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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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buendus est Deo hic honos, quod possit et velit opitu-
lari nobis, etiam cum a tota natura destituimur, con-
tra seriem
omnium secundarum causarum... Et multa
accidunt plurimis hominibus, in quibus mirandi eventus
fateri eos cogunt, se a Deo sine causis secundis
servatos esse. C. Peucerus (de praecip. Divinat. gen.
Servestae 1591. p. 44.) Ille tamen qui omnium est con-
ditor, nullis instrumentis indiget. Nam si id continuo
fit, quicquid ipse vult, velle illius erit author atque in-
strumentum; nec magis ad haec regenda astris indiget,
quam cum luto aperuit oculos coeci, sicut refert historia
Evangelica. Lutum enim magis videbatur obturaturum
oculos, quam aperturum. Sed ipse ostendere nobis voluit
omnem naturam esse sibi instrumentum ad quid-
vis, quantumcunque alienum. J. L. Vives
(l. c. 102.)

Die Allmacht der Vorsehung ist die Allmacht des
von allen Determinationen und Naturgesetzen sich
entbindenden menschlichen Gemüths. Diese Allmacht
realisirt das Gebet. Das Gebet ist allmächtig
.

"Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen....
Des Gerechten Gebet vermag viel. Elias war ein Mensch,
gleichwie wir, und er betete ein Gebet, daß es nicht regnen
sollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs
Monate. Und er betete abermal und der Himmel gab den
Regen und die Erde brachte ihre Frucht." Jacobi 5, 15 --
18. "So ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet
ihr nicht allein solches mit dem Feigenbaum thun, sondern so
ihr werdet sagen zu diesem Berge: Hebe Dich auf und wirf
Dich ins Meer, so wird es geschehen. Und alles was ihr
bittet im Gebet
, so ihr glaubet, so werdet ihr es empfan-
gen." Matthäi 21, 21--22. Daß unter diesen Bergen, die
die Kraft des Gebets oder Glaubens überwindet, nicht nur so
im Allgemeinen res difficillimae, wie die Exegeten sagen,
welche diese Stelle nur für eine sprüchwörtliche, hyperbolische
Redensart der Juden erklären, sondern vielmehr der Natur

buendus est Deo hic honos, quod possit et velit opitu-
lari nobis, etiam cum a tota natura destituimur, con-
tra seriem
omnium secundarum causarum… Et multa
accidunt plurimis hominibus, in quibus mirandi eventus
fateri eos cogunt, se a Deo sine causis secundis
servatos esse. C. Peucerus (de praecip. Divinat. gen.
Servestae 1591. p. 44.) Ille tamen qui omnium est con-
ditor, nullis instrumentis indiget. Nam si id continuo
fit, quicquid ipse vult, velle illius erit author atque in-
strumentum; nec magis ad haec regenda astris indiget,
quam cum luto aperuit oculos coeci, sicut refert historia
Evangelica. Lutum enim magis videbatur obturaturum
oculos, quam aperturum. Sed ipse ostendere nobis voluit
omnem naturam esse sibi instrumentum ad quid-
vis, quantumcunque alienum. J. L. Vives
(l. c. 102.)

Die Allmacht der Vorſehung iſt die Allmacht des
von allen Determinationen und Naturgeſetzen ſich
entbindenden menſchlichen Gemüths. Dieſe Allmacht
realiſirt das Gebet. Das Gebet iſt allmächtig
.

„Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen....
Des Gerechten Gebet vermag viel. Elias war ein Menſch,
gleichwie wir, und er betete ein Gebet, daß es nicht regnen
ſollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und ſechs
Monate. Und er betete abermal und der Himmel gab den
Regen und die Erde brachte ihre Frucht.“ Jacobi 5, 15 —
18. „So ihr Glauben habt und nicht zweifelt, ſo werdet
ihr nicht allein ſolches mit dem Feigenbaum thun, ſondern ſo
ihr werdet ſagen zu dieſem Berge: Hebe Dich auf und wirf
Dich ins Meer, ſo wird es geſchehen. Und alles was ihr
bittet im Gebet
, ſo ihr glaubet, ſo werdet ihr es empfan-
gen.“ Matthäi 21, 21—22. Daß unter dieſen Bergen, die
die Kraft des Gebets oder Glaubens überwindet, nicht nur ſo
im Allgemeinen res difficillimae, wie die Exegeten ſagen,
welche dieſe Stelle nur für eine ſprüchwörtliche, hyperboliſche
Redensart der Juden erklären, ſondern vielmehr der Natur

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[406/0424] buendus est Deo hic honos, quod possit et velit opitu- lari nobis, etiam cum a tota natura destituimur, con- tra seriem omnium secundarum causarum… Et multa accidunt plurimis hominibus, in quibus mirandi eventus fateri eos cogunt, se a Deo sine causis secundis servatos esse. C. Peucerus (de praecip. Divinat. gen. Servestae 1591. p. 44.) Ille tamen qui omnium est con- ditor, nullis instrumentis indiget. Nam si id continuo fit, quicquid ipse vult, velle illius erit author atque in- strumentum; nec magis ad haec regenda astris indiget, quam cum luto aperuit oculos coeci, sicut refert historia Evangelica. Lutum enim magis videbatur obturaturum oculos, quam aperturum. Sed ipse ostendere nobis voluit omnem naturam esse sibi instrumentum ad quid- vis, quantumcunque alienum. J. L. Vives (l. c. 102.) Die Allmacht der Vorſehung iſt die Allmacht des von allen Determinationen und Naturgeſetzen ſich entbindenden menſchlichen Gemüths. Dieſe Allmacht realiſirt das Gebet. Das Gebet iſt allmächtig. „Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen.... Des Gerechten Gebet vermag viel. Elias war ein Menſch, gleichwie wir, und er betete ein Gebet, daß es nicht regnen ſollte, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und ſechs Monate. Und er betete abermal und der Himmel gab den Regen und die Erde brachte ihre Frucht.“ Jacobi 5, 15 — 18. „So ihr Glauben habt und nicht zweifelt, ſo werdet ihr nicht allein ſolches mit dem Feigenbaum thun, ſondern ſo ihr werdet ſagen zu dieſem Berge: Hebe Dich auf und wirf Dich ins Meer, ſo wird es geſchehen. Und alles was ihr bittet im Gebet, ſo ihr glaubet, ſo werdet ihr es empfan- gen.“ Matthäi 21, 21—22. Daß unter dieſen Bergen, die die Kraft des Gebets oder Glaubens überwindet, nicht nur ſo im Allgemeinen res difficillimae, wie die Exegeten ſagen, welche dieſe Stelle nur für eine ſprüchwörtliche, hyperboliſche Redensart der Juden erklären, ſondern vielmehr der Natur

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/424>, abgerufen am 10.05.2024.