Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gesellschaft, die, man weiß nicht warum,
wenigstens, wie ich Dich zu glauben bitte, sehr
zufällig, sich Frei-Maurer-Gesellschaft nennt, zieht
die Aufmerksamkeit der Regierungen auf sich, sie
wird in den meisten Reichen, z. B. in Frank-
reich, in Italien, den Niederlanden, in Polen,
Spanien, Portugall, Oesterreich, Bayern, Nea-
pel, verfolgt, mit dem Banne zweier Päbste be-
legt, überall mit den widersprechendsten Beschul-
digungen überhäust und jeder Verdacht, der dem
großen Haufen verhaßt ist, und bei ihm verhaßt
macht, auf sie geworfen. Aber sie erhält sich un-
ter allen diesen Stürmen; sie breitet sich in neue
Reiche aus und wird aus den Hauptstädten in Pro-
vinzialstädte verpflanzt, wo man sie vorher kaum
dem Namen nach kannte. Sie findet unerwar-
tet an dem einen Orte Schutz und Unterstützung,
wenn sie an dem andern unterzugehen in Ge-
fahr ist. Sie wird dort als die Feindin der Throne
und die Anstifterin der Revolutionen verschrieen,
und gewinnt hier das Vertrauen der besten Re-
genten.

So gelangt sie herauf bis zu unsern Tagen.
Du siehst, wie in diesem Zeitalter die Mitglie-
der dieser Gesellschaft, sich endlich einmal ernst-
lich fragen: woher kommen wir doch? was sind
wir und was wollen wir? Du siehst, wie sie
von allen Orten her sich versammlen, um sich
diese Fragen zu beantworten; wie sie mit ern-
sten Mienen einander anblicken, jeder von seinem
Nachbar die Antwort erwartet, und endlich alle

Die Geſellſchaft, die, man weiß nicht warum,
wenigſtens, wie ich Dich zu glauben bitte, ſehr
zufaͤllig, ſich Frei-Maurer-Geſellſchaft nennt, zieht
die Aufmerkſamkeit der Regierungen auf ſich, ſie
wird in den meiſten Reichen, z. B. in Frank-
reich, in Italien, den Niederlanden, in Polen,
Spanien, Portugall, Oeſterreich, Bayern, Nea-
pel, verfolgt, mit dem Banne zweier Paͤbſte be-
legt, uͤberall mit den widerſprechendſten Beſchul-
digungen uͤberhaͤuſt und jeder Verdacht, der dem
großen Haufen verhaßt iſt, und bei ihm verhaßt
macht, auf ſie geworfen. Aber ſie erhaͤlt ſich un-
ter allen dieſen Stuͤrmen; ſie breitet ſich in neue
Reiche aus und wird aus den Hauptſtaͤdten in Pro-
vinzialſtaͤdte verpflanzt, wo man ſie vorher kaum
dem Namen nach kannte. Sie findet unerwar-
tet an dem einen Orte Schutz und Unterſtuͤtzung,
wenn ſie an dem andern unterzugehen in Ge-
fahr iſt. Sie wird dort als die Feindin der Throne
und die Anſtifterin der Revolutionen verſchrieen,
und gewinnt hier das Vertrauen der beſten Re-
genten.

So gelangt ſie herauf bis zu unſern Tagen.
Du ſiehſt, wie in dieſem Zeitalter die Mitglie-
der dieſer Geſellſchaft, ſich endlich einmal ernſt-
lich fragen: woher kommen wir doch? was ſind
wir und was wollen wir? Du ſiehſt, wie ſie
von allen Orten her ſich verſammlen, um ſich
dieſe Fragen zu beantworten; wie ſie mit ern-
ſten Mienen einander anblicken, jeder von ſeinem
Nachbar die Antwort erwartet, und endlich alle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0022" n="4"/>
          <p>Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, die, man weiß nicht warum,<lb/>
wenig&#x017F;tens, wie ich Dich zu glauben bitte, &#x017F;ehr<lb/>
zufa&#x0364;llig, &#x017F;ich Frei-Maurer-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft nennt, zieht<lb/>
die Aufmerk&#x017F;amkeit der Regierungen auf &#x017F;ich, &#x017F;ie<lb/>
wird in den mei&#x017F;ten Reichen, z. B. in Frank-<lb/>
reich, in Italien, den Niederlanden, in Polen,<lb/>
Spanien, Portugall, Oe&#x017F;terreich, Bayern, Nea-<lb/>
pel, verfolgt, mit dem Banne zweier Pa&#x0364;b&#x017F;te be-<lb/>
legt, u&#x0364;berall mit den wider&#x017F;prechend&#x017F;ten Be&#x017F;chul-<lb/>
digungen u&#x0364;berha&#x0364;u&#x017F;t und jeder Verdacht, der dem<lb/>
großen Haufen verhaßt i&#x017F;t, und bei ihm verhaßt<lb/>
macht, auf &#x017F;ie geworfen. Aber &#x017F;ie erha&#x0364;lt &#x017F;ich un-<lb/>
ter allen die&#x017F;en Stu&#x0364;rmen; &#x017F;ie breitet &#x017F;ich in neue<lb/>
Reiche aus und wird aus den Haupt&#x017F;ta&#x0364;dten in Pro-<lb/>
vinzial&#x017F;ta&#x0364;dte verpflanzt, wo man &#x017F;ie vorher kaum<lb/>
dem Namen nach kannte. Sie findet unerwar-<lb/>
tet an dem <hi rendition="#g">einen</hi> Orte Schutz und Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung,<lb/>
wenn &#x017F;ie an dem andern unterzugehen in Ge-<lb/>
fahr i&#x017F;t. Sie wird dort als die Feindin der Throne<lb/>
und die An&#x017F;tifterin der Revolutionen ver&#x017F;chrieen,<lb/>
und gewinnt hier das Vertrauen der be&#x017F;ten Re-<lb/>
genten.</p><lb/>
          <p>So gelangt &#x017F;ie herauf bis zu un&#x017F;ern Tagen.<lb/>
Du &#x017F;ieh&#x017F;t, wie in die&#x017F;em Zeitalter die Mitglie-<lb/>
der die&#x017F;er Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, &#x017F;ich endlich einmal ern&#x017F;t-<lb/>
lich fragen: woher kommen wir doch? was &#x017F;ind<lb/>
wir und was wollen wir? Du &#x017F;ieh&#x017F;t, wie &#x017F;ie<lb/>
von allen Orten her &#x017F;ich ver&#x017F;ammlen, um &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;e Fragen zu beantworten; wie &#x017F;ie mit ern-<lb/>
&#x017F;ten Mienen einander anblicken, jeder von &#x017F;einem<lb/>
Nachbar die Antwort erwartet, und endlich alle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0022] Die Geſellſchaft, die, man weiß nicht warum, wenigſtens, wie ich Dich zu glauben bitte, ſehr zufaͤllig, ſich Frei-Maurer-Geſellſchaft nennt, zieht die Aufmerkſamkeit der Regierungen auf ſich, ſie wird in den meiſten Reichen, z. B. in Frank- reich, in Italien, den Niederlanden, in Polen, Spanien, Portugall, Oeſterreich, Bayern, Nea- pel, verfolgt, mit dem Banne zweier Paͤbſte be- legt, uͤberall mit den widerſprechendſten Beſchul- digungen uͤberhaͤuſt und jeder Verdacht, der dem großen Haufen verhaßt iſt, und bei ihm verhaßt macht, auf ſie geworfen. Aber ſie erhaͤlt ſich un- ter allen dieſen Stuͤrmen; ſie breitet ſich in neue Reiche aus und wird aus den Hauptſtaͤdten in Pro- vinzialſtaͤdte verpflanzt, wo man ſie vorher kaum dem Namen nach kannte. Sie findet unerwar- tet an dem einen Orte Schutz und Unterſtuͤtzung, wenn ſie an dem andern unterzugehen in Ge- fahr iſt. Sie wird dort als die Feindin der Throne und die Anſtifterin der Revolutionen verſchrieen, und gewinnt hier das Vertrauen der beſten Re- genten. So gelangt ſie herauf bis zu unſern Tagen. Du ſiehſt, wie in dieſem Zeitalter die Mitglie- der dieſer Geſellſchaft, ſich endlich einmal ernſt- lich fragen: woher kommen wir doch? was ſind wir und was wollen wir? Du ſiehſt, wie ſie von allen Orten her ſich verſammlen, um ſich dieſe Fragen zu beantworten; wie ſie mit ern- ſten Mienen einander anblicken, jeder von ſeinem Nachbar die Antwort erwartet, und endlich alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/22
Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/22>, abgerufen am 21.11.2024.