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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Vorrede.
"mern, und wann wir uns gleich weigern, uns unter das
"Fähnlein des Heil. Porciani einschreiben zu lassen. Wir
"dürffen uns nicht fürchten, daß man uns werde eines Cri-
"minis Laesae Majestatis
beschuldigen, wann wir schon den
"Regem Philosophorum und Philosophum Regum, den
"grossen Stagyriten ein bißgen auslachen, und wann wir sa-
"gen, daß wir von denen Subtilitatibus Metaphysicis, denen
"Syllogismis in Darapti und Felapton, denen vier Elemen-
"ten, denen qualitatibus occultis, denen Streitigkeiten de
"summo bono & de Praestantia Regni electivi
und suc-
"cessivi
nicht gar zu sonderlich viel halten.

Aus denen vorher angezogenen Passagen derjenigen Re-
de, wodurch man den hohen Geist des erblasseten Thomasi-
us
bewundert hat, erhellet, daß dieser gelehrte Redner, eben
so, wie Thomasius und andere vernünftige Leute gethan und
thun, es vor unbillig achten, wann man in Teutschland
sich gleichsam schämen wollen, in teutscher Sprache auf
Universitäten zu lehren, oder ein Buch in solcher Sprache
heraus zu geben. Ach gewißlich! Auch dieser thörichte
Wahn, der noch in dem vorigen Seculo gewaltig geherr-
schet, hat schon manchen ehrlichen Teutschen verhin-
dert, ein recht gelehrter Mann zu werden, und ein eigenes
gesundes Urtheil zu fällen. Denn er hat keine andern als
lateinische und griechische Bücher, die gemeiniglich
schwer und dunckel sind, zu Gesichte bekommen, worinnen er
wohl einen Hauffen prächtige Worte gesehen; den Sinn

und
E 3

Vorrede.
„mern, und wann wir uns gleich weigern, uns unter das
„Faͤhnlein des Heil. Porciani einſchreiben zu laſſen. Wir
„duͤrffen uns nicht fuͤrchten, daß man uns werde eines Cri-
„minis Læſæ Majeſtatis
beſchuldigen, wann wir ſchon den
Regem Philoſophorum und Philoſophum Regum, den
„groſſen Stagyriten ein bißgen auslachen, und wann wir ſa-
„gen, daß wir von denen Subtilitatibus Metaphyſicis, denen
Syllogiſmis in Darapti und Felapton, denen vier Elemen-
„ten, denen qualitatibus occultis, denen Streitigkeiten de
„ſummo bono & de Præſtantia Regni electivi
und ſuc-
„ceſſivi
nicht gar zu ſonderlich viel halten.

Aus denen vorher angezogenen Paſſagen derjenigen Re-
de, wodurch man den hohen Geiſt des erblaſſeten Thomaſi-
us
bewundert hat, erhellet, daß dieſer gelehrte Redner, eben
ſo, wie Thomaſius und andere vernuͤnftige Leute gethan und
thun, es vor unbillig achten, wann man in Teutſchland
ſich gleichſam ſchaͤmen wollen, in teutſcher Sprache auf
Univerſitaͤten zu lehren, oder ein Buch in ſolcher Sprache
heraus zu geben. Ach gewißlich! Auch dieſer thoͤrichte
Wahn, der noch in dem vorigen Seculo gewaltig geherr-
ſchet, hat ſchon manchen ehrlichen Teutſchen verhin-
dert, ein recht gelehrter Mann zu werden, und ein eigenes
geſundes Urtheil zu faͤllen. Denn er hat keine andern als
lateiniſche und griechiſche Buͤcher, die gemeiniglich
ſchwer und dunckel ſind, zu Geſichte bekommen, worinnen er
wohl einen Hauffen praͤchtige Worte geſehen; den Sinn

und
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[0041] Vorrede. „mern, und wann wir uns gleich weigern, uns unter das „Faͤhnlein des Heil. Porciani einſchreiben zu laſſen. Wir „duͤrffen uns nicht fuͤrchten, daß man uns werde eines Cri- „minis Læſæ Majeſtatis beſchuldigen, wann wir ſchon den „Regem Philoſophorum und Philoſophum Regum, den „groſſen Stagyriten ein bißgen auslachen, und wann wir ſa- „gen, daß wir von denen Subtilitatibus Metaphyſicis, denen „Syllogiſmis in Darapti und Felapton, denen vier Elemen- „ten, denen qualitatibus occultis, denen Streitigkeiten de „ſummo bono & de Præſtantia Regni electivi und ſuc- „ceſſivi nicht gar zu ſonderlich viel halten. Aus denen vorher angezogenen Paſſagen derjenigen Re- de, wodurch man den hohen Geiſt des erblaſſeten Thomaſi- us bewundert hat, erhellet, daß dieſer gelehrte Redner, eben ſo, wie Thomaſius und andere vernuͤnftige Leute gethan und thun, es vor unbillig achten, wann man in Teutſchland ſich gleichſam ſchaͤmen wollen, in teutſcher Sprache auf Univerſitaͤten zu lehren, oder ein Buch in ſolcher Sprache heraus zu geben. Ach gewißlich! Auch dieſer thoͤrichte Wahn, der noch in dem vorigen Seculo gewaltig geherr- ſchet, hat ſchon manchen ehrlichen Teutſchen verhin- dert, ein recht gelehrter Mann zu werden, und ein eigenes geſundes Urtheil zu faͤllen. Denn er hat keine andern als lateiniſche und griechiſche Buͤcher, die gemeiniglich ſchwer und dunckel ſind, zu Geſichte bekommen, worinnen er wohl einen Hauffen praͤchtige Worte geſehen; den Sinn und E 3

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/41>, abgerufen am 26.04.2024.