Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

auf das übrige Europa immer zurükgewirkt
hat. Hierdurch erhielt für das allgemeine
die alte Lehre wenigstens diejenige unschäd¬
liche Wirksamkeit, die sie, nachdem sie nun
einmal nicht aufgegeben werden sollte, haben
konnte; insbesondere aber ward sie für die
Vertheidiger derselben Gelegenheit und Auf¬
forderung zu einem gründlicheren und folge¬
gemäßeren Nachdenken, als bisher statt
gehabt hatte. Davon, daß die in Deutsch¬
land verbesserte Lehre auch in das neulatei¬
nische Ausland sich verbreitet, und daselbst
denselben Erfolg höherer Begeisterung her¬
vorgebracht, wollen wir hier, als von einer
vorübergehenden Erscheinung schweigen: wie¬
wohl es immer merkwürdig ist, daß die neue
Lehre in keinem eigentlich neulateinischen
Lande zu einem vom Staate anerkannten
Bestande gekommen; indem es scheint, daß
es deutscher Gründlichkeit bei den Regieren¬
den, und deutscher Gutmüthigkeit beim Volke,
bedurft habe, um diese Lehre verträglich mit
der Obergewalt zu finden, und sie also zu
machen.

In

auf das uͤbrige Europa immer zuruͤkgewirkt
hat. Hierdurch erhielt fuͤr das allgemeine
die alte Lehre wenigſtens diejenige unſchaͤd¬
liche Wirkſamkeit, die ſie, nachdem ſie nun
einmal nicht aufgegeben werden ſollte, haben
konnte; insbeſondere aber ward ſie fuͤr die
Vertheidiger derſelben Gelegenheit und Auf¬
forderung zu einem gruͤndlicheren und folge¬
gemaͤßeren Nachdenken, als bisher ſtatt
gehabt hatte. Davon, daß die in Deutſch¬
land verbeſſerte Lehre auch in das neulatei¬
niſche Ausland ſich verbreitet, und daſelbſt
denſelben Erfolg hoͤherer Begeiſterung her¬
vorgebracht, wollen wir hier, als von einer
voruͤbergehenden Erſcheinung ſchweigen: wie¬
wohl es immer merkwuͤrdig iſt, daß die neue
Lehre in keinem eigentlich neulateiniſchen
Lande zu einem vom Staate anerkannten
Beſtande gekommen; indem es ſcheint, daß
es deutſcher Gruͤndlichkeit bei den Regieren¬
den, und deutſcher Gutmuͤthigkeit beim Volke,
bedurft habe, um dieſe Lehre vertraͤglich mit
der Obergewalt zu finden, und ſie alſo zu
machen.

In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0198" n="192"/>
auf das u&#x0364;brige Europa immer zuru&#x0364;kgewirkt<lb/>
hat. Hierdurch erhielt fu&#x0364;r das allgemeine<lb/>
die alte Lehre wenig&#x017F;tens diejenige un&#x017F;cha&#x0364;<lb/>
liche Wirk&#x017F;amkeit, die &#x017F;ie, nachdem &#x017F;ie nun<lb/>
einmal nicht aufgegeben werden &#x017F;ollte, haben<lb/>
konnte; insbe&#x017F;ondere aber ward &#x017F;ie fu&#x0364;r die<lb/>
Vertheidiger der&#x017F;elben Gelegenheit und Auf¬<lb/>
forderung zu einem gru&#x0364;ndlicheren und folge¬<lb/>
gema&#x0364;ßeren Nachdenken, als bisher &#x017F;tatt<lb/>
gehabt hatte. Davon, daß die in Deut&#x017F;ch¬<lb/>
land verbe&#x017F;&#x017F;erte Lehre auch in das neulatei¬<lb/>
ni&#x017F;che Ausland &#x017F;ich verbreitet, und da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
den&#x017F;elben Erfolg ho&#x0364;herer Begei&#x017F;terung her¬<lb/>
vorgebracht, wollen wir hier, als von einer<lb/>
voru&#x0364;bergehenden Er&#x017F;cheinung &#x017F;chweigen: wie¬<lb/>
wohl es immer merkwu&#x0364;rdig i&#x017F;t, daß die neue<lb/>
Lehre in keinem eigentlich neulateini&#x017F;chen<lb/>
Lande zu einem vom Staate anerkannten<lb/>
Be&#x017F;tande gekommen; indem es &#x017F;cheint, daß<lb/>
es deut&#x017F;cher Gru&#x0364;ndlichkeit bei den Regieren¬<lb/>
den, und deut&#x017F;cher Gutmu&#x0364;thigkeit beim Volke,<lb/>
bedurft habe, um die&#x017F;e Lehre vertra&#x0364;glich mit<lb/>
der Obergewalt zu finden, und &#x017F;ie al&#x017F;o zu<lb/>
machen.<lb/></p>
        <fw place="bottom" type="catch">In<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0198] auf das uͤbrige Europa immer zuruͤkgewirkt hat. Hierdurch erhielt fuͤr das allgemeine die alte Lehre wenigſtens diejenige unſchaͤd¬ liche Wirkſamkeit, die ſie, nachdem ſie nun einmal nicht aufgegeben werden ſollte, haben konnte; insbeſondere aber ward ſie fuͤr die Vertheidiger derſelben Gelegenheit und Auf¬ forderung zu einem gruͤndlicheren und folge¬ gemaͤßeren Nachdenken, als bisher ſtatt gehabt hatte. Davon, daß die in Deutſch¬ land verbeſſerte Lehre auch in das neulatei¬ niſche Ausland ſich verbreitet, und daſelbſt denſelben Erfolg hoͤherer Begeiſterung her¬ vorgebracht, wollen wir hier, als von einer voruͤbergehenden Erſcheinung ſchweigen: wie¬ wohl es immer merkwuͤrdig iſt, daß die neue Lehre in keinem eigentlich neulateiniſchen Lande zu einem vom Staate anerkannten Beſtande gekommen; indem es ſcheint, daß es deutſcher Gruͤndlichkeit bei den Regieren¬ den, und deutſcher Gutmuͤthigkeit beim Volke, bedurft habe, um dieſe Lehre vertraͤglich mit der Obergewalt zu finden, und ſie alſo zu machen. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/198
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/198>, abgerufen am 24.11.2024.