Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Apollo mit grosser Unmuth zur Antwort: Das Süsse wäre der Natur an- Noch viel ein grösseres Vergnügen aber empfunden Ihro Parnassische Ma- schau-
Apollo mit groſſer Unmuth zur Antwort: Das Suͤſſe waͤre der Natur an- Noch viel ein groͤſſeres Vergnuͤgen aber empfunden Ihro Parnasſiſche Ma- ſchau-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0182" n="138"/><hi rendition="#aq">Apollo</hi> mit groſſer Unmuth zur Antwort: <hi rendition="#fr">Das Suͤſſe waͤre der Natur an-<lb/> genehm, und wer an ſelbigem nicht eine ſonderliche Luſt empfaͤnde, der<lb/> haͤtte ſeinen Geſchmack verlohren. Er muͤſte demnach ein boͤſer<lb/> Menſch ſeyn, wann er nicht geſtehen wolte, daß dieſe Torte, (in wel-<lb/> cher mehr ſchoͤne Spruͤche und</hi> <hi rendition="#aq">Sententiæ</hi> <hi rendition="#fr">als Woͤrter zu finden) von<lb/> denen allerbeſten und niedlichſten Bißlein gemachet waͤre. Ja er<lb/> muͤſſe zu erkennen geben, daß er einer von den Verlaͤumdern ſeye, wel-<lb/> che von der Mißgunſt dermaſſen verblendet, daß ſie dasjenige, was<lb/> ſie nicht</hi> <hi rendition="#aq">imiti</hi><hi rendition="#fr">ren und nachtuhn koͤnnen, nur ſchaͤndeu und ůbels davon<lb/> reden.</hi> Endlich aber wurde der groſſe Zorn Ihro Parnaßiſchen Majeſtaͤt,<lb/> und der Schrecken derer ſaͤmtlichen Gelehrten, ſo ſie angekommen war, in<lb/> ein groſſes Gelaͤchter verwandelt. Denn, nachdem dieſe Torte gantz auff-<lb/> gezehret, kam <hi rendition="#aq">Johannes della Caſa,</hi> nahm die Schuͤſſel, in welcher ſie Ihrer<lb/> Parnaßiſchen Majeſtaͤt war <hi rendition="#aq">offeriret</hi> worden, und leckte dieſelbe ſo ſchoͤn aus,<lb/> als ob ſie ausgeſpielet worden waͤre, ſagte zugleich zu Ihrer Parnaßiſchen<lb/> Majeſtaͤt und denen <hi rendition="#aq">Muſis,</hi> daß man ſich in denen Sachen, welche einem<lb/> wohl anſtuͤnden und gut ſchmeckten, nicht allezeit zwingen noch derer Regeln<lb/> des <hi rendition="#aq">Galatei</hi> erinnern koͤnnte; Indem ſo waͤre in der Faſtnacht alles erlaubt. Die-<lb/> ſemnach giengen Ihro Parnasſiſche Majeſtaͤt in der Stadt auf allen vorneh-<lb/> men Plaͤtzen herum ſpatzieren, und ſahen, mit ſonderbarer Luſt und Wohlgefal-<lb/> len, wie alle Winckel in der Stadt voller gelehrter Leute waren, welche von aller-<lb/> hand <hi rendition="#aq">Scientiis,</hi> in allen <hi rendition="#aq">Facultæ</hi>ten, mit einander <hi rendition="#aq">conferir</hi>ten und <hi rendition="#aq">diſputir</hi>ten,<lb/> wie nicht weniger die allerberuͤhmteſten Redner ſo ſtattliche <hi rendition="#aq">Orationes</hi> hielten, da-<lb/> rinnen ſie die Geſchicklich keit ſamtdenen <hi rendition="#aq">Studiis</hi> insgemein wacker heraus ſtri-<lb/> chen, im Gegentheil aber die <hi rendition="#aq">Jgnorant</hi>en ſtattlich durchhechelten.</p><lb/> <p>Noch viel ein groͤſſeres Vergnuͤgen aber empfunden Ihro <hi rendition="#aq">Parnasſi</hi>ſche Ma-<lb/> jeſtaͤt ob denen Italiaͤniſchen <hi rendition="#aq">Poet</hi>en, welche in groſſer Anzahl oͤffentlich auftraten<lb/> und <hi rendition="#aq">ex tempore</hi> eine unzehlige Menge Reymen aus denen Ermeln ſchuͤttelten,<lb/> welches ihnen die Lateiniſchen <hi rendition="#aq">Poët</hi>en nicht nachthun kunten. Denn weil ſel-<lb/> bige an die Fuͤſſe gebunden ſind, muͤſſen ſie, nothwendiger Weiſe etwas lang-<lb/> ſam gehen. Als nun Ihro <hi rendition="#aq">Parnaſſi</hi>ſche Maieſtaͤt dieſe obgemeldten Sachen<lb/> geſehen, und angehoͤret nahmen ſie von denen <hi rendition="#aq">Muſis</hi> ihren Abſchied, welche hernach<lb/> noch eine gute Weile mit denen <hi rendition="#aq">Poë</hi>ten, als ihren Liebſten, in der Stadt herum<lb/> giengen; da ſie dann mit ſonderlicher Luſt, und Ergoͤtzlichkeit des beruͤhmten<lb/><hi rendition="#aq">Poë</hi>ten <hi rendition="#aq">Mauri</hi> ſeinen Laden, und die Waare, ſo er darinnen feil hatte, be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſchau-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [138/0182]
Apollo mit groſſer Unmuth zur Antwort: Das Suͤſſe waͤre der Natur an-
genehm, und wer an ſelbigem nicht eine ſonderliche Luſt empfaͤnde, der
haͤtte ſeinen Geſchmack verlohren. Er muͤſte demnach ein boͤſer
Menſch ſeyn, wann er nicht geſtehen wolte, daß dieſe Torte, (in wel-
cher mehr ſchoͤne Spruͤche und Sententiæ als Woͤrter zu finden) von
denen allerbeſten und niedlichſten Bißlein gemachet waͤre. Ja er
muͤſſe zu erkennen geben, daß er einer von den Verlaͤumdern ſeye, wel-
che von der Mißgunſt dermaſſen verblendet, daß ſie dasjenige, was
ſie nicht imitiren und nachtuhn koͤnnen, nur ſchaͤndeu und ůbels davon
reden. Endlich aber wurde der groſſe Zorn Ihro Parnaßiſchen Majeſtaͤt,
und der Schrecken derer ſaͤmtlichen Gelehrten, ſo ſie angekommen war, in
ein groſſes Gelaͤchter verwandelt. Denn, nachdem dieſe Torte gantz auff-
gezehret, kam Johannes della Caſa, nahm die Schuͤſſel, in welcher ſie Ihrer
Parnaßiſchen Majeſtaͤt war offeriret worden, und leckte dieſelbe ſo ſchoͤn aus,
als ob ſie ausgeſpielet worden waͤre, ſagte zugleich zu Ihrer Parnaßiſchen
Majeſtaͤt und denen Muſis, daß man ſich in denen Sachen, welche einem
wohl anſtuͤnden und gut ſchmeckten, nicht allezeit zwingen noch derer Regeln
des Galatei erinnern koͤnnte; Indem ſo waͤre in der Faſtnacht alles erlaubt. Die-
ſemnach giengen Ihro Parnasſiſche Majeſtaͤt in der Stadt auf allen vorneh-
men Plaͤtzen herum ſpatzieren, und ſahen, mit ſonderbarer Luſt und Wohlgefal-
len, wie alle Winckel in der Stadt voller gelehrter Leute waren, welche von aller-
hand Scientiis, in allen Facultæten, mit einander conferirten und diſputirten,
wie nicht weniger die allerberuͤhmteſten Redner ſo ſtattliche Orationes hielten, da-
rinnen ſie die Geſchicklich keit ſamtdenen Studiis insgemein wacker heraus ſtri-
chen, im Gegentheil aber die Jgnoranten ſtattlich durchhechelten.
Noch viel ein groͤſſeres Vergnuͤgen aber empfunden Ihro Parnasſiſche Ma-
jeſtaͤt ob denen Italiaͤniſchen Poeten, welche in groſſer Anzahl oͤffentlich auftraten
und ex tempore eine unzehlige Menge Reymen aus denen Ermeln ſchuͤttelten,
welches ihnen die Lateiniſchen Poëten nicht nachthun kunten. Denn weil ſel-
bige an die Fuͤſſe gebunden ſind, muͤſſen ſie, nothwendiger Weiſe etwas lang-
ſam gehen. Als nun Ihro Parnaſſiſche Maieſtaͤt dieſe obgemeldten Sachen
geſehen, und angehoͤret nahmen ſie von denen Muſis ihren Abſchied, welche hernach
noch eine gute Weile mit denen Poëten, als ihren Liebſten, in der Stadt herum
giengen; da ſie dann mit ſonderlicher Luſt, und Ergoͤtzlichkeit des beruͤhmten
Poëten Mauri ſeinen Laden, und die Waare, ſo er darinnen feil hatte, be-
ſchau-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |