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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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schienen war, auch diese sollten theilhaftig wer¬
den des Heiles, das für sie angebrochen war;
diese Hofnung allein war es, die durch den
Feind bedroht wurde, für sie, für eine Ord¬
nung der Dinge, die lange nach ihrem Tode
über ihren Gräbern blühen sollte, versprizten
sie mit dieser Freudigkeit ihr Blut. Geben
wir zu, daß sie sich selbst nicht ganz klar wa¬
ren, daß sie in der Bezeichnung des edelsten,
was in ihnen war, mit Worten sich vergriffen,
und mit dem Munde ihrem Gemüthe unrecht
thaten; bekennen wir gern, daß ihr Glaubens¬
bekenntniß nicht das einige, und ausschließende
Mittel war, des Himmels jenseits des Grabes
theilhaftig zu werden: so ist doch dies ewig
wahr, daß mehr Himmel diesseits des Grabes,
ein muthigeres und fröhlicheres Emporblicken
von der Erde, und eine freiere Regung des
Geistes, durch ihre Aufopferung, in alles Leben
der Folgezeit gekommen ist, und die Nachkom¬
men ihrer Gegner eben so wohl, als wir selbst,
ihre Nachkommen, die Früchte ihrer Mühen
bis auf diesen Tag genießen.

In diesem Glauben sezten unsre ältesten

ſchienen war, auch dieſe ſollten theilhaftig wer¬
den des Heiles, das fuͤr ſie angebrochen war;
dieſe Hofnung allein war es, die durch den
Feind bedroht wurde, fuͤr ſie, fuͤr eine Ord¬
nung der Dinge, die lange nach ihrem Tode
uͤber ihren Graͤbern bluͤhen ſollte, verſprizten
ſie mit dieſer Freudigkeit ihr Blut. Geben
wir zu, daß ſie ſich ſelbſt nicht ganz klar wa¬
ren, daß ſie in der Bezeichnung des edelſten,
was in ihnen war, mit Worten ſich vergriffen,
und mit dem Munde ihrem Gemuͤthe unrecht
thaten; bekennen wir gern, daß ihr Glaubens¬
bekenntniß nicht das einige, und ausſchließende
Mittel war, des Himmels jenſeits des Grabes
theilhaftig zu werden: ſo iſt doch dies ewig
wahr, daß mehr Himmel dieſſeits des Grabes,
ein muthigeres und froͤhlicheres Emporblicken
von der Erde, und eine freiere Regung des
Geiſtes, durch ihre Aufopferung, in alles Leben
der Folgezeit gekommen iſt, und die Nachkom¬
men ihrer Gegner eben ſo wohl, als wir ſelbſt,
ihre Nachkommen, die Fruͤchte ihrer Muͤhen
bis auf dieſen Tag genießen.

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[265/0271] ſchienen war, auch dieſe ſollten theilhaftig wer¬ den des Heiles, das fuͤr ſie angebrochen war; dieſe Hofnung allein war es, die durch den Feind bedroht wurde, fuͤr ſie, fuͤr eine Ord¬ nung der Dinge, die lange nach ihrem Tode uͤber ihren Graͤbern bluͤhen ſollte, verſprizten ſie mit dieſer Freudigkeit ihr Blut. Geben wir zu, daß ſie ſich ſelbſt nicht ganz klar wa¬ ren, daß ſie in der Bezeichnung des edelſten, was in ihnen war, mit Worten ſich vergriffen, und mit dem Munde ihrem Gemuͤthe unrecht thaten; bekennen wir gern, daß ihr Glaubens¬ bekenntniß nicht das einige, und ausſchließende Mittel war, des Himmels jenſeits des Grabes theilhaftig zu werden: ſo iſt doch dies ewig wahr, daß mehr Himmel dieſſeits des Grabes, ein muthigeres und froͤhlicheres Emporblicken von der Erde, und eine freiere Regung des Geiſtes, durch ihre Aufopferung, in alles Leben der Folgezeit gekommen iſt, und die Nachkom¬ men ihrer Gegner eben ſo wohl, als wir ſelbſt, ihre Nachkommen, die Fruͤchte ihrer Muͤhen bis auf dieſen Tag genießen. In dieſem Glauben ſezten unſre aͤlteſten

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/271>, abgerufen am 22.11.2024.