Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Mittel d. Angesch. d. Gericht z. unterwerf.

Angeschuldigte durch die Flucht entzogen hat.
In das Gebiet einer fremden Gerichtsbarkeit
den Flüchtigen verfolgen, ist widerrechtlich *),
wenn nicht Verträge oder Gesetze **) es erlau-
ben. Kann die Nacheile nicht angewendet
werden und ist der Aufenthaltsort des Ver-
dächtigen unbekannt, so werden 3) Steck-
briefe erlassen. Dieses sind öffentliche und
offene Urkunden, worin ein Richter von andern
Obrigkeiten Ergreifung und Auslieferung des
Flüchtigen verlangt. ***)

§. 566.

Wenn der Auffenthaltsort des Flüchtigen
bekannt ist, so bedient man sich 4) der Re-
quisitorialien. Dieses sind Schreiben,
welche von dem Richter an ein anderes bestimmtes
Gericht erlassen werden und in welchen die Er-
greifung und Gefangennehmung des Flüchtigen
(befehls- oder bittweise) verlangt wird. Die
Req. kommen in Ansehung der innern Erfor-
dernisse mit den Steckbriefen überein, nur
dass die Gründe zur Incarceration speciell an-
gegeben werden müssen. +)

§. 567.

*) Dies fliesst schon aus der Natur der deutschen
Staatsverfassung. Aus L. 20. de jurisdict. und L. 3.
de offic. Praes. dürfte sich dieses nicht ableiten lassen.

**) R. A. v. I. 1559. §. 22. 26.

***) Kleinschrod über die Natur und Erfodernisse der
Steckbriefe. In dessen Abhandl. Th. II. Nr. 11.

+) C. I. de Zwierlein Diss. II. de litteris requisitori-
alibus. Gött. 1758.

Mittel d. Angeſch. d. Gericht z. unterwerf.

Angeſchuldigte durch die Flucht entzogen hat.
In das Gebiet einer fremden Gerichtsbarkeit
den Flüchtigen verfolgen, iſt widerrechtlich *),
wenn nicht Verträge oder Geſetze **) es erlau-
ben. Kann die Nacheile nicht angewendet
werden und iſt der Aufenthaltsort des Ver-
dächtigen unbekannt, ſo werden 3) Steck-
briefe erlaſſen. Dieſes ſind öffentliche und
offene Urkunden, worin ein Richter von andern
Obrigkeiten Ergreifung und Auslieferung des
Flüchtigen verlangt. ***)

§. 566.

Wenn der Auffenthaltsort des Flüchtigen
bekannt iſt, ſo bedient man ſich 4) der Re-
quiſitorialien. Dieſes ſind Schreiben,
welche von dem Richter an ein anderes beſtimmtes
Gericht erlaſſen werden und in welchen die Er-
greifung und Gefangennehmung des Flüchtigen
(befehls- oder bittweiſe) verlangt wird. Die
Req. kommen in Anſehung der innern Erfor-
derniſſe mit den Steckbriefen überein, nur
daſs die Gründe zur Incarceration ſpeciell an-
gegeben werden müſſen. †)

§. 567.

*) Dies flieſst ſchon aus der Natur der deutſchen
Staatsverfaſſung. Aus L. 20. de jurisdict. und L. 3.
de offic. Praeſ. dürfte ſich dieſes nicht ableiten laſſen.

**) R. A. v. I. 1559. §. 22. 26.

***) Kleinſchrod über die Natur und Erfoderniſſe der
Steckbriefe. In deſſen Abhandl. Th. II. Nr. 11.

†) C. I. de Zwierlein Diſſ. II. de litteris requiſitori-
alibus. Gött. 1758.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0481" n="453"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Mittel d. Ange&#x017F;ch. d. Gericht z. unterwerf.</hi></fw><lb/>
Ange&#x017F;chuldigte durch die Flucht entzogen hat.<lb/>
In das Gebiet einer fremden Gerichtsbarkeit<lb/>
den Flüchtigen verfolgen, i&#x017F;t widerrechtlich <note place="foot" n="*)">Dies flie&#x017F;st &#x017F;chon aus der Natur der deut&#x017F;chen<lb/>
Staatsverfa&#x017F;&#x017F;ung. Aus <hi rendition="#i">L</hi>. 20. <hi rendition="#i">de jurisdict</hi>. und <hi rendition="#i">L</hi>. 3.<lb/><hi rendition="#i">de offic. Prae&#x017F;</hi>. dürfte &#x017F;ich die&#x017F;es nicht ableiten la&#x017F;&#x017F;en.</note>,<lb/>
wenn nicht Verträge oder Ge&#x017F;etze <note place="foot" n="**)">R. A. v. I. 1559. §. 22. 26.</note> es erlau-<lb/>
ben. Kann die Nacheile nicht angewendet<lb/>
werden und i&#x017F;t der Aufenthaltsort des Ver-<lb/>
dächtigen unbekannt, &#x017F;o werden 3) <hi rendition="#g">Steck-<lb/>
briefe</hi> erla&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;es &#x017F;ind <hi rendition="#i">öffentliche und<lb/>
offene Urkunden, worin ein Richter von andern<lb/>
Obrigkeiten Ergreifung und Auslieferung des<lb/>
Flüchtigen verlangt</hi>. <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#g">Klein&#x017F;chrod</hi><hi rendition="#i">über die Natur und Erfoderni&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Steckbriefe. In</hi><hi rendition="#g">de&#x017F;&#x017F;en</hi><hi rendition="#i">Abhandl. Th. II. Nr</hi>. 11.</note></p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 566.</head><lb/>
                    <p>Wenn der Auffenthaltsort des Flüchtigen<lb/>
bekannt i&#x017F;t, &#x017F;o bedient man &#x017F;ich 4) der <hi rendition="#g">Re-<lb/>
qui&#x017F;itorialien</hi>. Die&#x017F;es &#x017F;ind Schreiben,<lb/><hi rendition="#i">welche von dem Richter an ein anderes be&#x017F;timmtes<lb/>
Gericht erla&#x017F;&#x017F;en werden und in welchen die Er-<lb/>
greifung und Gefangennehmung des Flüchtigen</hi><lb/>
(befehls- oder bittwei&#x017F;e) <hi rendition="#i">verlangt wird</hi>. Die<lb/><hi rendition="#i">Req</hi>. kommen in An&#x017F;ehung der <hi rendition="#i">innern</hi> Erfor-<lb/>
derni&#x017F;&#x017F;e mit den Steckbriefen überein, nur<lb/>
da&#x017F;s die Gründe zur Incarceration &#x017F;peciell an-<lb/>
gegeben werden mü&#x017F;&#x017F;en. <note place="foot" n="&#x2020;)">C. I. <hi rendition="#g">de Zwierlein</hi> <hi rendition="#i">Di&#x017F;&#x017F;. II. de litteris requi&#x017F;itori-<lb/>
alibus</hi>. Gött. 1758.</note></p>
                  </div><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">§. 567.</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[453/0481] Mittel d. Angeſch. d. Gericht z. unterwerf. Angeſchuldigte durch die Flucht entzogen hat. In das Gebiet einer fremden Gerichtsbarkeit den Flüchtigen verfolgen, iſt widerrechtlich *), wenn nicht Verträge oder Geſetze **) es erlau- ben. Kann die Nacheile nicht angewendet werden und iſt der Aufenthaltsort des Ver- dächtigen unbekannt, ſo werden 3) Steck- briefe erlaſſen. Dieſes ſind öffentliche und offene Urkunden, worin ein Richter von andern Obrigkeiten Ergreifung und Auslieferung des Flüchtigen verlangt. ***) §. 566. Wenn der Auffenthaltsort des Flüchtigen bekannt iſt, ſo bedient man ſich 4) der Re- quiſitorialien. Dieſes ſind Schreiben, welche von dem Richter an ein anderes beſtimmtes Gericht erlaſſen werden und in welchen die Er- greifung und Gefangennehmung des Flüchtigen (befehls- oder bittweiſe) verlangt wird. Die Req. kommen in Anſehung der innern Erfor- derniſſe mit den Steckbriefen überein, nur daſs die Gründe zur Incarceration ſpeciell an- gegeben werden müſſen. †) §. 567. *) Dies flieſst ſchon aus der Natur der deutſchen Staatsverfaſſung. Aus L. 20. de jurisdict. und L. 3. de offic. Praeſ. dürfte ſich dieſes nicht ableiten laſſen. **) R. A. v. I. 1559. §. 22. 26. ***) Kleinſchrod über die Natur und Erfoderniſſe der Steckbriefe. In deſſen Abhandl. Th. II. Nr. 11. †) C. I. de Zwierlein Diſſ. II. de litteris requiſitori- alibus. Gött. 1758.

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/481
Zitationshilfe:	Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/481>, abgerufen am 23.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.