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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Vorrede.
und Verstand derer Autorum aber, nicht begreiffen noch dar-
aus ziehen, folglich aber auch nicht davon profitiren können.

Gleichwie aber Grotius und Puffendorff, Thomasius
und andere vortreffliche gelehrte Männer, welche die Pe-
danterey
angepfuyet und angespeyet, ja sie gar mit Füssen
getreten, vielen Gelehrten anders nicht als nur den Namen
nach bekannt sind, welche folglich ihre Schrifften nicht gele-
sen, noch davon profitiret, ja von einigen wohl gar behauptet
werden wollen, es wären ketzerische und gottlose
Dinge in Thomasius Schrifften enthalten,
wannenhero sie auf keine Weise gelesen werden
müsten,
ob sie dieselben gleich selber niemals examiniret;
also ist gar kein Zweiffel, daß sich auch heutiges Tages nicht
noch gar viele Pedanten von der alten Art unter unsern Ge-
lehrten befinden solten, und es wird vielleicht das Pedanti-
sche Unkraut und verwirrte Wesen in der gelehrten Welt,
noch lange nicht können ausgerottet werden.

Mit Namen will ich meines Orts keinen Pedanten noch
andere Gelehrte nennen, die aus einem gelehrten Stoltz und
Hoffart zu Narren worden sind. Indessen will ich doch
probiren, ob ich sie characterisiren, oder denenselben solche
Merckmahle beylegen kan, daran man sie gar leichtlich erken-
nen mag. Ich halte nemlich vor einen Pedanten und Nar-
ren diejenigen:

"Der Verachtung, Stoltz und Hochmuth, wegen eingebildeter
"Gelehrsamkeit, gegen andere Menschen blicken, und sich düncken läs-

set,

Vorrede.
und Verſtand derer Autorum aber, nicht begreiffen noch dar-
aus ziehen, folglich aber auch nicht davon profitiren koͤnnen.

Gleichwie aber Grotius und Puffendorff, Thomaſius
und andere vortreffliche gelehrte Maͤnner, welche die Pe-
danterey
angepfuyet und angeſpeyet, ja ſie gar mit Fuͤſſen
getreten, vielen Gelehrten anders nicht als nur den Namen
nach bekannt ſind, welche folglich ihre Schrifften nicht gele-
ſen, noch davon profitiret, ja von einigen wohl gar behauptet
werden wollen, es waͤren ketzeriſche und gottloſe
Dinge in Thomaſius Schrifften enthalten,
wannenhero ſie auf keine Weiſe geleſen werden
muͤſten,
ob ſie dieſelben gleich ſelber niemals examiniret;
alſo iſt gar kein Zweiffel, daß ſich auch heutiges Tages nicht
noch gar viele Pedanten von der alten Art unter unſern Ge-
lehrten befinden ſolten, und es wird vielleicht das Pedanti-
ſche Unkraut und verwirrte Weſen in der gelehrten Welt,
noch lange nicht koͤnnen ausgerottet werden.

Mit Namen will ich meines Orts keinen Pedanten noch
andere Gelehrte nennen, die aus einem gelehrten Stoltz und
Hoffart zu Narren worden ſind. Indeſſen will ich doch
probiren, ob ich ſie characteriſiren, oder denenſelben ſolche
Merckmahle beylegen kan, daran man ſie gar leichtlich erken-
nen mag. Ich halte nemlich vor einen Pedanten und Nar-
ren diejenigen:

„Der Verachtung, Stoltz und Hochmuth, wegen eingebildeter
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[0042] Vorrede. und Verſtand derer Autorum aber, nicht begreiffen noch dar- aus ziehen, folglich aber auch nicht davon profitiren koͤnnen. Gleichwie aber Grotius und Puffendorff, Thomaſius und andere vortreffliche gelehrte Maͤnner, welche die Pe- danterey angepfuyet und angeſpeyet, ja ſie gar mit Fuͤſſen getreten, vielen Gelehrten anders nicht als nur den Namen nach bekannt ſind, welche folglich ihre Schrifften nicht gele- ſen, noch davon profitiret, ja von einigen wohl gar behauptet werden wollen, es waͤren ketzeriſche und gottloſe Dinge in Thomaſius Schrifften enthalten, wannenhero ſie auf keine Weiſe geleſen werden muͤſten, ob ſie dieſelben gleich ſelber niemals examiniret; alſo iſt gar kein Zweiffel, daß ſich auch heutiges Tages nicht noch gar viele Pedanten von der alten Art unter unſern Ge- lehrten befinden ſolten, und es wird vielleicht das Pedanti- ſche Unkraut und verwirrte Weſen in der gelehrten Welt, noch lange nicht koͤnnen ausgerottet werden. Mit Namen will ich meines Orts keinen Pedanten noch andere Gelehrte nennen, die aus einem gelehrten Stoltz und Hoffart zu Narren worden ſind. Indeſſen will ich doch probiren, ob ich ſie characteriſiren, oder denenſelben ſolche Merckmahle beylegen kan, daran man ſie gar leichtlich erken- nen mag. Ich halte nemlich vor einen Pedanten und Nar- ren diejenigen: „Der Verachtung, Stoltz und Hochmuth, wegen eingebildeter „Gelehrſamkeit, gegen andere Menſchen blicken, und ſich duͤncken laͤſ- ſet,

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/42>, abgerufen am 20.04.2024.