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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Schloß auch gar offt in Barbara,
Und machte treffliche Argumenta,
In Disamis und Celarent,
So, daß ihn alle bewunderent,
Ihm wünsche eine selige Ruh;
Das thun wir auch, je nu, je nu.

Es giebt in der That viele Gelehrte, die mit lauter Syllogismis um sich
werffen, sie mögen reden oder schreiben, als wann ein geschicktes Urtheil, in
dem etwa der Major fehlet, nicht eben so gut wäre. Bey öffentlichen Disputa-
tionen
giebt man endlich wohl zu, daß man alle drey Glocken läutet, und
Majorem, Minorem und Conclusionem mit der grösten Andacht herbetet, da-
mit der andere Zeit habe, nachzudencken, und sich nicht übereilen dörffte.
Aber daß man in Schrifften Büchern und Gesellschafften, immer auf Syllo-
gismus-
Schimmeln reiten will, solches zeiget ein Pedantisches Gemüthe an.

Hieher können annoch gesetzet werden, diejenigen, welche gantz besonde-
re Methoden in Vortragung derer Wissenschafften einführen wollen. Einige
wollen sich der Mathematischen Lehr-Art bedienen, und wissen in der That nicht
einmal was dieselbe hinter sichhabe, und eigendlich heisse; wobey man den Yvo
Gaukes
einen Doctor der Artzney-Kunst nicht unangemerckt vorbey lassen kan,
der Anno 1712. eine Dissertation, wie die Medicin auf Mathematische Gewiß-
heit zu bringen seye,
geschrieben, und sich darinnen der Mathematischen Lehr-
Art bedienen wollen, aber nichts als die Wörter Definitio, Propositio, Po-
stulatum
und Scholium angebracht hat. Diese hat er hin und her in seiner
Rede eingeflickt; an die Beweiß-Gründe aber, die doch nichts Mathemati-
sches in sich haben, zuweilen einige Citationes angehangen, Nichts destowe-
niger hat er, auf diese Art, allerhand vorfallende Curen beweisen wollen. Ex
behauptet z. E. den Satz: Das Fieber hat zehen Tage gewähret, dadurch,
weil der febrilische Unflath innerhalb zehen Tagen weggeräumet wor-
den.
Diesen aber: Ein Mensch von dreyßig Jahren hat das Fieber be-

kom-
Schloß auch gar offt in Barbara,
Und machte treffliche Argumenta,
In Diſamis und Celarent,
So, daß ihn alle bewunderent,
Ihm wuͤnſche eine ſelige Ruh;
Das thun wir auch, je nu, je nu.

Es giebt in der That viele Gelehrte, die mit lauter Syllogismis um ſich
werffen, ſie moͤgen reden oder ſchreiben, als wann ein geſchicktes Urtheil, in
dem etwa der Major fehlet, nicht eben ſo gut waͤre. Bey oͤffentlichen Diſputa-
tionen
giebt man endlich wohl zu, daß man alle drey Glocken laͤutet, und
Majorem, Minorem und Concluſionem mit der groͤſten Andacht herbetet, da-
mit der andere Zeit habe, nachzudencken, und ſich nicht uͤbereilen doͤrffte.
Aber daß man in Schrifften Buͤchern und Geſellſchafften, immer auf Syllo-
gismus-
Schimmeln reiten will, ſolches zeiget ein Pedantiſches Gemuͤthe an.

Hieher koͤnnen annoch geſetzet werden, diejenigen, welche gantz beſonde-
re Methoden in Vortragung derer Wiſſenſchafften einfuͤhren wollen. Einige
wollen ſich der Mathematiſchen Lehr-Art bedienen, und wiſſen in der That nicht
einmal was dieſelbe hinter ſichhabe, und eigendlich heiſſe; wobey man den Yvo
Gaukes
einen Doctor der Artzney-Kunſt nicht unangemerckt vorbey laſſen kan,
der Anno 1712. eine Diſſertation, wie die Medicin auf Mathematiſche Gewiß-
heit zu bringen ſeye,
geſchrieben, und ſich darinnen der Mathematiſchen Lehr-
Art bedienen wollen, aber nichts als die Woͤrter Definitio, Propoſitio, Po-
ſtulatum
und Scholium angebracht hat. Dieſe hat er hin und her in ſeiner
Rede eingeflickt; an die Beweiß-Gruͤnde aber, die doch nichts Mathemati-
ſches in ſich haben, zuweilen einige Citationes angehangen, Nichts deſtowe-
niger hat er, auf dieſe Art, allerhand vorfallende Curen beweiſen wollen. Ex
behauptet z. E. den Satz: Das Fieber hat zehen Tage gewaͤhret, dadurch,
weil der febriliſche Unflath innerhalb zehen Tagen weggeraͤumet wor-
den.
Dieſen aber: Ein Menſch von dreyßig Jahren hat das Fieber be-

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[215/0259] Schloß auch gar offt in Barbara, Und machte treffliche Argumenta, In Diſamis und Celarent, So, daß ihn alle bewunderent, Ihm wuͤnſche eine ſelige Ruh; Das thun wir auch, je nu, je nu. Es giebt in der That viele Gelehrte, die mit lauter Syllogismis um ſich werffen, ſie moͤgen reden oder ſchreiben, als wann ein geſchicktes Urtheil, in dem etwa der Major fehlet, nicht eben ſo gut waͤre. Bey oͤffentlichen Diſputa- tionen giebt man endlich wohl zu, daß man alle drey Glocken laͤutet, und Majorem, Minorem und Concluſionem mit der groͤſten Andacht herbetet, da- mit der andere Zeit habe, nachzudencken, und ſich nicht uͤbereilen doͤrffte. Aber daß man in Schrifften Buͤchern und Geſellſchafften, immer auf Syllo- gismus-Schimmeln reiten will, ſolches zeiget ein Pedantiſches Gemuͤthe an. Hieher koͤnnen annoch geſetzet werden, diejenigen, welche gantz beſonde- re Methoden in Vortragung derer Wiſſenſchafften einfuͤhren wollen. Einige wollen ſich der Mathematiſchen Lehr-Art bedienen, und wiſſen in der That nicht einmal was dieſelbe hinter ſichhabe, und eigendlich heiſſe; wobey man den Yvo Gaukes einen Doctor der Artzney-Kunſt nicht unangemerckt vorbey laſſen kan, der Anno 1712. eine Diſſertation, wie die Medicin auf Mathematiſche Gewiß- heit zu bringen ſeye, geſchrieben, und ſich darinnen der Mathematiſchen Lehr- Art bedienen wollen, aber nichts als die Woͤrter Definitio, Propoſitio, Po- ſtulatum und Scholium angebracht hat. Dieſe hat er hin und her in ſeiner Rede eingeflickt; an die Beweiß-Gruͤnde aber, die doch nichts Mathemati- ſches in ſich haben, zuweilen einige Citationes angehangen, Nichts deſtowe- niger hat er, auf dieſe Art, allerhand vorfallende Curen beweiſen wollen. Ex behauptet z. E. den Satz: Das Fieber hat zehen Tage gewaͤhret, dadurch, weil der febriliſche Unflath innerhalb zehen Tagen weggeraͤumet wor- den. Dieſen aber: Ein Menſch von dreyßig Jahren hat das Fieber be- kom-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/259>, abgerufen am 24.11.2024.