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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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Wahre, das auch dem Götzendienst zu Grunde liegt; so
erblickt er in Allem, was nicht seinem Gotte, d. i., ihm
selbst
huldigt, Götzendienst und im Götzendienst nur Teu-
felswerk
. Der Glaube muß daher auch der Gesinnung
nach nur negativ sein gegen diese Negation Gottes: er
ist also wesentlich intolerant gegen sein Gegentheil, über-
haupt gegen das, was nicht mit ihm stimmt. Seine Toleranz
wäre Intoleranz gegen Gott, der das Recht zu unbedingter
Alleinherrschaft hat. Es soll nichts bestehen, nichts existiren,
was nicht Gott, nicht den Glauben anerkennt. "Daß in dem
Namen Jesu sich beugen sollen alle derer Kniee, die im Him-
mel und auf Erden und unter der Sonne sind, und alle Zungen
bekennen sollen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre
Gottes des Vaters*)." Darum postulirt der Glaube ein
Jenseits, eine Welt, wo der Glaube keinen Gegensatz
mehr
hat oder dieser Gegensatz wenigstens nur noch dazu exi-
stirt, um das Selbstgefühl des obsiegenden Glaubens zu ver-
herrlichen. Die Hölle versüßt die Freuden der seligen
Gläubigen
. "Hervortreten werden sie, die Auserwählten,
um zu schauen die Qualen der Gottlosen, und bei diesem An-
blick werden sie nicht von Schmerz ergriffen; im Gegentheil,
indem sie die unaussprechlichen Leiden der Gottlosen sehen,
danken sie freudetrunken Gott für ihre Errettung**)."

*) Philipper 2, 10. 11. In morte pagani Christianus gloriatur,
quia Christus glorificatur. Divus Bernardus. Sermo exhort.
ad Milites Templi.
**) Petrus L. l. IV. dist. 50, c. 4. Dieser Satz ist aber keineswegs ein
Ausspruch des Petrus L. selbst. Petrus L. ist viel zu bescheiden, schüchtern
und abhängig von den Autoritäten des Christenthums, als daß er so
eine Behauptung auf seine eigne Faust hin wagte. Nein! Dieser Satz ist
ein allgemeiner Ausspruch, ein charakteristischer Ausdruck der christli-

Wahre, das auch dem Götzendienſt zu Grunde liegt; ſo
erblickt er in Allem, was nicht ſeinem Gotte, d. i., ihm
ſelbſt
huldigt, Götzendienſt und im Götzendienſt nur Teu-
felswerk
. Der Glaube muß daher auch der Geſinnung
nach nur negativ ſein gegen dieſe Negation Gottes: er
iſt alſo weſentlich intolerant gegen ſein Gegentheil, über-
haupt gegen das, was nicht mit ihm ſtimmt. Seine Toleranz
waͤre Intoleranz gegen Gott, der das Recht zu unbedingter
Alleinherrſchaft hat. Es ſoll nichts beſtehen, nichts exiſtiren,
was nicht Gott, nicht den Glauben anerkennt. „Daß in dem
Namen Jeſu ſich beugen ſollen alle derer Kniee, die im Him-
mel und auf Erden und unter der Sonne ſind, und alle Zungen
bekennen ſollen, daß Jeſus Chriſtus der Herr ſei zur Ehre
Gottes des Vaters*).“ Darum poſtulirt der Glaube ein
Jenſeits, eine Welt, wo der Glaube keinen Gegenſatz
mehr
hat oder dieſer Gegenſatz wenigſtens nur noch dazu exi-
ſtirt, um das Selbſtgefühl des obſiegenden Glaubens zu ver-
herrlichen. Die Hölle verſüßt die Freuden der ſeligen
Gläubigen
. „Hervortreten werden ſie, die Auserwählten,
um zu ſchauen die Qualen der Gottloſen, und bei dieſem An-
blick werden ſie nicht von Schmerz ergriffen; im Gegentheil,
indem ſie die unausſprechlichen Leiden der Gottloſen ſehen,
danken ſie freudetrunken Gott für ihre Errettung**).“

*) Philipper 2, 10. 11. In morte pagani Christianus gloriatur,
quia Christus glorificatur. Divus Bernardus. Sermo exhort.
ad Milites Templi.
**) Petrus L. l. IV. dist. 50, c. 4. Dieſer Satz iſt aber keineswegs ein
Ausſpruch des Petrus L. ſelbſt. Petrus L. iſt viel zu beſcheiden, ſchüchtern
und abhängig von den Autoritäten des Chriſtenthums, als daß er ſo
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ein allgemeiner Ausſpruch, ein charakteriſtiſcher Ausdruck der chriſtli-
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[349/0367] Wahre, das auch dem Götzendienſt zu Grunde liegt; ſo erblickt er in Allem, was nicht ſeinem Gotte, d. i., ihm ſelbſt huldigt, Götzendienſt und im Götzendienſt nur Teu- felswerk. Der Glaube muß daher auch der Geſinnung nach nur negativ ſein gegen dieſe Negation Gottes: er iſt alſo weſentlich intolerant gegen ſein Gegentheil, über- haupt gegen das, was nicht mit ihm ſtimmt. Seine Toleranz waͤre Intoleranz gegen Gott, der das Recht zu unbedingter Alleinherrſchaft hat. Es ſoll nichts beſtehen, nichts exiſtiren, was nicht Gott, nicht den Glauben anerkennt. „Daß in dem Namen Jeſu ſich beugen ſollen alle derer Kniee, die im Him- mel und auf Erden und unter der Sonne ſind, und alle Zungen bekennen ſollen, daß Jeſus Chriſtus der Herr ſei zur Ehre Gottes des Vaters *).“ Darum poſtulirt der Glaube ein Jenſeits, eine Welt, wo der Glaube keinen Gegenſatz mehr hat oder dieſer Gegenſatz wenigſtens nur noch dazu exi- ſtirt, um das Selbſtgefühl des obſiegenden Glaubens zu ver- herrlichen. Die Hölle verſüßt die Freuden der ſeligen Gläubigen. „Hervortreten werden ſie, die Auserwählten, um zu ſchauen die Qualen der Gottloſen, und bei dieſem An- blick werden ſie nicht von Schmerz ergriffen; im Gegentheil, indem ſie die unausſprechlichen Leiden der Gottloſen ſehen, danken ſie freudetrunken Gott für ihre Errettung **).“ *) Philipper 2, 10. 11. In morte pagani Christianus gloriatur, quia Christus glorificatur. Divus Bernardus. Sermo exhort. ad Milites Templi. **) Petrus L. l. IV. dist. 50, c. 4. Dieſer Satz iſt aber keineswegs ein Ausſpruch des Petrus L. ſelbſt. Petrus L. iſt viel zu beſcheiden, ſchüchtern und abhängig von den Autoritäten des Chriſtenthums, als daß er ſo eine Behauptung auf ſeine eigne Fauſt hin wagte. Nein! Dieſer Satz iſt ein allgemeiner Ausſpruch, ein charakteriſtiſcher Ausdruck der chriſtli-

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/367>, abgerufen am 24.12.2024.