nungen, der kann wohl einen Augenblik sich frei wähnen, aber seinem strengern Denken hält dieser Wahn nicht Stand; wie er aber sich selbst findet, eben also denkt er nothwendig sein gan¬ zes Geschlecht. Wessen Leben dagegen ergrif¬ fen ist von dem wahrhaftigen, und Leben un¬ mittelbar aus Gott geworden ist, der ist frei, und glaubt an Freiheit in sich und andern.
Wer an ein festes beharrliches, und todtes Seyn glaubt, der glaubt nur darum daran, weil er in sich selbst tod ist; und, nachdem er einmal tod ist, kann er nicht anders, denn also glauben, sobald er nur in sich selbst klar wird. Er selbst und seine ganze Gattung von Anbe¬ ginn bis ans Ende wird ihm ein zweites, und eine nothwendige Folge aus irgend einem vor¬ auszusetzenden ersten Gliede. Diese Voraus¬ setzung ist sein wirkliches, keinesweges ein bloß gedachtes Denken, sein wahrer Sinn, der Punkt, wo sein Denken unmittelbar selbst Leben ist; und ist so die Quelle alles seines übrigen Denkens, und Beurtheilens seines Geschlechts, in seiner Ver¬ gangenheit, der Geschichte, seiner Zukunft, den Erwartungen von ihm, und seiner Gegenwart, im wirklichen Leben an ihm selber, und andern. Wir haben diesen Glauben an den Tod, im Ge¬ gensatze mit einem ursprünglich lebendigen Volke
nungen, der kann wohl einen Augenblik ſich frei waͤhnen, aber ſeinem ſtrengern Denken haͤlt dieſer Wahn nicht Stand; wie er aber ſich ſelbſt findet, eben alſo denkt er nothwendig ſein gan¬ zes Geſchlecht. Weſſen Leben dagegen ergrif¬ fen iſt von dem wahrhaftigen, und Leben un¬ mittelbar aus Gott geworden iſt, der iſt frei, und glaubt an Freiheit in ſich und andern.
Wer an ein feſtes beharrliches, und todtes Seyn glaubt, der glaubt nur darum daran, weil er in ſich ſelbſt tod iſt; und, nachdem er einmal tod iſt, kann er nicht anders, denn alſo glauben, ſobald er nur in ſich ſelbſt klar wird. Er ſelbſt und ſeine ganze Gattung von Anbe¬ ginn bis ans Ende wird ihm ein zweites, und eine nothwendige Folge aus irgend einem vor¬ auszuſetzenden erſten Gliede. Dieſe Voraus¬ ſetzung iſt ſein wirkliches, keinesweges ein bloß gedachtes Denken, ſein wahrer Sinn, der Punkt, wo ſein Denken unmittelbar ſelbſt Leben iſt; und iſt ſo die Quelle alles ſeines uͤbrigen Denkens, und Beurtheilens ſeines Geſchlechts, in ſeiner Ver¬ gangenheit, der Geſchichte, ſeiner Zukunft, den Erwartungen von ihm, und ſeiner Gegenwart, im wirklichen Leben an ihm ſelber, und andern. Wir haben dieſen Glauben an den Tod, im Ge¬ genſatze mit einem urſpruͤnglich lebendigen Volke
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nungen, der kann wohl einen Augenblik ſich
frei waͤhnen, aber ſeinem ſtrengern Denken haͤlt
dieſer Wahn nicht Stand; wie er aber ſich ſelbſt
findet, eben alſo denkt er nothwendig ſein gan¬
zes Geſchlecht. Weſſen Leben dagegen ergrif¬
fen iſt von dem wahrhaftigen, und Leben un¬
mittelbar aus Gott geworden iſt, der iſt frei,
und glaubt an Freiheit in ſich und andern.
Wer an ein feſtes beharrliches, und todtes
Seyn glaubt, der glaubt nur darum daran,
weil er in ſich ſelbſt tod iſt; und, nachdem er
einmal tod iſt, kann er nicht anders, denn alſo
glauben, ſobald er nur in ſich ſelbſt klar wird.
Er ſelbſt und ſeine ganze Gattung von Anbe¬
ginn bis ans Ende wird ihm ein zweites, und
eine nothwendige Folge aus irgend einem vor¬
auszuſetzenden erſten Gliede. Dieſe Voraus¬
ſetzung iſt ſein wirkliches, keinesweges ein bloß
gedachtes Denken, ſein wahrer Sinn, der Punkt,
wo ſein Denken unmittelbar ſelbſt Leben iſt; und
iſt ſo die Quelle alles ſeines uͤbrigen Denkens, und
Beurtheilens ſeines Geſchlechts, in ſeiner Ver¬
gangenheit, der Geſchichte, ſeiner Zukunft, den
Erwartungen von ihm, und ſeiner Gegenwart, im
wirklichen Leben an ihm ſelber, und andern.
Wir haben dieſen Glauben an den Tod, im Ge¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/240>, abgerufen am 22.11.2024.
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