſtungen und Verweiſungen dieſer Art durchaus keine An¬ wendung auf unſre Lage. Es laͤßt ſich der ſtrenge Beweis fuͤhren, und wir werden ihn zu ſeiner Zeit fuͤhren, daß kein Menſch, und kein Gott, und keines von allen im Gebiete der Moͤglichkeit liegenden Eraͤngniſſen uns helfen kann, ſondern daß allein wir ſelber uns helfen muͤſſen, falls uns geholfen werden ſoll. Viel¬ mehr werde ich Sie zu erheben ſuchen uͤber den Schmerz, durch klare Einſicht in unſre Lage, in unſre noch uͤbrig gebliebene Kraft, in die Mittel unſrer Rettung. Ich werde darum allerdings einen gewiſſen Grad der Beſinnung, eine gewiſſe Selbſtthaͤtigkeit, und einige Auf¬ opferung anmuthen, und rechne darum auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/29
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/29>, abgerufen am 29.03.2024.