bisher beschriebene Weise; für die spätern Er¬ oberer derselben aber enthält das Sinnbild eine Vergleichung mit einer sinnlichen Anschau¬ ung, die sie entweder schon längst, ohne die beiliegende geistige Ausbildung, übersprungen haben, oder die sie dermalen noch nicht gehabt haben, auch wohl niemals haben können. Das höchste, was sie hiebei thun können, ist, daß sie das Sinnbild und die geistige Bedeutung des¬ selben sich erklären lassen, wodurch sie die flache und todte Geschichte einer fremden Bildung, keinesweges aber eigene Bildung erhalten, und Bilder bekommen, die für sie weder unmittel¬ bar klar, noch auch Lebenanregend sind, son¬ dern völlig also willkührlich erscheinen müssen, wie der sinnliche Theil der Sprache. Für sie ist nun, durch diesen Eintritt der bloßen Ge¬ schichte, als Erklärerin, die Sprache in Absicht des ganzen Umkreises ihrer Sinnbildlichkeit tod, abgeschlossen, und ihr stetiger Fortfluß abgebrochen; und obwohl über diesen Umkreis hinaus sie nach ihrer Weise, und in wiefern dies von einem solchen Ausgangspunkte aus möglich ist, diese Sprache wieder lebendig fort¬ bilden mögen; so bleibt doch jener Bestandtheil die Scheidewand an welcher der ursprüngliche
bisher beſchriebene Weiſe; fuͤr die ſpaͤtern Er¬ oberer derſelben aber enthaͤlt das Sinnbild eine Vergleichung mit einer ſinnlichen Anſchau¬ ung, die ſie entweder ſchon laͤngſt, ohne die beiliegende geiſtige Ausbildung, uͤberſprungen haben, oder die ſie dermalen noch nicht gehabt haben, auch wohl niemals haben koͤnnen. Das hoͤchſte, was ſie hiebei thun koͤnnen, iſt, daß ſie das Sinnbild und die geiſtige Bedeutung deſ¬ ſelben ſich erklaͤren laſſen, wodurch ſie die flache und todte Geſchichte einer fremden Bildung, keinesweges aber eigene Bildung erhalten, und Bilder bekommen, die fuͤr ſie weder unmittel¬ bar klar, noch auch Lebenanregend ſind, ſon¬ dern voͤllig alſo willkuͤhrlich erſcheinen muͤſſen, wie der ſinnliche Theil der Sprache. Fuͤr ſie iſt nun, durch dieſen Eintritt der bloßen Ge¬ ſchichte, als Erklaͤrerin, die Sprache in Abſicht des ganzen Umkreiſes ihrer Sinnbildlichkeit tod, abgeſchloſſen, und ihr ſtetiger Fortfluß abgebrochen; und obwohl uͤber dieſen Umkreis hinaus ſie nach ihrer Weiſe, und in wiefern dies von einem ſolchen Ausgangspunkte aus moͤglich iſt, dieſe Sprache wieder lebendig fort¬ bilden moͤgen; ſo bleibt doch jener Beſtandtheil die Scheidewand an welcher der urſpruͤngliche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0138"n="132"/>
bisher beſchriebene Weiſe; fuͤr die ſpaͤtern Er¬<lb/>
oberer derſelben aber enthaͤlt das Sinnbild<lb/>
eine Vergleichung mit einer ſinnlichen Anſchau¬<lb/>
ung, die ſie entweder ſchon laͤngſt, ohne die<lb/>
beiliegende geiſtige Ausbildung, uͤberſprungen<lb/>
haben, oder die ſie dermalen noch nicht gehabt<lb/>
haben, auch wohl niemals haben koͤnnen. Das<lb/>
hoͤchſte, was ſie hiebei thun koͤnnen, iſt, daß ſie<lb/>
das Sinnbild und die geiſtige Bedeutung deſ¬<lb/>ſelben ſich erklaͤren laſſen, wodurch ſie die flache<lb/>
und todte Geſchichte einer fremden Bildung,<lb/>
keinesweges aber eigene Bildung erhalten, und<lb/>
Bilder bekommen, die fuͤr ſie weder unmittel¬<lb/>
bar klar, noch auch Lebenanregend ſind, ſon¬<lb/>
dern voͤllig alſo willkuͤhrlich erſcheinen muͤſſen,<lb/>
wie der ſinnliche Theil der Sprache. Fuͤr ſie<lb/>
iſt nun, durch dieſen Eintritt der bloßen Ge¬<lb/>ſchichte, als Erklaͤrerin, die Sprache in Abſicht<lb/>
des ganzen Umkreiſes ihrer Sinnbildlichkeit<lb/>
tod, abgeſchloſſen, und ihr ſtetiger Fortfluß<lb/>
abgebrochen; und obwohl uͤber dieſen Umkreis<lb/>
hinaus ſie nach ihrer Weiſe, und in wiefern<lb/>
dies von einem ſolchen Ausgangspunkte aus<lb/>
moͤglich iſt, dieſe Sprache wieder lebendig fort¬<lb/>
bilden moͤgen; ſo bleibt doch jener Beſtandtheil<lb/>
die Scheidewand an welcher der urſpruͤngliche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[132/0138]
bisher beſchriebene Weiſe; fuͤr die ſpaͤtern Er¬
oberer derſelben aber enthaͤlt das Sinnbild
eine Vergleichung mit einer ſinnlichen Anſchau¬
ung, die ſie entweder ſchon laͤngſt, ohne die
beiliegende geiſtige Ausbildung, uͤberſprungen
haben, oder die ſie dermalen noch nicht gehabt
haben, auch wohl niemals haben koͤnnen. Das
hoͤchſte, was ſie hiebei thun koͤnnen, iſt, daß ſie
das Sinnbild und die geiſtige Bedeutung deſ¬
ſelben ſich erklaͤren laſſen, wodurch ſie die flache
und todte Geſchichte einer fremden Bildung,
keinesweges aber eigene Bildung erhalten, und
Bilder bekommen, die fuͤr ſie weder unmittel¬
bar klar, noch auch Lebenanregend ſind, ſon¬
dern voͤllig alſo willkuͤhrlich erſcheinen muͤſſen,
wie der ſinnliche Theil der Sprache. Fuͤr ſie
iſt nun, durch dieſen Eintritt der bloßen Ge¬
ſchichte, als Erklaͤrerin, die Sprache in Abſicht
des ganzen Umkreiſes ihrer Sinnbildlichkeit
tod, abgeſchloſſen, und ihr ſtetiger Fortfluß
abgebrochen; und obwohl uͤber dieſen Umkreis
hinaus ſie nach ihrer Weiſe, und in wiefern
dies von einem ſolchen Ausgangspunkte aus
moͤglich iſt, dieſe Sprache wieder lebendig fort¬
bilden moͤgen; ſo bleibt doch jener Beſtandtheil
die Scheidewand an welcher der urſpruͤngliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/138>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.