schaueten. Unter andern Sachen aber funden sie eine grosse quantitaet kleine und grosse Bohnen, von welchen etliche dieser Damen sich so satt assen, daß sie hätten bersten mögen; wobey etliche vorwitzige Gesellen observirten, daß ih- nen diejenigen viel besser anstunden, welche aus der Schaalen waren, als die, so noch darinnen steckten. Als endlich Apollo in seinem Königlichen Pallast wieder angelanget war, hielten etliche Courtisans von seinem Hoffe bey ihm an, daß er ihnen, erlauben möchte, sich zu verkleiden und Muinmen zu lauffen, welchen Apollo zur Antwort gab, wie sie gar keiner Larven vonnöthen hät- ten, ihre Angesichter zu bedecken, dieweil ihre Gemüther allbereits so häßlich verstellt wären, daß er sie gewiß versichern wolte, sie könten überall ungehin- dert umher lauffen, und würden von keinem Menschen, wie klug er immer seyn möchte, erkannt werden. Den folgenden Tag wurden, alten löblichen Ge- brauch nach, viele Sachen zum besten gegeben, welcherwegen man um die Wette lieffe, entweder mit Pferden, Wagen oder zu Fuß. Bey denen Wa- gen fiele das allerdenckwürdigste vor, welches wohl zu sehen und zu notiren war. Denn als an dem Ort, wo die Losung zum lauffen gegeben wurde, sehr viele Wagen erschienen, welche alle neue Näder hatten, darzu wohl geschmie- ret, auch von denen schönsten und schnellesten Nossen gezogen wurden, sahe man unter denenselbigen auch Cornelium Tacitum, welcher einen sehr alten zerbrochenen Wagen hatte, so an allen Orten mit Seilen zusammen gebunden war, und vor demselben elende lahme Schind-Mähren welche er entlehnet hatte. Es gab aber Tacitus bey diesem Actu männiglichen seine Tapfferkeit und ho- hen Verstand zu erkennen. Denn als das Zeichen zum Lauffen gegeben ward, alle Kutscher mit ihren Peitschen, wie nicht weniger mit ihrem starcken Zu- schreyen, ihre Pferde wacker antrieben, saß Tacitus gantz stille bewegte sich nicht viel, wuste doch unter dessen die Pferde so wohl in Acht zu nehmen, und seinen alten geflickten Karrn mit solcher Behendigkeit dermassen herum zu dre- hen, zu wenden und deuen andern vorzubiegen, daß er bey dem aufgesteckten Ziel anlangte, da die andern mit ihren neuen Wagen noch nicht die Helffte er- reichet hatten, wobey dann die Tugendhafften insgesammt bekennen müssen, daß in allen Sachen, mit der Behendigkeit und dem Verstand mehr, als mir der Stärcke und Gewalt auszurichten wäre, und daß diejenigen, so ihre Sa- chen und Geschäffte mit guter Manier, rechtem Verstande und Schlauigkeit angriffen, auch die allerverworrnsten und schlimmsten Händel zu einem er- wünschten Ende bringen und ausführen können. Als dieses vollzogen, lieffen etliche Gelehrte zu Fuß mit einander um die Wette; woran aber die Tugend
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ſchaueten. Unter andern Sachen aber funden ſie eine groſſe quantitæt kleine und groſſe Bohnen, von welchen etliche dieſer Damen ſich ſo ſatt aſſen, daß ſie haͤtten berſten moͤgen; wobey etliche vorwitzige Geſellen obſervirten, daß ih- nen diejenigen viel beſſer anſtunden, welche aus der Schaalen waren, als die, ſo noch darinnen ſteckten. Als endlich Apollo in ſeinem Koͤniglichen Pallaſt wieder angelanget war, hielten etliche Courtiſans von ſeinem Hoffe bey ihm an, daß er ihnen, erlauben moͤchte, ſich zu verkleiden und Muinmen zu lauffen, welchen Apollo zur Antwort gab, wie ſie gar keiner Larven vonnoͤthen haͤt- ten, ihre Angeſichter zu bedecken, dieweil ihre Gemuͤther allbereits ſo haͤßlich verſtellt waͤren, daß er ſie gewiß verſichern wolte, ſie koͤnten uͤberall ungehin- dert umher lauffen, und wuͤrden von keinem Menſchen, wie klug er immer ſeyn moͤchte, erkannt werden. Den folgenden Tag wurden, alten loͤblichen Ge- brauch nach, viele Sachen zum beſten gegeben, welcherwegen man um die Wette lieffe, entweder mit Pferden, Wagen oder zu Fuß. Bey denen Wa- gen fiele das allerdenckwuͤrdigſte vor, welches wohl zu ſehen und zu notiren war. Denn als an dem Ort, wo die Loſung zum lauffen gegeben wurde, ſehr viele Wagen erſchienen, welche alle neue Naͤder hatten, darzu wohl geſchmie- ret, auch von denen ſchoͤnſten und ſchnelleſten Noſſen gezogen wurden, ſahe man unter denenſelbigen auch Cornelium Tacitum, welcher einen ſehr alten zerbrochenen Wagen hatte, ſo an allen Orten mit Seilen zuſammen gebunden war, und vor demſelben elende lahme Schind-Maͤhren welche er entlehnet hatte. Es gab aber Tacitus bey dieſem Actu maͤnniglichen ſeine Tapfferkeit und ho- hen Verſtand zu erkennen. Denn als das Zeichen zum Lauffen gegeben ward, alle Kutſcher mit ihren Peitſchen, wie nicht weniger mit ihrem ſtarcken Zu- ſchreyen, ihre Pferde wacker antrieben, ſaß Tacitus gantz ſtille bewegte ſich nicht viel, wuſte doch unter deſſen die Pferde ſo wohl in Acht zu nehmen, und ſeinen alten geflickten Karrn mit ſolcher Behendigkeit dermaſſen herum zu dre- hen, zu wenden und deuen andern vorzubiegen, daß er bey dem aufgeſteckten Ziel anlangte, da die andern mit ihren neuen Wagen noch nicht die Helffte er- reichet hatten, wobey dann die Tugendhafften insgeſammt bekennen muͤſſen, daß in allen Sachen, mit der Behendigkeit und dem Verſtand mehr, als mir der Staͤrcke und Gewalt auszurichten waͤre, und daß diejenigen, ſo ihre Sa- chen und Geſchaͤffte mit guter Manier, rechtem Verſtande und Schlauigkeit angriffen, auch die allerverworrnſten und ſchlimmſten Haͤndel zu einem er- wuͤnſchten Ende bringen und ausfuͤhren koͤnnen. Als dieſes vollzogen, lieffen etliche Gelehrte zu Fuß mit einander um die Wette; woran aber die Tugend
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ſchaueten. Unter andern Sachen aber funden ſie eine groſſe quantitæt kleine
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nen diejenigen viel beſſer anſtunden, welche aus der Schaalen waren, als die,
ſo noch darinnen ſteckten. Als endlich Apollo in ſeinem Koͤniglichen Pallaſt
wieder angelanget war, hielten etliche Courtiſans von ſeinem Hoffe bey ihm an,
daß er ihnen, erlauben moͤchte, ſich zu verkleiden und Muinmen zu lauffen,
welchen Apollo zur Antwort gab, wie ſie gar keiner Larven vonnoͤthen haͤt-
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dert umher lauffen, und wuͤrden von keinem Menſchen, wie klug er immer ſeyn
moͤchte, erkannt werden. Den folgenden Tag wurden, alten loͤblichen Ge-
brauch nach, viele Sachen zum beſten gegeben, welcherwegen man um die
Wette lieffe, entweder mit Pferden, Wagen oder zu Fuß. Bey denen Wa-
gen fiele das allerdenckwuͤrdigſte vor, welches wohl zu ſehen und zu notiren
war. Denn als an dem Ort, wo die Loſung zum lauffen gegeben wurde, ſehr
viele Wagen erſchienen, welche alle neue Naͤder hatten, darzu wohl geſchmie-
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man unter denenſelbigen auch Cornelium Tacitum, welcher einen ſehr alten
zerbrochenen Wagen hatte, ſo an allen Orten mit Seilen zuſammen gebunden
war, und vor demſelben elende lahme Schind-Maͤhren welche er entlehnet
hatte. Es gab aber Tacitus bey dieſem Actu maͤnniglichen ſeine Tapfferkeit und ho-
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alle Kutſcher mit ihren Peitſchen, wie nicht weniger mit ihrem ſtarcken Zu-
ſchreyen, ihre Pferde wacker antrieben, ſaß Tacitus gantz ſtille bewegte ſich
nicht viel, wuſte doch unter deſſen die Pferde ſo wohl in Acht zu nehmen, und
ſeinen alten geflickten Karrn mit ſolcher Behendigkeit dermaſſen herum zu dre-
hen, zu wenden und deuen andern vorzubiegen, daß er bey dem aufgeſteckten
Ziel anlangte, da die andern mit ihren neuen Wagen noch nicht die Helffte er-
reichet hatten, wobey dann die Tugendhafften insgeſammt bekennen muͤſſen,
daß in allen Sachen, mit der Behendigkeit und dem Verſtand mehr, als mir
der Staͤrcke und Gewalt auszurichten waͤre, und daß diejenigen, ſo ihre Sa-
chen und Geſchaͤffte mit guter Manier, rechtem Verſtande und Schlauigkeit
angriffen, auch die allerverworrnſten und ſchlimmſten Haͤndel zu einem er-
wuͤnſchten Ende bringen und ausfuͤhren koͤnnen. Als dieſes vollzogen, lieffen
etliche Gelehrte zu Fuß mit einander um die Wette; woran aber die Tugend
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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